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Rettung vor der Insolvenz (Kurzlösung)

 

Teil I – Verfassungsbeschwerde IG Metall / Willi Workinski

 

A) Zulässigkeit

Verfassungsbeschwerde, Art. 93 Abs. 1 Nr. 4 a GG, §§ 90 ff. BVerfGG

 

I. Beschwerdefähigkeit

 

1. Beteiligtenfähigkeit (Art. 93 Abs. 1 Nr. 4 a GG, § 90 Abs. 1 BVerfGG: "jedermann")

Workinski ist als natürliche Person Grundrechtsträger und damit "jedermann" i.S.d. Art. 93 Abs. 1 Nr. 4 a GG, § 90 Abs. 1 BVerfGG

 

II. Beschwerdegegenstand (Art. 93 Abs. 1 Nr. 4 a GG, § 90 Abs. 1 BVerfGG: "Akt der öffentlichen Gewalt")

Macht jemand einen grundrechtlichen Schutzanspruch geltend, so richtet er sich gegen ein Unterlassen: Es ist zwischen einem unechten Unterlassen (d.h. es wurde zwar eine Regelung getroffen, diese umfasst aber nicht den begehrten Schutz) und einem echten Unterlassen (es wurde gar keine Regelung getroffen) zu unterscheiden.

einerseits: Bundesregierung stellt kein nachrangiges und verbilligtes Darlehen über die Kreditanstalt für Wiederaufbau zur Verfügung

andererseits: der Gesetzgeber hat nicht die Sicherung der Betriebsrente des Workinski im Falle des Verkaufs seiner Einlagen aufrechterhalten

--> ersteres stellt ein echtes Unterlassen dar, letzteres ein unechtes Unterlassen

 

III. Beschwerdebefugnis (Art. 93 Abs. 1 Nr. 4 a GG, § 90 Abs. 1 BVerfGG: "Behauptung, in einem seiner Grundrechte verletzt zu sein")

Es dürfte nicht von vornherein ausgeschlossen sein, dass durch die Entscheidung Grundrechte verletzt werden.

--> gemäß Art. 93 Abs. 1 Nr. 4 a GG, § 90 Abs. 1 BVerfGG (+), wenn Workinski behaupten kann, in einem seiner Grundrechte oder grundrechtsgleichen Rechte verletzt zu sein.

 

1. Möglichkeit einer Grundrechtsverletzung

 

a) Schutzpflicht

zunächst muss eine allgemeine Schutzpflicht bestehen

Das Bundesverfassungsgericht leitet die Schutzpflichten aus der objektiv-rechtlichen Funktion der Grundrechte als objektive Werteordnung ab und zieht außerdem Art. 1 Abs. 1 S. 2 i.V.m. Abs. 3 GG heran. Die Schutzpflichten richten sich an alle drei Gewalten: Gesetzgeber, Exekutive und Judikative. Die Literatur stimmt überwiegend im Ergebnis, wenn auch nicht in der Begründung, mit dem Bundesverfassungsgericht überein.

→ Aus allen gerügten Grundrechten (Art. 12 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG) ist der Staat grundsätzlich zum Schutz verpflichtet.

 

b) Aus Schutzpflicht resultierende subjektive Rechte (sog. „Schutzrecht“)

umstritten ist, ob mit der staatlichen Schutzpflicht ein individuelles subjektives Recht gegen den Staat auf Schutz korrespondiert. Dieser Streit liegt primär daran, dass die grundrechtlichen Schutzpflichten sich dem Bundesverfassungsgericht zufolge aus den Grundrechten als objektiver Wertordnung ableiten, zunächst also nicht subjektiv-rechtlich begründet werden.

Das BVerfG hat einen subjektiven Anspruch auf Schutz aber ausdrücklich anerkannt. Dem ist zuzustimmen, weil:

        Grundrechte stellen das Paradigma subjektiver Rechte dar

        es ist nur konsequent, Schutzpflichten auch einen subjektiv-rechtlichen Charakter zuzuschreiben

        subjektive Rechte erhöhen signifikant die Durchsetzungschancen einer Norm; dies dient einem umfassendem – vom Grundgesetz gewollten – Grundrechtsschutz.

i.E. (+)

 

c) Möglichkeit der Grundrechtsverletzung

Grundrechtsverletzung in Bezug auf den konkreten Sachverhalt muss als möglich erscheinen.

