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Versprochen ist versprochen (Kurzlösung)

 

Die Klage Dörfles hat Aussicht auf Erfolg, wenn sie zulässig und begründet ist.

 

A) Zulässigkeit

 

I. Verwaltungsrechtsweg (§ 40 VwGO)

(+), Streitentscheidende Normen: §§ 29 ff. BauGB und §§ 60 ff. BauO Bln, §§ 54 ff. VwVfG, alle öffentlich-rechtlich

 

II. Statthafte Klageart

Begehrte Baugenehmigung ist VA, damit Verpflichtungsklage

 

III. Klagebefugnis (§ 42 Abs. 2 VwGO)

(+), da Anspruch auf Baugenehmigung nach § 71 Abs. 1 BauO Bln bestehen könnte

 

IV. Vorverfahren (§ 68 VwGO)

wurde form- und fristgerecht nach § 68 Abs. 2 VwGO durchgeführt.

 

V. Passive Prozessführungsbefugnis (§ 78 VwGO)

--> Klage ist gegen Land Berlin als Behördenträger zu richten.

 

VI. Beteiligten- und Prozessfähigkeit (§§ 61, 62 VwGO)

Kläger: § 61 Nr. 1 VwGO; § 62 Abs. 1 Nr. 1 VwGO

Land Berlin: § 61 Nr. 1 VwGO; gemäß § 62 Abs. 3 VwGO handelt ein Vertreter.

 

VII. Ergebnis zu A

Zulässigkeit (+)

 

B) Begründetheit

Die Verpflichtungsklage ist begründet, soweit die Ablehnung der Baugenehmigung rechtswidrig und Dörfle hierdurch in seinen Rechten verletzt ist (§ 113 Abs. 5 VwGO).

(+), wenn er Anspruch auf Erteilung einer Baugenehmigung hat (§ 71 Abs. 1 BauO Bln oder Vertrag)

 

I. Anspruch aus § 71 Abs. 1 BauO Bln

(+), wenn ein nach § 60 Abs. 1 BauO Bln genehmigungsbedürftiges Bauvorhaben vorliegt, dem keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen, die im bauaufsichtsrechtlichen Verfahren zu prüfen sind.

 

1. Genehmigungsbedürftigkeit des Vorhabens

(+), da es sich bei dem Schuppen um eine bauliche Anlage i.S.d. Legaldefinition des § 2 Abs. 1 Satz 1 BauO Bln handelt, er nicht nach § 62 BauO Bln genehmigungsfrei ist sowie ein Freistellungsverfahren gemäß § 63 BauO Bln nicht in Betracht kommt, da sich das geplante Gebäude nicht innerhalb des Geltungsbereiches eines Bebauungsplans nach § 30 Abs. 1 BauGB befindet.

--> Genehmigung im einfachen Verfahren nach § 64 Abs. 1 Nr. 1 BauO Bln nötig

 

2. Vereinbarkeit mit Bauplanungsrecht

 

a) Anwendbarkeit der §§ 29 ff. BauGB

(+), da bauliche Anlage i.S.d. § 29 BauGB. Für die Auslegung des Begriffes kommt es neben § 2 BauO Bln (+) auf die bodenrechtliche" bzw. "städtebauliche" Relevanz an. Durch das Gebäude müssen die in § 1 Abs. 6 BauGB genannten Belange in einer Weise berührt werden, die geeignet ist, das Bedürfnis nach einer seine Zulässigkeit regelnden verbindlichen Bauleitplanung hervorzurufen. Dies ist bei dem von Dörfle geplanten Gebäude der Fall, da es eine Größe aufweist, die das Landschaftsbild (nachteilig) beeinflussen kann.

 

b) Zulässigkeit nach § 35 BauGB

aa) Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB?

(-), zwar landwirtschaftlicher Betrieb, denn die Legaldefinition des § 201 BauGB rechnet den Erwerbsobstbau hierzu. Auch kann ein Geräteschuppen grundsätzlich einem landwirtschaftlichen Betrieb dienen. --> Jedoch "dient" das geplante Vorhaben dem Obstanbaubetrieb nicht, da der "Schuppen" nicht in der gebotenen Weise von dem Obstanbaubetrieb und dessen absehbaren Betriebserfordernissen geprägt ist.

 

bb) Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB?

(-), Wochenendhäuser sind keine Anlagen, welche wegen ihrer besonderen Anforderung an die Umgebung nur im Außenbereich ausgeführt werden sollen. Dies zeigt deutlich § 10 Abs. 1 BauNVO.

 

cc) Zulässigkeit nach § 35 Abs. 2 BauGB?

öffentliche Belange dürften durch das Vorhaben nicht beeinträchtigt werden, dies liegt insbesondere in den Fällen des § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB vor.

Hier würde das Vorhaben jedenfalls den Vorgaben des Flächennutzungsplans widersprechen (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB),

auf die Aufhebung des Flächennutzungsplans durch das "Bahn 2020 Eurasia Gesetz" kommt es nicht entscheidend an.

weil: durch die Errichtung des Wochenendhauses wird jedenfalls der Erholungswert der Landschaft beeinträchtigt (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB); außerdem lässt bereits die Errichtung des ersten Wochenendhauses regelmäßig das Entstehen einer Splittersiedlung befürchten (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB).

