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Kurzlösung

Entscheidend: Zulässigkeit und Begründetheit

 

A. Zulässigkeit

I. Verwaltungsrechtsweg (§ 40 VwGO)

§ 80 Abs. 5 S. 1 VwGO: „das Gericht der Hauptsache“.

§ 40 Abs. 1 S. 1 VwGO: öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art.

Beseitigungsverfügung nach § 80 S. 1 BauO Bln Maßnahme im Rahmen des Bauordnungsrechts, sodass öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Artvorliegt.

Verwaltungsrechtsweg ist somit eröffnet. Keine abdrängende Sonderzuweisung.

 

II. Statthaftigkeit des Antrags

Beseitigungsverfügung Verwaltungsakt i. S. d. § 35 VwVfG.

In der Hauptsache somit Anfechtungsklage statthafte Klageart, Antrag nach § 80 Abs. 5 S. 1 VwGO ist mithin statthaft.

 

III. Antragsbefugnis (§ 42 Abs. 2 VwGO analog)

Den Adressaten belastende Maßnahmen greifen stets in deren Rechte, zumindest in Art. 2 Abs. 1 GG, ein und führen bei Rechtswidrigkeit zur Verletzung derselben.

=>  Antragsbefugnis (+)

 

IV. Frist

Antragsfrist besteht nicht.

Anmerkung: An dieser Stelle kann bereits die Frage der Verfristung der Hauptsache angesprochen werden. Da diese sich jedoch auf unterschiedliche Gegenstände (Klagebegehr und Begehr im einstweiligen Rechtsschutz) bezieht, ist die Einordnung im Prüfungspunkt „Rechtsschutzbedürfnis“ vorzuziehen.

 

V. Beteiligten- und Prozessfähigkeit (§§ 61, 62 VwGO)

Hein ist nach § 61 Nr. 1 Alt. 1, § 62 Abs. 1 Nr. 1 VwGO beteiligten- und prozessfähig. Beteiligten- und Prozessfähigkeit des Landes Berlin ergeben sich aus § 61 Nr. 1 Alt. 2, § 62 Abs. 3 VwGO.

 

VI. Passive Verfahrensbefugnis

§ 78 VwGO analog: Antrag gegen das Land Berlin als Behördenträger.

 

VII. Rechtsschutzbedürfnis

1. Vorheriger Antrag auf Aussetzung der Vollziehung nach § 80 Abs. 4 VwGO vonnöten?

Nach § 80 Abs. 6 VwGO solcher Antrag hier nicht nötig.

 

2. Vorherige Einlegung des Rechtsbehelfs in der Hauptsache?

Hauptsache eingeleitet, daher keine Entscheidung nötig.

 

VIII. Ergebnis zu A)

Antrag Heins insgesamt zulässig.

 

B) Begründetheit

Antrag Heins müsste ferner begründet sein.

Antrag jedenfalls im Fall der Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO begründet, also in der Form der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung (§ 80 Abs. 5 S. 1 Var. 2 VwGO), wenn entweder die Anordnung der sofortigen Vollziehung nicht den Anforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO entspricht oder wenn sich bei Abwägung der beteiligten Interessen ergibt, dass das Interesse des Antragstellers am einstweiligen Nichtvollzug (Suspensivinteresse) das Interesse der Allgemeinheit an der sofortigen Vollziehung (Vollzugsinteresse) überwiegt (vgl. § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO). Letzteres ist insbesondere der Fall, wenn sich nach summarischer Überprüfung ergibt, dass eine Klage im Hauptsacheverfahren begründet wäre, also ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen, und auch anzunehmen ist, dass dieser den Antragsteller in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO), da an der Vollziehung eines rechtswidrigen Verwaltungsakts kein Interesse bestehen kann. Liegt keine offensichtliche Rechtswidrigkeit vor, so hat eine unabhängige Interessenabwägung zwischen Suspensiv- und Vollzugsinteresse durch das Gericht zu erfolgen, d. h. die Folgen einer jeweils „falschen“ Entscheidung im vorläufigen Rechtsschutz sind gegeneinander abzuwägen, wobei im Zweifel die Interessen des Antragsstellers zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) Vorrang genießen.

 

I. § 80 Abs. 3 VwGO

1. Zuständigkeit

Bezirksamt Reinickendorf als laut Sachverhalt zuständige Ausgangsbehörde war nach § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 VwGO für Anordnung der sofortigen Vollziehung zuständig.