Art. 12 Abs. 1 GG: es erscheint nicht als vornherein ausgeschlossen, dass der Schutzbereich von Art. 12 Abs. 1 GG aufgrund der drohenden Arbeitslosigkeit betroffen ist.

Das gleiche gilt für Art. 2 Abs. 1 GG aufgrund der Einschränkung der Privatautonomie durch das BetrVorÜG und Art. 14 Abs. 1 GG, da vermögenswerte Positionen – nämlich Ansprüche im Rahmen der Betriebsvorsorge – betroffen sind.

Anders für Art. 6 Abs. 1 GG: Für den Bestand der Ehe haben die Ehepartner grundsätzlich selbst Sorge zu tragen, gleiches gilt für die Familie. Der Staat ist nicht in dem Sinne für Ehe und Familie der Bürger verantwortlich, dass er Schwierigkeiten des Lebens abzufedern hat, die unmittelbar mit Ehe und Familie nichts zu tun haben.

 

2. Eigene, gegenwärtige und unmittelbare Beschwer

Da Schutzpflichtverletzung gerügt wird, muss die Besonderheit dieser Konstellation „die Gefahr von Grundrechtsverletzung­en nach Möglichkeit einzudämmen“ berücksichtigt werden, „so daß es der Sache nach zu einer Vorverlagerung des Rechtsschutzes kommt.“ Daraus folgt: Die Prüfung der eigenen, gegenwärtigen und unmittelbaren Beschwer muss großzügiger vorgenommen werden als sonst üblich:

Selbstbeschwert ist jeder, der einer entsprechenden Gefährdung ausgesetzt ist. Das ist Workinski.

Eine gegenwärtige Beschwer ist  gegeben, wenn der Workinski schon und noch betroffen ist. Hier ist Workinski durch das Unterlassen schon betroffen, da durch die Entscheidung der Bundesregierung sein Arbeitsplatzverlust unmittelbar bevorsteht und durch die mangelnde gesetzliche Regelung die Hurch die Betriebsvorsorge übertragen kann. Hierüber wurde sogar schon ein Vorvertrag abgeschlossen.

Auf das Erfordernis der unmittelbaren Beschwer muss hier mit Blick auf die Gewährleistung wirksamen Rechtsschutzes verzichtet werden.

 

IV. Erschöpfung des Rechtswegs (§ 90 Abs. 2 BVerfGG) und "Subsidiarität" der Verfassungsbeschwerde

Grundsätzlich müsste Workinski den Rechtsweg beschreiten.

Im Wege der Vorabentscheidung gem. § 90 Abs. 2 BVerfGG kann das Bundesverfassungsgericht aber auch unmittelbar über eine Verfassungsbeschwerde entscheiden, sofern sie von allgemeiner Bedeutung ist oder wenn dem Beschwerdeführer andernfalls ein schwerer und unabwendbarer Nachteil entstünde.

Durch die Wirtschaftskrise stehen viele Unternehmen vor dem Aus, hunderttausende Menschen sind von Arbeitslosigkeit bedroht. Die Voraussetzungen, unter denen der Staat schützend einspringen muss, werden also in vielen ähnlichen Fällen relevant sein. In Bezug auf die Übertragung der Betriebsvorsorge steht im Sachverhalt, dass die Aufsichtsbehörde „in vielen gleich gelagerten Fällen“ schon so entschieden habe, so dass auch hier von einer Vielzahl gleich gelagerter Fälle auszugehen ist.

Weitere Voraussetzung: Fristen für die Einlegung der instanzgerichtlichen Klagen dürfen noch nicht verstrichen sein, da die Verfassungsbeschwerde kein „Rettungsanker“ sein soll für Fälle, in denen Fristen versäumt wurden. Dass Fristen für Klagen versäumt sein könnten, ist aus dem Sachverhalt heraus nicht ersichtlich.

--> Vorabentscheidung möglich, daher Erschöpfung des Rechtsweges nicht nötig

zu beachten: nach § 90 Abs. 2 S. 2 BVerfGG muss Workinski einen Antrag stellen.

 

V. Frist und Form (§ 93 Abs. 1 BVerfGG, § 23 BVerfGG)

bei echtem Unterlassen: keine Frist nötig

bei unechtem Unterlassen: 6 Monate, § 93 BVerfGG

i.E. (+)

 

VI. Ergebnis zu A

Zulässigkeit (+)

 

B. Begründetheit

Die Beschwerde des Workinski ist begründet, wenn ein Anspruch auf staatlichen Schutz aus Art. 2 Abs. 1 S. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG oder Art. 12 Abs. 1 GG besteht und die Bundesregierung bzw. der Gesetzgeber diesen Schutz nicht gewährt hat.

