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Abgeflammt (Sachverhalt)

Die Hubert-Hölzl-KG betreibt in dem Berliner Bezirk Pankow, Ortsteil Buchholz, auf ihrem Grundstück innerhalb des Ortszentrums eine Holzwarenfabrikation. In der näheren Umgebung dieses Grundstücks befinden sich vorwiegend Einfamilienhäuser, daneben ein Bäckerladen, ein kleines Lebensmittelgeschäft, eine Apotheke, eine Reinigung, eine kleine Schusterwerkstatt sowie eine Kapelle und ein Asylbewerberheim.

Das damals zulässigerweise errichtete Firmengebäude befand sich bereits seit 1911 an seinem Platz. Trotz der durch die Arbeiten verursachten Geräusche und die Nähe zu den Einfamilienhäusern kam es nie zu Beschwerden über Lärm oder andere Beeinträchtigungen durch die Nachbarn. Es ist daher davon auszugehen, dass das Wohnen in der Umgebung durch die Holzwarenfabrikation zwar gestört wurde, dies aber nicht wesentlich.

Im Mai letzten Jahres brannte das Fabrikationsgebäude der Hubert-Hölzl-KG vollständig ab. Die Gesellschaft beabsichtigt den Wiederaufbau des Gebäudes und beantragt im Juni letzten Jahres beim Bezirksamt Pankow einen Vorbescheid, in dem die planungsrechtliche Zulässigkeit ihres Vorhabens hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung festgestellt werden soll.

Dieser Antrag wurde durch Bescheid vom 12. November letzten Jahres von der Bezirksstadträtin für Bauwesen, Karin Koslowsky, abgelehnt. Sie stellte fest, dass das Vorhaben planungsrechtlich unzulässig und städtebaulich nicht vertretbar sei. Ein Bebauungsplan bestand zwar nicht, aber die nähere Umgebung sei als allgemeines Wohngebiet einzustufen, in welchem ein störender Gewerbebetrieb nicht zulässig sei. Ein Vorbescheid könne daher auch nicht ausnahmsweise erteilt werden, sondern müsse abgelehnt werden.

Mit einer im Wesentlichen gleichlautenden Begründung wies das Bezirksamt mit Bescheid vom 10. Februar dieses Jahres den ordnungsgemäß erhobenen Widerspruch der Hubert-Hölzl-KG zurück. Die vorwiegend aus Einfamilienhäusern bestehende Wohnbebauung sei seit der im Jahre 1911 zulässigerweise erfolgten Errichtung des Fabrikationsgebäudes bis unmittelbar an das Gelände der Hubert-Hölzl-KG heran- und darüber hinausgerückt (sog. Speckgürtel von Berlin), so dass das beabsichtigte Vorhaben sich nicht in die nähere Umgebung einfüge, die vor allem geprägt sei durch die Nutzung zum Wohnen. In einem solchen Gebiet könne ein mit größeren Geräuschemissionen verbundener Gewerbebetrieb nicht zugelassen werden. Auch die Gewährung von Bestandsschutz scheide aus; denn dieser bestehe nur so weit, wie ein Gebäude aufgrund seiner baulichen Substanz noch funktionsfähig sei. Das Fabrikationsgebäude sei dies zwar bis zum Mai letzten Jahres zweifellos gewesen, aber seit der vollständigen Vernichtung durch den Brand fehle es hieran.

Unmittelbar nach Erhalt des Widerspruchsbescheids fasst die Hubert-Hölzl-KG den Entschluss, auf Erteilung des begehrten Vorbescheides zu klagen. Sie meint, ihr Bauvorhaben füge sich schon deshalb in die nähere Umgebung ein, weil diese seit der Errichtung einer Sägemühle im Jahre 1840 und dem späteren Übergang zur Holzwarenfabrikation durch den Betrieb geprägt sei. Dass dies für die Beurteilung der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit des Vorhabens nicht völlig unbeachtlich sein könne, verdeutliche insbesondere auch § 35 Abs. 4 S. 1 Nr. 3 BauGB, der hier entsprechend angewendet werden müsse. Auch sei ihr noch im Jahre 1976 der Ausbau ihres Fabrikationsgebäudes durch Errichtung einer Holztrocknungsanlage genehmigt worden, und seitdem habe sich ihre Produktion ständig aufwärts entwickelt. Schließlich sei erst im Januar letzten Jahres eine Baugenehmigung für die Errichtung eines größeren Gießerei- und Kunstschmiedebetriebs direkt gegenüber dem Grundstück der Hubert-Hölzl-KG erteilt worden. Zur Errichtung des Gießerei- und Kunstschmiedebetriebes sei es später zwar nicht gekommen, da sich dieser Betrieb woanders angesiedelt habe. Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit dieses Betriebes, von dem nicht unerhebliche Geräuschemissionen ausgegangen wären, sei aber jedenfalls damit begründet worden, dass die nähere Umgebung von den Fabrikationsanlagen der Hubert-Hölzl-KG geprägt würde, es sich also gerade nicht um ein allgemeines Wohngebiet handele. Dies könne doch nicht ein Jahr später völlig anders gesehen werden.

 

Hätte die beabsichtige Klage Erfolg?


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© Klaus Grupp (Universität des Saarlandes) und Ulrich Stelkens (Deutsche Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer)

Bearbeitung für Hauptstadtfälle: Georg Hellmich, Jannik Bach
Stand der Bearbeitung: November 2016 (Änderungen des Dritten Gesetzes zur Änderung der BauO von Berlin sind jedoch bereits eingearbeitet)