 

2. Verfahren

Keine Mängel ersichtlich.

 

3. Form

Form gewahrt.

 

II. Interessenabwägung

Entscheidend ist demnach die Interessenabwägung.

Fraglich ist demnach, ob Beseitigungsverfügung i. S. d. § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO rechtswidrig ist und Hein in seinen Rechten verletzt.

 

1. Ermächtigungsgrundlage

Als Rechtsgrundlage kommt § 80 S. 1 BauO Bln in Betracht. 

 

2. Formelle Rechtmäßigkeit

Bezirksamt Reinickendorf war als Bauaufsichtsbehörde für den Erlass der Beseitigungsverfügung nach § 80 S. 1 BauO Bln zuständig.

Verwaltungsverfahren ist ordnungsgemäß durchgeführt, insbesondere Anhörung nach § 28 Abs. 1 VwVfG i. V. m. § 1 Abs. 1 VwVfG Bln[1] und Begründung (§ 39 Abs. 1 VwVfG).

Beseitigungsverfügung ist somit formell ordnungsgemäß erlassen worden.

 

3. Tatbestandsvoraussetzungen des § 80 S. 1 BauO Bln

Anmerkung: Es wird dringend empfohlen, bei der Prüfung der Tatbestandsvoraussetzungen einer Abrissverfügung strikt vom Wortlaut der einschlägigen Ermächtigungsgrundlage auszugehen und hierunter zu subsumieren, ohne vorschnell auf die Begriffe „formelle“ und „materielle Illegalität“ zu rekurrieren.

 

a) Himmelsstrahler als Anlage 

In § 2 Abs. 1 S. 1 BauO Bln legaldefiniert. Hiernach zählen zu Anlagen „bauliche Anlagen“ und „sonstige Anlagen und Einrichtungen i. S. d. § 1 Abs. 1 S. 2 BauO Bln“.

 

aa) Himmelsstrahler als bauliche Anlage?

Von § 2 Abs. 1 S. 2 und 3 BauO Bln definiert. Hiernach sind bauliche Anlagen mit dem Erdboden verbundene, aus Bauprodukten hergestellte Anlagen.

Vermittelte Verbindung mit dem Erdboden reicht aus, jedenfalls dann, wenn diese eine gewisse Festigkeit aufweist. Durch Montage am Gebäude liegt somit eine Verbindung mit dem Erdboden i. S. d. § 2 Abs. 1 S. 2 BauO Bln vor.

Scheinwerfer nicht aus Bauprodukten hergestellt und so keine baulichen Anlagen.

 

bb) Himmelsstrahler als Werbeanlage?

Die Himmelsstrahler entsprechen in ihrer Funktion herkömmlichen Schildern oder Lichtwerbeanlagen, indem sie auf ein Gewerbe hinweisen, selbst wenn sich aus den Lichtstrahlen allein nicht erschließt, wofür geworben wird.

Sie stellen (mindestens eine) Werbeanlage nach § 10 Abs. 1 S. 1 BauO Bln dar.

 

cc) Ergebnis zu a)

Bei den Himmelsstrahlern handelt es sich um „Anlagen“ i. S. d. § 80 S. 1 BauO Bln. 

 

b) Errichtung der Himmelsstrahler in Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften

Errichtung in Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften liegt bereits vor, wenn für die Errichtung der Himmelsstrahler nach § 59 Abs. 1 BauO Bln eine Baugenehmigung erforderlich gewesen wäre, da sie dann ohne die erforderliche Baugenehmigung errichtet worden wären (vgl. § 72 Abs. 2 BauO Bln). Hier käme Genehmigungsfreiheit allein nach § 61 Abs. 1 Nr. 12 lit. a) BauO Bln in Betracht. 

Jedoch ist § 61 Abs. 1 Nr. 12 lit. a) BauO Bln auf zweidimensionale Werbeflächen zugeschnitten. Im Übrigen ist eine gesonderte Betrachtung der Scheinwerfer selbst einerseits und der von ihnen erzeugten, je nach den Verhältnissen vor Ort sich über mehrere hundert Meter erstreckenden Lichtstrahlen andererseits verfehlt, weil beide eine funktionale Einheit bilden. Sie sind daher nicht von § 61 Abs. 1 Nr. 12 lit. a) BauO Bln erfasst.

=>  Nicht genehmigungsfrei und schon deshalb i. S. d. § 80 S. 1 BauO Bln „in Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften“ errichtet worden.