 

I. Verletzung von Art. 2 Abs. 1 und Art. 14 GG

Die Schutzpflicht des Art. 2 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG ist in Bezug auf die Übertragung der Betriebsvorsorge nur dann verletzt, wenn

(1) ein Anspruch auf staatlichen Schutz besteht und

(2) der Staat diesem Anspruch nicht nachgekommen ist.

 

1. Anspruch auf staatlichen Schutz?

Voraussetzung eines Anspruchs auf staatlichen Schutz ist, dass Art. 2 Abs. 1 GG und Art. 14 Abs. 1 GG den staatlichen Schutz vor Beeinträchtigungen der Privatautonomie und vermögenswerter Positionen des Einzeln umfassen und tatsächlich eine Gefährdung vorliegt. Dazu muss die Gefahrsituation – d.h. die drohende Übertragung der Betriebsvorsorge an ein Versicherungsunternehmen – in den sachlichen und persönlichen Schutzbereich des Art. 2 Abs. 1 i.Vm. Art. 14 Abs. 1 GG fallen.

Grundsätzlich trifft den Staat die Verpflichtung, die Privatautonomie zu schützen. Deshalb sieht § 415 BGB vor, dass ein Schuldnerwechsel nur mit Zustimmung stattfinden darf.

Davon macht das BetrVorÜG eine Ausnahme: Dem Gläubiger wird ein neuer Schuldner aufgedrängt, so dass der Einzelne gehindert wird, seine individuellen Interessen eigenbestimmt zu verfolgen. --> Schutzbereich des Art. 2 Abs. 1 GG ist eröffnet.

Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG ist eröffnet, sobald das Eigentum betroffen ist. Der verfassungsrechtliche Eigentumsbegriff umfasst alle privatrechtlichen vermögenswerten Rechte.

--> Hier geht es um privatrechtliche Forderungen aus einer Betriebsvorsorge, Schutzbereich (+)

liegen weitere Voraussetzungen für das Bestehen einer konkreten Schutzpflicht vor?

Dies ist abhängig „von der Art, der Nähe und dem Ausmaß möglicher Gefahren, der Art und dem Rang des verfassungsrechtlich geschützten Rechtsgutes.“

--> auf Art. 14 Abs. 1 GG abstellen, da dieser die Schutzpflicht konkretisiert. Hier geht es um die betriebliche Altersvorsorge des Workinski.

das Eigentumsrecht (inkl. seiner Sozialbindung) ist ein elementares Recht in unserer Gesellschaftsordnung: Eigentum und die damit verknüpfte materielle Sicherheit ist die ökonomische Grundlage der Freiheit. Eigentum ermöglicht Selbstbestimmung.

Hier besteht die Gefahr, dass aufgrund der nicht aufrechterhaltenen Trennung zwischen Betriebsvorsorge und Vermögen des Neuschuldners, im Fall der Insolvenz des neuen Schuldners ein großer Teil der Ansprüche des Arbeitnehmers verloren gehen. Da schon ein Vorvertrag abgeschlossen worden ist und dem Workinski massive Verluste drohen, besteht eine hinreichend große und nahe Gefahr für das Eigentumsrecht des Workinski.

i.E. besteht ein grundsätzlicher Anspruch auf staatlichen Schutz

 

2. Ist der Staat diesem Anspruch nachgekommen?

(+), wenn Staat (a.) formell verfassungsgemäß gehandelt hat und (b.) dem Schutzanspruch gerecht geworden ist.

 

a. Formelle Verfassungsmäßigkeit des BetrVorÜG

Zweifel an der formellen Verfassungsmäßigkeit bestehen nicht, insbesondere ist der Bund nach Art. 70 Abs. 1, 74 Abs. 1 Nr. 11 GG zuständig, ebenso ist der Bundestag zuständig

 

b. Schutzanspruch erfüllt?

Der Gesetzgeber ist seinem Schutzauftrag aus Art. 2 Abs. 1 GG und Art. 14 Abs. 1 GG nicht nachgekommen, wenn er „Schutzvorkehrungen entweder überhaupt nicht getroffen hat oder die getroffenen Regelungen und Maßnahmen gänzlich ungeeignet oder völlig unzulänglich sind, das gebotene Schutzziel zu erreichen, oder erheblich dahinter zurückbleiben.“(sog. Evidenzkontrolle).

