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Seniorenresidenz (Kurzlösung)

 

Seniorenresidenz

© Klaus Grupp (Universität des Saarlandes) und Ulrich Stelkens (Deutsche Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer)

 

Bearbeitung für Hauptstadtfälle: Jannik Bach, Michael Feldner, Moritz Funke

Stand der Bearbeitung: Januar 2023

Kurzlösung

- Antrag nach § 80a Abs. 3 i.V.m. § 80 Abs. 5 S. 1 VwGO auf Herstellung der aufschiebenden Wirkung gegen die Knut Dörfle erteilte – nach § 212a Abs. 1 BauGB i.V.m. § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 VwGO sofort vollziehbare – Baugenehmigung

A. Zulässigkeit

I. Eröffnung des Verwaltungsrechtsweges (§ 40 Abs. 1 VwGO)

- (+) die für die Streitentscheidung maßgeblichen Normen des Bauordnungs- und Bauplanungsrechts gehören dem öffentlichen Recht an

II. Statthaftigkeit des Antrags

- Antrag nach § 80a Abs. 3 i.V.m. § 80 Abs. 5 S. 1 VwGO statthaft, wenn die Klage in der Hauptsache eine Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO) wäre; Baugenehmi­gung ist ein VA i.S.d. des § 35 VwVfG; Belastung trifft von Burg, daher VA mit Drittwirkung i.S.d. § 80a VwGO (+)

III. Antragsbefugnis (§ 42 Abs. 2 VwGO analog)

- vorläufiger Rechtsschutz ist nur zu gewähren, wenn auch ein Hauptsacheverfahren zulässig wäre, deshalb § 42 Abs. 2 VwGO analog; Frau von Burg müsste behaupten können, durch die Baugenehmigung in ihren Rechten verletzt zu sein; einfache Rechtswidrigkeit der Baugenehmigung ist nicht ausreichend; Verletzung eigener Rechte der Frau von Burg ist dann nicht von vornherein ausgeschlossen, wenn die Baugenehmigung gegen solche Vorschriften verstoßen könnte, die sie zumindest auch als Grundstücksnachbarin schützen sollen

- nach herrschender Schutznormtheorie sind Normen drittschützend, wenn sie zumindest auch dem Schutz der Interessen des Antragsstellers dienen; hier kommen als drittschützende Normen §§ 29 ff. BauGB in Betracht; Normen sind anwendbar, weil Seniorenresidenz „bodenrechtliche“ bzw. „städtebauliche“ Relevanz aufweist

1. Ausschluss der Antragsbefugnis wegen offensichtlicher Plankonformität des Vorhabens

- wenn Bebauungsplan wirksam, dann ist eine Rechtsverletzung der Frau von Burg ausgeschlossen, weil dann das Vorhaben nach § 30 Abs. 1 BauGB rechtmäßig ist; Bebauungsplan ist unwirksam, wenn er an einem Fehler leidet, der nicht nach §§ 214, 215 BauGB unbeachtlich war oder geworden ist

- a. A. vertretbar, dass zumindest ein Verstoß gegen § 30 Abs. 1 BauGB i. V. m. § 15 Abs. 1 S. 2 BauNVO in Betracht käme, wenn der Bebauungsplan wirksam ist und sich das Vorhaben nach § 30 Abs. 1 BauGB richtet (bezogen auf § 15 Abs. 1 S. 2 BauNVO liegt auch ein die sich außerhalb des Plangebiets befindliche Nachbarin erfassendes drittschützendes Recht vor; für einen Verstoß gegen § 15 Abs. 1 S. 2 BauNVO allerdings keine Anhaltspunkte, weshalb man offensichtliche Plankonformität annehmen kann

a) Ungeeignetheit des Verfahrens nach § 80a Abs. 3 i.V.m. § 80 Abs. 5 S. 1 VwGO zur Klärung der Wirksamkeit eines Bebauungsplans