 

c) Fehlen einer Möglichkeit, auf andere Weise als durch eine Beseitigung rechtmäßige Zustände wiederherzustellen

Tatbestandsvoraussetzung spez. Ausprägung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes.

 

aa) Möglichkeit der Erteilung einer Baugenehmigung

Beseitigungsverfügung kommt trotz der formellen Baurechtswidrigkeit nicht in Betracht, wenn nachträglich eine Baugenehmigung erteilt werden kann und die bauliche Anlage nicht gegen solche bauordnungsrechtlichen Vorschriften verstößt, die von der Bauaufsichtsbehörde zur Grundlage ihres Eingreifens gemacht werden können, also nicht in den ausschließlichen Zuständigkeitsbereich anderer Behörden fallen.

Prüfprogramm für Baugenehmigung richtet sich vorliegend nach § 63a BauO Bln.

 

(1) Vereinbarkeit mit Bauplanungsrecht (§§ 29 ff. BauGB)

(a) Anwendbarkeit der §§ 29 ff. BauGB

Himmelsstrahler und die von ihm bestimmungsgemäß ausgehende Lichtsäule sind als einheitliches Ganzes anzusehen, das – insbesondere in einer gedachten Häufung (jedenfalls in der Dunkelheit) die Ortssilhouette und damit das Ortsbild entscheidend prägt. Damit liegt geforderte Beeinflussung des Ortsbildes vor.

Unter planungsrechtlichen Aspekten ist unerheblich, ob Werbeanlage mit dem Erdboden verbunden oder an bzw. auf einem Gebäude installiert ist.

Vorhaben Heins muss daher bauplanungsrechtlichen Vorgaben genügen.

 

(b) Vereinbarkeit mit § 30 BauGB

Vorhaben im Geltungsbereich eines einfachen Bebauungsplans, bei dem sich nach § 30 Abs. 3 BauGB die Zulässigkeit des Vorhabens „im Übrigen“ nach § 34 bzw. § 35 BauGB bestimmt.

 

(c) Vereinbarkeit mit § 34 BauGB

Innenbereich, da die Himmelsstrahler auf dem letzten Haus des im Zusammenhang bebauten Ortsteils errichtet wurden. Auch keine andere Betrachtungsweise, weil Lichtstrahlen in den Außenbereich hineinragen, weil entscheidend für die Frage, ob ein bestimmtes Vorhaben innerhalb im Zusammenhang bebauter Ortsteile liegt, allein sein Standort ist.

Aus dem Sachverhalt ergibt sich, dass das Grundstück in einem im Zusammenhang bebauten Ortsteil mit ausgeprägt dörflichem Charakter liegt und folglich die Vorschrift des § 5 BauNVO über Dorfgebiete einschlägig ist (s. § 34 Abs. 2 S. 1 BauGB). Nach § 5 Abs. 2 Nr. 5 BauNVO sind in einem Dorfgebiet u. a. Schank- und Speisewirtschaften zulässig, wovon gemäß § 14 Abs. 1 S. 1 BauNVO untergeordnete Nebenanlagen umfasst sind, die dem Nutzungszweck der in dem Baugebiet gelegenen Grundstücke oder des Baugebiets selbst dienen und die seiner Eigenart nicht widersprechen.

Die von Hein installierten Scheinwerfern dienen ohne eigenen Nutzungszweck lediglich der Werbung für eine zulässige Schankwirtschaft und sind der Hauptanlage, optisch untergeordnet. Sie stellen somit untergeordnete Nebenanlagen dar.

Fraglich jedoch, ob Himmelsstrahler der Eigenart eines Dorfgebiets entsprechen. Gerade die weit hinausstrahlenden Lichtkegel vertragen sich nicht mit der landwirtschaftlichen, nichtindustriellen und nichtgewerblichen Prägung dörflicher Gebiete.

Dementsprechend stehen die Himmelsstrahler im Widerspruch zur Eigenart des Baugebiets und ist das Vorhaben Heins nach § 34 BauGB unzulässig.

 

(d) Ergebnis zu (1)

Das Vorhaben Heins ist damit bereits bauplanungsrechtlich unzulässig.

 

(2) Vereinbarkeit mit (dem Prüfprogramm des § 63a BauO Bln unterfallendem) Bauordnungsrecht

(a) Vereinbarkeit mit § 10 Abs. 4 S. 1 BauO Bln

Nach § 10 Abs. 4 S. 1 BauO Bln sind in dörflich geprägten Gebieten Anlagen der Wirtschaftswerbung nur an der Stätte der Leistung zulässig. Der notwendige enge örtliche Zusammenhang zwischen der Leistungsstätte und den Himmelsstrahlern ist vorliegend an sich gegeben.