Teilweise formuliert das Bundesverfassungsgericht im Rahmen der zweiten Voraussetzung auch strenger. Danach müssen die Vorkehrungen, die der Gesetzgeber trifft, „für einen angemessenen und wirksamen Schutz ausreichend sein und zudem auf sorgfältigen Tatsachenermittlungen und vertretbaren Einschätzungen beruhen“ (sog. Untermaßverbot).

Untermaßverbot ist dann nicht verletzt, wenn

·         geeignete Maßnahmen getroffen wurden, die für einen angemessenen und wirksamen Schutz ausreichend sind und zudem auf sorgfältigen Tatsachenermittlungen und vertretbaren Einschätzungen beruhen und

·         es kein Mittel gibt, dass das Ziel besser erreichen würde, und dabei höchstens gleich stark in die Rechte Dritter, gegen die gegebenenfalls abzuwägen ist, eingreift.

was ist angemessener und wirksamer Schutz?

zunächst gilt, dass es Vorkehrungen geben muss, die ausgleichen, dass der Schutz der Privatautonomie des Einzelnen hinsichtlich seines Eigentums aufgrund des Ausschlusses der Zustimmung bei der Schuldübernahme gemäß § 415 BGB beeinträchtigt ist. Hier wird durch den Gesetzgeber lediglich eine aufsichtsbehördliche Zustimmung vorgesehen. Nur das Interesse der Allgemeinheit wird geschützt, die Rechte des Einzelnen finden hingegen keine Berücksichtigung.

--> damit wird kein angemessener und wirksamer Schutz für das Eigentum des Einzelnen gewährleistet, das Untermaßverbot ist in Bezug auf die Schutzpflicht aus Art. 2 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG verletzt.

da das BetrVorÜG die Rechte des Einzelnen überhaupt nicht wahrt, ist ebenso der Maßstab der Evidenzkontrolle verletzt.

 

--> i.E. ist der Staat seinem Schutzauftrag aus Art. 2 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG nicht nachgekommen. Das Gesetz muss unangewendet bleiben, so dass Workinskis gem. § 415 BGB der Schuldübernahme widersprechen und damit den Verkauf verhindern kann.

 

II. Verletzung von Art. 12 Abs. 1 GG

die Entscheidung der Bundesregierung, kein nachrangiges und verbilligtes Darlehen über die Kreditanstalt für Wiederaufbau zur Verfügung zu stellen, könnte die Schutzpflicht des Art. 12 Abs. 1 GG verletzen.

 

1. Anspruch auf staatlichen Schutz des Arbeitsplatzes

nein, da Berufsfreiheit kein Recht auf Arbeit umfasst: Bei diesem Recht geht es nicht darum, den Beruf frei wählen und ausüben zu dürfen, sondern überhaupt eine Arbeitsstelle zu haben. Würde ein „Recht auf Arbeit“ bestehen, müsste der Staat jeder arbeitswilligen Person eine Arbeitsstelle, also einen Job, besorgen. Dies aber kann nicht Aufgabe des Staates sein, zumal es „zwangsläufig die Verfügungsgewalt des Staates über den gesamten Arbeitsmarkt voraussetzen und damit die Berufsfreiheit als Abwehrrecht verdrängen“ würde.

 

C) Ergebnis

kein Anspruch des Workinski auf staatlichen Schutz seines Arbeitsplatzes.

Aber: Anspruch auf Schutz vor dem Übergang der Betriebsvorsorge, indem das Gesetz unangewendet bleibt, bis der Gesetzgeber Änderungen entsprechend den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts vorgenommen hat.

 

Teil II – Verwaltungsklage Ferdinand Schinckenquandts

 

A) Zulässigkeit

 

I. Verwaltungsrechtsweg (§ 40 VwGO)

die Streitigkeit muss öffentlich-rechtlich sein. Das nachrangige und verbilligte Darlehen stellt eine Subvention dar, da Hurch dieses nicht zu Markkonditionen gewährt wird und somit einen finanziellen Vorteil durch den Staat erhält. Subventionen werden grundsätzlich in einem zweistufigen Verhältnis abgewickelt, wobei die erste Stufe – diese betrifft die Frage, „ob“ eine Subvention gewährt wird (sog. Grundverhältnis) – immer öffentlich-rechtlich ist.

Das Verfahren ist verfassungsrechtlicher Art, wenn Verfassungsorgane über ihre Rechte und Pflichten aus der Verfassung streiten. Da hier nur ein Verfassungsorgan über seine Rechten und Pflichten aus der Verfassung streitet, liegt auch eine nicht-verfassungsrechtliche Streitigkeit vor.