- fraglich, ob im Eilverfahren eine so komplexe Prüfung geleistet werden kann; Frage der Prüfungsdichte ist aber eine Frage der Begründetheit des Antrags; Ausschluss der Rüge der Nichtigkeit der dem Verwaltungsakt zu Grunde liegenden Rechtsvorschrift kennt das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes grds. nicht

b) Ausschluss der Möglichkeit der Unwirksamkeit des Bebauungsplans wegen § 4a Abs. 6 BauGB

- Stellungnahmen, die im Verfahren der Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 3 Abs. 2 BauGB nicht rechtzeitig abgegeben werden, können bei der Beschlussfassung über den Bebauungsplan unberücksichtigt bleiben; Präklusionswirkung des § 4a Abs. 6 BauGB tritt nur ein, wenn der Inhalt der (nicht abgegebenen) Stellungnahme dem Bezirk weder bekannt war noch hätte bekannt sein müssen und er für die Rechtmäßigkeit des Bebauungsplans ohnehin ohne Bedeutung ist; nachbarliche Belange mussten dem Bezirk Steglitz-Zehlendorf jedoch bekannt sein, und es ist offensichtlich, dass die Berücksichtigung der Belange der Nachbarn für die Rechtmäßigkeit der zu treffenden Abwägungsentscheidung von Bedeutung ist

c) Ausschluss der Möglichkeit der Unwirksamkeit des Bebauungsplans wegen § 215 Abs. 1 BauGB

- nach dem Sachverhalt ist die Jahresfrist des § 215 Abs. 1 BauGB offenbar noch nicht abgelaufen; bis Fristablauf sind die in § 215 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 bis 3 BauGB genannten Fehler gegenüber jedermann – auch unabhängig von ihrer schriftlichen Geltend­machung gegenüber der Gemeinde (bzw. Bezirk) – beachtlich

d) Ergebnis zu 1.

- nicht ausgeschlossen, dass der Bebauungsplan ungültig ist, womit sich Frau von Burg auf §§ 29 ff. BauGB berufen kann

2. Möglichkeit der Verletzung drittschützender Aspekte des § 34 BauGB

- möglich, dass sich bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens nach § 34 BauGB richtet; Vorhaben soll innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils errichtet werden und würde sich bei unwirksamem Bebauungsplan im unbeplanten Innenbereich befinden

- möglicherweise Verletzung des § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. BauNVO hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung; § 34 Abs. 2 i.V.m. den Gebietsarten der BauNVO und dem Rücksichtnahmegebot in § 15 Abs. 1 BauNVO sind drittschützend, weil sie den Nachbarn vor gebietsuntypischen Belästigungen bewahren sollen; das Gleiche gilt nach Rspr. für den Begriff des „Sich-Einfügens“ in § 34 Abs. 1 BauGB

- möglicherweise Verletzung des § 34 Abs. 1 BauGB hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung; überwiegend wird den Bestimmungen über das Maß der baulichen Nutzung ausschließlich städtebauliche und keinerlei individualrechtsschützende Bedeutung beigemessen; Ausnahme, wenn Abweichung derart gravierend, dass gegen das nachbarschützende Gebot der Rücksichtnahme verstoßen wird; besonders bei „erdrückender“ Wirkung, hier (+)

3. Ergebnis zu III.

- möglich, dass die Baugenehmigung Rechte der Frau von Burg verletzt

IV. Passive Prozessführungsbefugnis

- um ein Auseinanderfallen der Prozessführungsbefugnis im Hauptsacheverfahren und im vorläufigen Rechtsschutz zu vermeiden; Klage gemäß § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO gegen das Land Berlin, sodass Selbiges die richtige Antragsgegnerin ist

V. Beteiligten- und Prozessfähigkeit (§§ 61, 62 VwGO)

- Frau von Burg nach § 61 Nr. 1 Alt. 1, § 62 Abs. 1 Nr. 1 VwGO; Land Berlin nach § 61 Nr. 1 Alt. 2, § 62 Abs. 3 VwGO

VI. Beiladung (§ 65 VwGO)

- Entscheidung kann auch gegenüber Knut Dörfle nur einheitlich ergehen; notwendige Beiladung nach § 65 Abs. 2 VwGO