 

dd) Ergebnis zu b

Vorhaben ist insgesamt mit § 35 BauGB unvereinbar.

 

c) Ergebnis zu 2

Das Vorhaben entspricht nicht den im vereinfachten Verfahren nach § 64 S. 1  BauO Bln zu prüfenden Vorschriften.

 

3. Ergebnis zu I

Ein Anspruch Dörfles auf Erteilung der Baugenehmigung aus § 71 Abs. 1 BauO Bln besteht nicht.

 

II. Anspruch aus Vertrag?

(+), wenn Vertrag wirksam ist

 

1. Formelle Wirksamkeitsvoraussetzungen

Willenseinigung (§ 62 VwVfG i.V.m. § 145 ff. BGB )und Form(§ 57 VwVfG) à (+)

 

2. Materielle Wirksamkeitsvoraussetzungen (§ 59 VwVfG)

speziellen Nichtigkeitsgründe des § 59 Abs. 2 VwVfG sind anwendbar, da zumindest dann, wenn in anderen Vorschriften des VwVfG auf § 54 Satz 2 VwVfG verwiesen wird(wie in § 59 Abs. 2 VwVfG), auch solche Verträge gemeint sind, bei denen sich die Behörde (nur) zum Erlass eines Verwaltungsaktes verpflichtet.

 

a) Nichtigkeitsgrund des § 59 Abs. 2 Nr. 3 VwVfG

zweite Voraussetzung dieses Tatbestandes liegt vor, da der Erlass der Baugenehmigung wegen Verstoßes gegen § 35 BauGB rechtswidrig gewesen wäre.

Lagen aber auch die Voraussetzungen zum Abschluss eines Vergleichsvertrages vor? Dies richtet sich nach § 55 VwVfG.

 

aa) Ungewissheit?

Da die Frage der Zulässigkeit des Bauvorhabens, die maßgeblich davon abhing, ob der Bebauungsplan "Berlin-Bowl" rechtmäßig und wirksam war, was wiederum wegen § 8 Abs. 2 BauGB von der Klärung der Frage abhing, ob der Flächennutzungsplan aus dem Jahre 1970 durch das "Bahn 2020 Eurasia Gesetz" aufgehoben worden, höchstrichterlich nicht geklärt ist und außerdem auch zusätzliche Abwägungsmängel im Planungsverfahren geltend gemacht werden und es bezüglich einiger Rechtsfragen auch eine uneinheitliche Rechtsprechung in der Verwaltungsgerichtsbarkeit gibt, ist eine Ungewissheit zu bejahen

 

bb) Beseitigen durch gegenseitiges Nachgeben?

Dörfle verzichtete im Hinblick auf die ihm versprochene Baugenehmigung und die Abfindungssumme ausdrücklich auf die Einlegung von Rechtsbehelfen gegen die Baugenehmigung für die "Berlin-Bowl". Das rein verfahrensrechtliche Nachgeben (im Gegensatz zum materiellrechtlichen Nachgeben) wird allgemein als "Nachgeben" i.S.d. § 55 VwVfG angesehen.

Allerdings: Ungewissheit und Nachgeben müssen sich auf denselben Punkt beziehen.

--> hier (-)

 

cc) Ergebnis zu a

die Voraussetzungen des § 55 VwVfG für den Abschluss eines Vergleichsvertrags liegen nicht vor; der Vertrag ist nach § 59 Abs. 2 Nr. 3 VwVfG nichtig.

 

b) Nichtigkeitsgrund des § 59 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG

Vergleichsvertrag kann nach allgemeiner Meinung auch Austauschvertrag sein

Aber: die Vorschrift des § 56 VwVfG passt auf Vergleichsverträge nicht, da er in seinen beiden Absätzen von der Unterscheidung zwischen solchen Leistungen ausgeht, auf die ein Rechtsanspruch besteht (Abs. 2), und solchen Leistungen, die im Ermessen der Behörde stehen (Abs. 1). Gerade diese Unterscheidung ist bei Vergleichsverträgen nicht durchführbar.

Daher scheidet eine Nichtigkeit nach § 59 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG aus

 

c) Nichtigkeitsgrund des § 59 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG

(+), da VA rechtswidrig war und dem Dörfle das bekannt gewesen sein muss

 

d) Nichtigkeitsgrund des § 59 Abs. 1 VwVfG i.V.m. § 134 BGB

ein Verbotsgesetzi.S.d. § 59 Abs. 1 VwVfG i.V.m. § 134 BGB kann nur vorliegen, wenn gegen eine zwingende Rechtsnorm verstoßen wird, die den erstrebten Rechtserfolg unbedingt ausschließen soll

dazu gehört § 35 BauGB nicht

 

e) Ergebnis zu 2

Der Vergleichsvertrag ist somit (nur) nach § 59 Abs. 2 Nr. 2 und 3 VwVfG nichtig.

 

3. Ergebnis zu II

vertraglicher Anspruch auf Erteilung der Baugenehmigung (-)

 

III. Ergebnis zu B

Klage unbegründet.

 

C) Gesamtergebnis

Die Klage Dörfles ist damit zwar zulässig, jedoch nicht begründet. Sie hat somit keine Aussicht auf Erfolg.


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