Allerdings ist restriktive Auslegung des Ausnahmetatbestandes des § 10 Abs. 4 S. 1 BauO Bln geboten, um der gesetzgeberischen Entscheidung, Dorfgebiete grundsätzlich von Wirtschaftswerbung frei zu halten, Rechnung zu tragen. Gedacht war bei dem Ausnahmetatbestand sicherlich nur an solche Werbeanlagen, die nicht über den räumlichen Bereich der Betriebsstätte hinauswirken.

Aufgrund der gebotenen restriktiven Handhabung des § 10 Abs. 4 S. 1 BauO Bln verstößt das Vorhaben Heins damit auch gegen diese Bestimmung.

 

(b) Vereinbarkeit mit § 10 Abs. 2 S. 2 Alt. 1 BauO Bln

Für Bestimmung des Begriffs des Verunstaltens ist auf das Empfinden jedes für ästhetische Eindrücke offenen Betrachters abzustellen, des sogenannten gebildeten Durchschnittsmenschen. Dieser muss in seinem ästhetischen Empfinden nicht bloß beeinträchtigt, sondern verletzt werden und bauliche Anlage als hässlich empfinden.

Lieblichkeit der Landschaft ist betroffen. Jedoch werden die Lichteffekte nur bei Dunkelheit erzeugt, sodass deshalb ein Kontrast zwischen dem Landschaftsbild und den Himmelsstrahlern fragwürdig erscheint. Andererseits zeichnet sich ein dörfliches Landschaftsbild bei Nacht gerade durch die weitestgehende Abwesenheit elektrischer Lichtquellen aus, das bei Tag vorherrschende Bild muss dazu nicht optisch wahrnehmbar sein. Daher liegt eine Verunstaltung vor.

Anmerkung: Beide Ansichten sind hier gut vertretbar.

 

(c) Vereinbarkeit mit § 10 Abs. 2 S. 2 Alt. 2 BauO Bln

Lichtstrahlen könnten darüber hinaus zu einer – durch § 10 Abs. 2 S. 2 Alt. 2 BauO Bln verbotenen – Gefährdung der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs führen. Frage der Zulässigkeit der Werbung im Hinblick auf Fragen der Verkehrssicherheit jedoch bundesrechtlich abschließend geregelt in § 33 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 StVO. Regelungen in den Landesbauordnungen über die Verkehrssicherheit finden– entgegen ihrem Wortlaut – nur auf die Auswirkungen von Bauvorhaben innerhalb geschlossener Ortschaften Anwendung finden.

Letztlich liegen aber keine Anhaltspunkte für eine komplexe Verkehrssituation und insbesondere eine Blendung der Verkehrsteilnehmer vor.

Verkehrsgefährdung gemäß § 10 Abs. 2 S. 2 Alt. 2 BauO Bln zu verneinen.

 

(d) Ergebnis zu (2)

Vorhaben Heins verstößt gegen § 10 Abs. 4 S. 1 BauO Bln.

 

(3) Vereinbarkeit mit anderen öffentlich-rechtlichen Anforderungen i. S. d. § 63a BauO Bln

Verstoß gegen diese „anderen öffentlich-rechtlichen Anforderungen“ nicht ersichtlich.

 

bb) Ergebnis zu c)

Vorhaben widerspricht in mehrfacher Hinsicht auch im vereinfachten Verfahren zu prüfenden Vorschriften, sodass eine Baugenehmigung nicht erteilt werden könnte.

 

d) Verstoß gegen sonstige öffentlich-rechtliche Vorschriften

aa) § 33 Abs. 1 StVO

Für die Gefährdung oder Erschwerung des Verkehrs durch eine Werbeanlage genügt somit das Vorliegen einer abstrakten Gefahr, wobei aufgrund der Bedeutung der Schutzgüter (Leib und Leben) an das Vorliegen der Gefährdung kein hoher Anspruch gestellt werden darf. Zu berücksichtigen, dass die Wirkung der Himmelsstrahler auch über größere Entfernung auftritt und der durchschnittliche Kraftfahrer durch bewegte Lichtstrahlen, die er nachts plötzlich – etwa nach einer Kurve oder hinter einem Hügel – erblickt, so abgelenkt werden kann, dass eine Gefährdung seiner selbst oder anderer Verkehrsteilnehmer in der Dunkelheit bei den außerorts zulässigen höheren Geschwindigkeiten nicht ausgeschlossen zu werden vermag.