VII. Einlegung eines Rechtsbehelfs, der die aufschiebende Wirkung nach § 80 Abs. 1 VwGO auslösen kann

- nach e.A. muss Antragsteller bereits einen Rechtsbehelf eingelegt haben, dessen aufschiebende Wirkung angeordnet oder wiederhergestellt werden soll; Streit kann hier jedoch dahinstehen, weil Frau von Burg bereits Widerspruch eingelegt hat

VIII. Notwendigkeit eines vorherigen Antrags bei der Behörde nach § 80a Abs. 3 S. 2 i.V.m. § 80 Abs. 6 VwGO?

- nach § 80a Abs. 3 S. 2 VwGO gilt § 80 Abs. 6 VwGO auch bei VAen mit Drittwirkung entsprechend

e.A.: Rechtsfolgenverweisung, bei allen VAen mit Drittwirkung muss zuvor erfolglos ein Antrag nach § 80a Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 80 Abs. 4 VwGO gestellt worden

a.A.: Rechtsgrundverweisung, Aussetzungsantrag bei der Behörde auch bei VAen mit Drittwirkung nur in den Fällen der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten (§ 80 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) erforderlich

(+) keine sachlichen Gründe für Andersbehandlung von VAen mit Drittwirkung gegenüber einseitig belastenden Verwaltungsakten erkennbar

(+) § 80a Abs. 3 S. 2 VwGO verweist nicht nur auf § 80 Abs. 6 VwGO, sondern pauschal auf § 80 Abs. 5 bis 7 VwGO und ordnet nur eine „entsprechende Anwendung“ an

- da Frau von Burg nicht gegen Anforderung von öffentlichen Abgaben oder Kosten vorgeht, ist vorheriger Antrag bei der Behörde nicht nötig

IX. Ergebnis zu A.

- Antrag zulässig

 

B. Begründetheit

- für Antrag nach § 80a Abs. 3 S. 2 i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO gibt die VwGO keinen Entscheidungsmaßstab vor; in Anlehnung an § 80 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 VwGO ist der Antrag begründet, wenn sich bei Abwägung der beteiligten Interessen ergibt, dass das Interesse des Antragstellers am einstweiligen Nichtvollzug (Suspendierungsinteresse) das Interesse des Begünstigten an der sofortigen Vollziehung (Vollzugsinteresse) überwiegt

- Suspendierungsinteresse überwiegt, wenn sich nach summarischer Überprüfung ergibt, dass eine Klage im Hauptsacheverfahren begründet wäre, also ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen, und auch anzunehmen ist, dass dieser den Antragsteller in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO); objektive Rechtswidrigkeit des VA reicht nicht aus, VA muss drittschützende Normen verletzen; Prüfung ist auf diese Normen beschränkt

- Baugenehmigung müsste also drittschützende Normen verletzen; kann vorliegend nur dann der Fall sein, wenn der Bebauungsplan unwirksam ist und gegen § 34 BauGB verstoßen wurde

- anderer Aufbau vertretbar, bei dem erst § 30 Abs. 1 und in dessen Rahmen die Wirksamkeit des Bebauungsplans geprüft wird (s. o. Antragsbefugnis)

I. Nichtigkeit des Bebauungsplans „Seniorenresidenz“ Dahlem

1. Formelle Rechtmäßigkeit

- Zuständigkeit Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf nach § 2 Abs. 1, § 10 Abs. 1, § 246 Abs. 4 BauGB i.V.m. § 1, § 6 Abs. 3 S. 1 AGBauGB; Verfahren eingehalten

- Verstoß gegen § 2 Abs. 3 BauGB könnte gegeben sein, weil das Bezirksamt der Ansicht war, die Belange der Nachbarn müssten nicht in die Abwägung mit einbezogen werden

- Formeller Abwägungsfehler gemäß § 2 Abs. 3 BauGB liegt nur vor, wenn der Mangel unter die Begriffe „Ermittlung“ und „Bewertung“ subsumiert werden kann; hier liegt ein Abwägungsausfall vor, der mehr als „nur“ die unterlassene Ermittlung und Bewertung des Abwägungsmaterials ist; daher formelle Rechtmäßigkeit (+) (A.A. vertretbar)

2. Materielle Rechtmäßigkeit des Bebauungsplans

a) Erforderlichkeit der Planung

- Planung i.S.d. § 1 Abs. 3 S. 1 BauGB erforderlich?