 

II. Statthafte Klageart

Zuweisung ist VA, insbesondere hat die Zuweisung „unmittelbaren Außenwirkung“ da die Kreditanstalt für Wiederaufbau als Anstalt öffentlichen Rechts mit Selbstverwaltungsrechten, also eigenen Rechten ausgestattet

--> Verpflichtungsklage

 

III. Klagebefugnis (§ 42 Abs. 2 VwGO)

Dem Schinckenquandts müsste ein subjektiv-rechtlicher Anspruch aus Art. 14 GG auf die Gewährung staatlichen Schutzes seines Eigentums zustehen.

Wie gesehen folgt aus Art. 14 GG eine Schutzpflicht und diese vermittelt grundsätzlich auch einen subjektiv-rechtlichen Anspruch.

 

IV. Vorverfahren (§ 68 VwGO)

gem. § 68 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 VwGO bei obersten Bundesbehörden nicht notwendig.

 

V. Passive Prozessführungsbefugnis (§ 78 VwGO)

nach § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO gegen die Bundesrepublik Deutschland zu richten.

 

VI. Beteiligtenfähigkeit (§ 61 VwGO)

§ 61 Nr. 1 Alt. 1 VwGO, § 61 Nr. 1 Alt. 2 VwGO.

 

VII. Prozessfähigkeit

§ 62 Nr. 1 VwGO; nach § 62 Abs.3 VwGO ein Vertreter für die Bundesrepublik.

 

VIII. Ergebnis zu A

Die von Schinckenquandts erhobene Klage ist somit zulässig.

 

B) Begründetheit

Die Klage ist begründet, wenn Schinckenquandts gegen die Bundesrepublik Deutschland einen Anspruch auf die Erteilung einer Bürgschaft hat. Ein solcher Anspruch könnte sich nach dem bisher Gesagten aus der Schutzpflicht des Staates aus Art. 14 GG ergeben.

 

I. Anspruch auf staatlichen Schutz?

Hier geht es um den Verlust des Vermögens sowie zugleich aufgrund von Zahlungsunfähigkeit fast des gesamten Eigentums. Der verfassungsrechtliche Eigentumsbegriff umfasst alle privatrechtlichen vermögenswerten Rechte. Geschützt wird also nicht nur das Eigentum im Sinne von § 903 BGB, sondern auch das Geldeigentum und andere Vermögensrechte. Das „Vermögen als solches“ wird nicht geschützt. Geschützt wird von Art. 14 Abs. 1 GG vielmehr sowohl der vorhandene Bestand des Eigentums als auch dessen Nutzung. Der Eigentümer darf sein Eigentum verwenden, verbrauchen und veräußern.

-->Schutzbereich von Art. 14 GG ist hinsichtlich des Eigentums eröffnet(+)

 

II. Ist der Staat diesem Anspruch nachgekommen?

Ist Bundesregierung ihrem Schutzauftrag aus Art. 14 GG nachgekommen?

(+), wenn geeignete Maßnahmen getroffen wurden, die für einen angemessenen und wirksamen Schutz ausreichend sind. Dann scheidet eine Verletzung des Untermaßverbotes aus.

Eine allgemeine Schutzpflicht vor Verlust des Eigentums besteht, aber Art. 14 GG nimmt dem Einzelnen nicht das allgemeine Lebensrisiko ab. Der angemessene und wirksame Schutz kann nicht den Ausgleich jedes Eigentumsverlustes durch externe, gerade dem Spiel der Kräfte des Marktes geschuldeten, Faktoren zur Folge haben. Vielmehr muss der Staat, wie er es durch das Insolvenzrecht getan hat, Verfahren zur Verfügung stellen, mit der im Falle einer Firmenpleite – ein Vorgang der vom Markt ja vorausgesetzt wird – der Schutz der Eigentümer, der Gläubiger und der Arbeitnehmer in einen fairen und angemessenen Ausgleich gebracht wird. Da der in Deutschland existierende Schutz dafür ausreichend und wirksam ist, ist die Schutzpflicht aus Art. 14 GG erfüllt. Der Staat ist dem Anspruch somit nachgekommen.

i.E. ist der Staat dem Schutzanspruch schon nachgekommen (+)

 

C) Gesamtergebnis

Die Klage Schinckenquandts ist hiernach zwar zulässig, aber nicht begründet und hat damit keine Aussicht auf Erfolg.


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