Deshalb verstößt die Errichtung der Himmelsstrahler gegen das in § 33 Abs. 1 S. 1 Nr. 3, S. 2 StVO enthaltene Verbot.

 

bb) § 22 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BImSchG

Als nicht genehmigungsbedürftige Anlage sind sie gemäß § 22 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BImSchG zu betreiben.

Es bestehen jedoch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Lichtimmissionen, die von den Himmelsstrahlern ausgehen, die Erheblichkeitsschwelle des § 3 Abs. 2 BImSchG überschreiten werden.

Vorhaben Heins verstößt damit nicht gegen § 22 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG.

 

cc) Ergebnis zu d)

Das Vorhaben Heins verstößt gegen § 33 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, S. 2 StVO.

 

e) Ergebnis zu 3.

Tatbestandsvoraussetzungen des § 80 S. 1 BauO Bln liegen vor.

 

4. Inanspruchnahme des richtigen Adressaten?

Allgemeinen Vorschriften der §§ 13 ff. ASOG sind heranzuziehen. Daher Hein als Nutzer und Besitzer des Grundstücks und der Himmelsstrahler nach § 14 Abs. 1 ASOG bzw. als Person, die deren Montage veranlasste, nach § 13 Abs. 1 ASOG zu ihrer Beseitigung heranzuziehen.

 

5. Ordnungsgemäße Ermessensausübung

§ 80 S. 1 BauO Bln räumt Ermessen ein. Daher nur materiell rechtmäßig, wenn kein Verstoß gegen § 40 VwVfG vorliegt.

Letztlich kommt allein Ermessensfehler wegen einer Nichtbeachtung der gesetzlichen Grenzen des Ermessens in Betracht (Grundsatz der Verhältnismäßigkeit).

Erforderlichkeit noch zu bejahen, vollständiger Rückbau dazu führt, dass zur erneuten Inbetriebnahme besonderer Aufwand zu betreiben ist, während bei einer reinen Nutzungsuntersagung an der technischen Bereitstellung der Scheinwerfer keine Änderung eintritt.

Besondere Eingriffstiefe einer Beseitigungsanordnung ist jedoch auch im Rahmen der Angemessenheit zu berücksichtigen, wie auch der Umstand, dass bei Zuwiderhandlung gegen eine Nutzungsuntersagung eine Beseitigungsanordnung immer noch erfolgen kann. Wenn auch die bedrohten Rechtsgüter (Leib und Leben) äußerst gewichtig sind, so ist die Gefahrenlage für dieselben nicht besonders akut, sodass die unmittelbare Beseitigungsanordnung im Hinblick auf die mögliche Nutzungsuntersagung, die gepaart mit der Anordnung der sofortigen Vollziehung erfolgen kann, unangemessen ist. Dies gilt umso mehr, als dass nicht ersichtlich ist, dass sich Hein widerrechtlich über eine solche hinwegsetzen würde.

Durch die angemessenere Nutzungsuntersagung kann ein rechtmäßiger Zustand geschaffen werden. Die Beseitigungsverfügung ist somit unverhältnismäßig.

Anmerkung: Andere Ansicht bei entsprechender Argumentation vertretbar.

 

Damit Bestätigung der Beseitigungsanordnung durch Widerspruchsbescheid und somit auch der ergangene Verwaltungsakt ermessensfehlerhaft.

 

6. Ergebnis zu II.

Die Beseitigungsverfügung und der Widerspruchsbescheid sind mithin rechtswidrig und daher geeignet, Hein in seinen Rechten zu verletzen. An ihrer Vollziehung kann daher kein öffentliches Interesse bestehen.

 

III. Ergebnis zu B)

Somit ist die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs wiederherzustellen.

Der Antrag Heins ist damit begründet.

 

C) Gesamtergebnis

Antrag Heins ist zulässig und begründet und VG wird stattgeben.

 

 Fragen und Anregungen zur Lösung? info@hauptstadtfaelle.de


[1] Im Folgenden wird auf den Verweis auf das Berliner Landesrecht verzichtet.


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© Klaus Grupp (Universität des Saarlandes), Heike Krieger (Freie Universität Berlin) und Ulrich Stelkens (Deutsche Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer)


Bearbeitung für Hauptstadtfälle: Dominik Steiger, Jannik Bach
Stand der Bearbeitung: Mai 2018