- keine allzu strengen Anforderungen; ausreichend, wenn es vernünftigerweise geboten ist, die bauliche Entwicklung durch die vorherige Planung zu ordnen; Beachtung privater Bauwünsche grds. unschädlich

- nicht erforderlich i.S.d. § 1 Abs. 3 BauGB sind jedoch Bauleitpläne, die der Förderung von Zielen dienen, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des Baugesetzbuches nicht bestimmt sind; Gemeinde (bzw. Bezirk) darf die Bauleitplanung nicht zum Vehikel für die Durchsetzung privater Belange machen, ohne auf der Grundlage des § 1 Abs. 7 BauGB eine Abwägung mit entgegenstehenden öffentlichen oder privaten Belangen zu treffen; mangelt es an der städtebaulichen Erforderlichkeit einer Planung, enthält § 1 Abs. 3 S. 1 BauGB zugleich ein Verbot der nicht erforderlichen Planung; hier (+)

- (informelles) Versprechen des Bezirks ist unbeachtlich: Vertrag wäre nach § 1 Abs. 3 S. 2 BauGB i.V.m. § 1 Abs. 1 VwVfG Bln i.V.m. § 59 Abs. 1 VwVfG i.V.m. § 134 BGB nichtig und konnte daher keine Wirkung entfalten

- Fehler bei der Anwendung des § 1 Abs. 3 S. 1 BauGB sind stets beachtlich, weil es in den §§ 214, 215 BauGB an einer Unbeachtlichkeitsvorschrift fehlt

b) Einhaltung der zulässigen Festsetzungen nach § 9 Abs. 1 BauGB

- Bebauungsplan müsste den Festsetzungsmöglichkeiten nach § 9 Abs. 1 BauGB genügen, Festsetzungen bzgl. der Art der baulichen Nutzung richten sich nach der aufgrund von § 9a Nr. 1 lit. a BauGB erlassenen BauNVO, die in § 1 Abs. 2 und Abs. 3 abschließend die möglichen Baugebiete regelt

- nach § 11 Abs. 1 BauNVO sind als sonstige Sondergebiete solche Gebiete darzustellen und festzusetzen, die sich von den Baugebieten nach den §§ 2 bis 10 wesentlich unterscheiden; wesentlicher Unterschied liegt dann vor, wenn ein Festsetzungsgehalt gewollt ist, der sich keinem der in den §§ 2 ff. BauNVO geregelten Gebietstypen zuordnen lässt; nach § 3 Abs. 4 BauNVO ist die Nutzungsart Seniorenheim aber in allen Gebieten nach § 2 bis § 7 BauNVO zulässig; Ausweisung als Sondergebiet durfte daher nicht erfolgen

- in den §§ 214, 215 BauGB keine Unbeachtlichkeitsvorschrift, wesentlicher Mangel

c) Ordnungsgemäße Abwägung (§ 1 Abs. 7 BauGB)

- Voraussetzung rechtmäßiger Planung ist, dass die verschiedenen öffentlichen und privaten Belange (§§ 1 Abs. 6, 1a BauGB) gegeneinander und untereinander gerecht abgewogen werden; Ermessenspielraum des Bezirks ist zu beachten

- materiellrechtliche Abwägungsfehler sind nach § 214 Abs. 3 S. 2 HS. 1 BauGB jedoch nur:

(1) Fehler im Abwägungsergebnis (Abwägungsdisproportionalität); wenn der Ausgleich zwischen den Belangen in einer Weise vorgenommen wurde, der zu ihrer objektiven Gewichtung außer Verhältnis steht; werden nicht von § 214 Abs. 3 S. 2 HS. 1 BauGB erfasst; immer beachtlich

