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Sammy in der Krummen Lanke (Sachverhalt)

Robert Robertsky ist Eigentümer eines Kaimans, den er liebevoll Sammy nennt. An einem heißen Sommertag, dem 10. Juli letzten Jahres, einem Sonntag, kommt Robertsky auf die Idee, dem Kaiman einen Ausflug zur Krummen Lanke zu gönnen. Der Badesee steht im Eigentum von Bruno Bader, der an ihm ein Freibad betreibt, in das Tiere allerdings nicht mitgebracht werden dürfen. Robertsky schmuggelt jedoch den etwa 70 cm großen Sammy unbemerkt in das Gelände hinein und führt ihn von der Liegewiese an einer Leine durch die staunende Menschenmenge hindurch zum Wasser. Entgegen Robertskys Erwartung reißt Sammy sich dort los und entwischt in das trübe Nass.

Bader ruft daraufhin unverzüglich bei der Berliner Polizei an, die umgehend die Polizeibeamten Rosa Rubin und Klaus Karow zum Ort des Geschehens schickt. Diese fordern Robertsky auf, das „Tier sofort einzufangen“. Hierzu sieht sich Robertsky außerstande. Er teilt Rubin und Karow unter Tränen mit, dass Sammy sehr zutraulich und „überhaupt nicht gefährlich“ sei; häufig spiele er mit ihm in der Badewanne. Ganz gewiss werde Sammy selbständig wieder aus dem Wasser kommen, weil er sich nur in der Umgebung von Menschen wohl fühle. Dessen ungeachtet fordert Rubin angesichts der panikartigen Reaktion der Badegäste „über das Krokodil im See“ ein Polizeikommando an, das den See absperrt und auf ihm in einem Schlauchboot mehrere Stunden lang mit einem Netz nach Sammy sucht, ohne ihn jedoch zu erblicken. Am Abend des 10. Juli wird mit Einbruch der Dunkelheit die Suche ergebnislos abgebrochen.

Die Polizei beauftragt deshalb am nächsten Tag (11. Juli) mit dem Einfangen des Tieres die auf Unterwasserarbeiten spezialisierte Nass & Tief GmbH, Berlin, die auf Anfrage - wie sich hinterher herausstellte, etwas voreilig - angibt, mit solchen Problemen schnell fertig zu werden. Dieses Unternehmen schickt umgehend mehrere Taucher und Scharfschützen zur Krummen Lanke. Gemäß einer ausgeklügelten Strategie durchkämmen die Taucher das Wasser und versuchen, den Kaiman vor die Gewehre der auf Booten postierten Schützen zu treiben, doch misslingt dies trotz aller Bemühungen.

Dennoch wird auch am nächsten Tag (12. Juli) die Suche mit demselben Aufwand fortgesetzt - ebenfalls erfolglos. Daraufhin meldet sich der Direktor des Zoologischen Gartens, Dr. Zacharias Zimmer, ein nicht nur aufgrund seiner einschlägigen Forschungsarbeiten weltweit ausgewiesener Kaiman-Fachmann, bei der Polizei. Er berichtet, dass ein Kaiman wie Sammy nicht völlig ungefährlich sei, wenn man ihn überrasche und er sich angegriffen fühle. Das Tier halte sich vermutlich überwiegend im Schutze des Schilfs auf, reagiere jedoch auf Lichtreize; man könne es deshalb mit Licht anlocken und dann ohne weiteres mit einem kleinen Netz oder mit der Hand einfangen. So wie die Nass & Tief GmbH vorgehe, würde sie das Tier allerdings angesichts seiner Wendigkeit und seiner nur geringen Größe nie einfangen. Ungeachtet der Worte des Zoodirektors wird die „Treibjagd"“ auch noch am 13. Juli fortgesetzt und erst am Abend dieses Tages abgeblasen, zumal da die Bevölkerung - weit über Berlin hinaus - nicht zuletzt wegen der umfangreichen Berichterstattung in den Medien bereits nachdrücklich Sympathie für den gejagten Sammy bekundet.

Am 14. Juli meldet sich der brasilianische Sporttaucher Jorge Jiminez aus Friedrichshain bei der Polizei und erklärt, er habe als Kind mit Kaimanen im Amazonas das Schwimmen erlernt und könne zeigen, „wie man einen Kaiman fängt“. Mit Billigung des Einsatzleiters begibt er sich am Abend des 14. Juli ins Wasser, lockt Sammy mit einer starken Taschenlampe an, ergreift ihn und übergibt ihn mit Einverständnis Robertskys Zoodirektor Dr. Zimmer, der das Tier zunächst von dem Berliner Veterinär Dr. Ronald T. Rex untersuchen lassen will.

Wenige Tage später erhält Robertsky nach ordnungsgemäßer Anhörung ein ausführlich begründetes Schreiben von der Berliner Polizeipräsidentin Beatrice von Bullenberg, durch welches er zur Erstattung der Kosten des gesamten Einsatzes in Höhe von 12.500,- Euro aufgefordert wird. Berechnet werden für den Einsatz des Bootskommandos der Polizei am 10. Juli Kosten in Höhe von 125,- Euro nach § 2 Abs. 1, § 8 Abs. 2, § 9 Abs. 1 GebBeitrG und für den Einsatz der Nass & Tief GmbH vom 11. bis zum 13. Juli Kosten in Höhe von 4.125,- Euro pro Tag (für drei Tage also 12.375,- Euro) gemäß § 5 Abs. 1, § 9 Abs. 4 GebBeitrG. Der Bescheid ist mit einer ordnungsgemäßen Rechtsmittelbelehrung versehen.

Robertsky ist völlig verzweifelt, da er nicht weiß, woher er das verlangte Geld nehmen soll. Er sucht daher am nächsten Tag die Berliner Rechtsanwältin Susi Schönfelder auf und bittet sie um Hilfe. Er fühle sich ungerecht behandelt: Erst habe die Polizei von ihm Unmögliches verlangt, indem sie ihn aufgefordert habe, den Kaiman aus dem See zu holen - eine Aktion, für die selbst die Polizei hinterher mehrere Tage gebraucht habe. Außerdem halte er es für ausgeschlossen, dass er auch für die völlig überflüssigen und zudem erfolglos gebliebenen Maßnahmen zahlen müsse, selbst wenn die Kosten richtig berechnet worden sind.

Nachdem Schönfelder zutreffend erkannt hatte, dass artenschutzrechtliche Vorschriften nichts zur Lösung des Falles beitragen können, überlegt sie, was zu tun sei.

 

Welche behördlichen und gerichtlichen Schritte wird Frau Schönfelder für Robert Robertsky veranlassen?


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