(2) Fehler im Abwägungsvorgang; wenn überhaupt keine Abwägung stattgefunden hat (Abwägungsausfall), wenn sich ernsthaft aufdrängende Planungsalternativen von vornherein nicht berücksichtigt wurden, wenn objektiv nicht abwägungsrelevante Belange in die Abwägung mit eingestellt wurden („Fehleinstellung von Belangen“) und bei Fehlgewichtung von Belangen; Fehler werden nur von § 214 Abs. 3 S. 2 HS. 2 BauGB erfasst

- hier wurde der Bebauungsplan ohne Beachtung der nachbarlichen Interessen beschlossen, keine Abwägung (Abwägungsausfall); Fehler war auch i.S.d. § 214 Abs. 3 S. 2 HS. 2 BauGB offensichtlich und von Einfluss auf das Planungsergebnis, daher beachtlich

3. Ergebnis zu I.

- Bebauungsplan verstößt folglich gegen § 1 Abs. 3 BauGB, § 9 BauGB und § 1 Abs. 7 BauGB in einer Weise, die nach §§ 214, 215 Abs. 1 BauGB auch (noch) beachtlich ist; Bebauungsplan ist daher unwirksam

II. Zulässigkeit des Vorhabens nach § 34 BauGB

- wg. Unwirksamkeit des Bebauungsplans richtet sich Zulässigkeit des Vorhabens nach § 34 BauGB; Seniorenresidenz ist Vorhaben innerhalb des im Zusammenhang bebauten Stadtteils (s.o.)

1. Überschreitung der zulässigen Art der baulichen Nutzung

- zulässige Art der baulichen Nutzung richtet sich ausschließlich nach § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. BauNVO, sofern die nähere Umgebung einem der in § 2 bis § 11 BauNVO aufgeführten Baugebiete entspricht; entscheidet sich allein nach dem faktischen und sichtbaren Zustand des Gebietes; Gebietscharakter entspricht Allgemeinem Wohngebiet nach § 4 BauNVO

- Seniorenheim wäre hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung nach § 4 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO i.V.m. § 3 Abs. 4 BauNVO zulässig; insoweit keine Rechtsverletzung der Frau von Burg

2. Überschreitung des zulässigen Maßes der baulichen Nutzung

- zulässiges Maß der baulichen Nutzung bestimmt sich immer nach § 34 Abs. 1 BauGB; Vorhaben zulässig, wenn es sich hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung in die nähere Umgebung „einfügt“; entscheidend für die Bestimmung des zulässigen Maßes ist damit, welches Maß die umstehenden Gebäude aufweisen; ggü. meist zweigeschossiger Bebauung starke Abweichung, daher kein Einfügen; Baugenehmigung rechtswidrig

- Rechte der Frau von Burg aber nur verletzt, wenn die Überschreitung des zulässigen Maßes der baulichen Nutzung dazu führt, dass letztlich das in § 34 Abs. 1 BauGB enthaltene baurechtliche Rücksichtnahmegebot missachtet (s.o. A. III. 2.) wird; hier (+) wg. Einmauerung und „Bärengraben-Effekt“

III. Ergebnis zu B.

- erteilte Baugenehmigung ist rechtswidrig und verletzt Frau von Burg in ihren Rechten; Klage der Frau von Burg hätte im Hauptsacheverfahren voraussichtlich Erfolg; ihr Aussetzungsinteresse überwiegt; Antrag begründet

C. Gesamtergebnis

- Antrag hat Aussicht auf Erfolg, weil zulässig und begründet; Gericht wird die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die Baugenehmigung gemäß § 80a Abs. 3 S. 2 i.V.m. § 80 Abs. 5 S. 1 Alt. 1 VwGO anordnen

 

Fragen und Anregungen zur Lösung? info@hauptstadtfaelle.de

 


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© Klaus Grupp (Universität des Saarlandes) und Ulrich Stelkens (Deutsche Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer)

Bearbeitung für Hauptstadtfälle: Jannik Bach, Michael Feldner
Stand der Bearbeitung: März 2020