Springe direkt zu Inhalt

Abgeordnetenrechte Lösungsvorschlag

 

Gutachten zu Aufgabe 1[1]

Der Antrag des Abgeordneten A hat Aussicht auf Erfolg, wenn er zulässig und begründet ist.

 

  1. A.   Zulässigkeit

 

  1. I.              Zuständigkeit

Vorliegend wird zwischen A und der Bundesregierung über die Auslegung des Grundgesetzes gestritten. Sie sind unterschiedlicher Ansicht hinsichtlich der Pflicht, dem A im Rahmen einer politischen Anfrage eine Antwort erteilen zu müssen. Das Bundesverfassungsgericht ist im Falle eines solchen Organstreitverfahrens enumerativ nach Art. 93 I Nr. 1 GG, § 13 Nr. 5 BVerfGG zuständig.

 

  1. II.            Antragsteller und Antragsgegner

Der A müsste berechtigt sein, ein solches Organstreitverfahren einzuleiten. Das Organstreitverfahren ist ein kontradiktorisches Verfahren, es stehen sich somit Antragsteller und Antragsgegner gegenüber, vgl. § 63 BVerfGG. Antragsteller und Antragsgegner können demnach nur sein: der Bundespräsident, der Bundestag, der Bundesrat, die Bundesregierung und die im Grundgesetz oder in den Geschäftsordnungen des Bundestages und des Bundesrates mit eigenen Rechten ausgestatteten Teile dieser Organe. Eine direkte Erwähnung findet A als Abgeordneter des Deutschen Bundestages in § 63 BVerfGG nicht. Auch ist er selbst kein Teil des Bundestages, da es sich bei Abgeordneten nicht um eine ständige Untergliederung handelt. Allerdings handelt es sich bei Abgeordneten um „andere Beteiligte“ im Sinne von Art. 93 I Nr. 1 GG. Ihnen stehen eigene Rechte aus Art. 38 I 2 GG zu. A ist somit tauglicher Antragsteller.

An dieser Stelle müssen die Studierenden erstmals diskutieren. Während Art. 93 I Nr. 1 GG „andere Beteiligte“ vorsieht, verengt § 63 BVerfGG den Kreis der Antragsteller. Wie die Studierenden diese „Normkollision“ lösen, ist weitgehend ihnen überlassen. Sie können die einfachgesetzliche Norm für nichtig erachten und direkt das Verfassungsrecht anwenden. Sie können aber auch aufgrund der Normenhierarchie auf das GG zurückgreifen. Ebenfalls möglich ist eine verfassungskonforme Auslegung.

In jedem Fall ist A tauglicher Antragsteller.

Die Bundesregierung ist gem. § 63 BVerfGG beteiligtenfähig und somit Antragsgegnerin in dem vorliegenden Verfahren.

 

  1. III.           Antragsgegenstand

Zudem müsste ein tauglicher Antragsgegenstand vorliegen. Ein zulässiger Antragsgegenstand ist gem. § 64 I BVerfGG jede (rechtserhebliche) Maßnahme oder Unterlassung des Antragsgegners. Vorliegend könnte es sich bei der gerügten Antwort der Antragsgegnerin um eine Maßnahme in Form der Verweigerung einer hinreichenden Antwort oder um ein Unterlassen in Form einer pflichtwidrigen Nichtbeantwortung handeln. Jedenfalls kann die Antwort den Abgeordneten A in seinem Rechtskreis aus Art. 38 I 2 GG betreffen. Somit ist die angegriffene Maßnahme oder Unterlassung auch rechtserheblich.[2]

 

  1. IV.          Antragsbefugnis

A müsste auch antragsbefugt sein. Nach § 64 I BVerfGG muss der Antragssteller geltend machen, dass er durch die streitige Maßnahme oder Unterlassung in seinen ihm durch das Grundgesetz übertragenden Rechten und Pflichten verletzt oder unmittelbar gefährdet ist.

Hier macht A geltend, dass seines Erachtens die mangelhaften Antwortschreiben der Bundesregierung ihn in seinem Informations- und Fragrecht als Abgeordneter des Deutschen Bundestages nach Art. 38 I 2 (iVm Art. 20 II 2 GG) verletzt. Zumindest besteht hierfür die Möglichkeit (Möglichkeitstheorie).

 

  1. V.            Form und Frist

Die Form nach § 23 I BVerfGG ist eingehalten. Ebenfalls eingehalten ist die 6-monatige Frist des § 64 III BVerfGG.

 

  1. VI.          Rechtsschutzbedürfnis

Auch das auf Seiten des A erforderliche Rechtsschutzbedürfnis ist gegeben.

 

  1. VII.         Zwischenergebnis

Der Antrag des A ist zulässig.

 

  1. B.   Begründetheit

Der Antrag des A ist begründet, soweit die beanstandete Maßnahme oder Unterlassung der Bundesregierung ihn in seinen verfassungsrechtlichen Rechten verletzt, vgl. § 67 BVerfGG. Folglich müsste dem A ein Recht zustehen, in das die Bundesregierung in nicht gerechtfertigter Art und Weise eingegriffen hat.

 

  1. I.              Recht des Abgeordneten

Fraglich ist zunächst, aus welcher Verfassungsnorm der A seine Rechte als Abgeordneter geltend machen kann. Vorliegend beruft er sich auf Art. 38 I 2 GG (iVm. Art. 20 II 2 GG). Demnach sind Abgeordnete Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen.

Aus der Ausgestaltung dieser Verfassungsnormen ergeben sich verschiedene Rechte für den einzelnen Abgeordneten. Sie können ihr freies und gleiches Mandat während der laufenden Legislaturperiode wahrnehmen. Im Rahmen ihrer Stellung als Abgeordnete kommen ihnen zudem organschaftliche Mitwirkungsrechte zu: die Beteiligung an Verhandlungen, Abstimmungen und Wahlen im Deutschen Bundestag, das Recht auf Information und auf das Einreichen von Fragen[3], diverse Antragsrechte mit der Möglichkeit, bestimmte Themen zum Gegenstand parlamentarischer Debatten zu machen, sowie das Recht, sich mit anderen Abgeordneten zu einer Fraktion zusammenzuschließen. Zudem genießen Abgeordnete Immunität und Indemnität.

 

Dem Informations- und Fragerecht des einzelnen Abgeordneten steht dabei die grundsätzliche Antwortpflicht der Bundesregierung gegenüber, damit der Abgeordnete als Mitglied des Deutschen Bundestages seiner parlamentarischen Kontrolle der Regierung nachkommen kann. Die Kontrollfunktion ist Ausdruck der aus dem Demokratieprinzip folgenden Verantwortlichkeit der Regierung gegenüber dem Parlament, welches das einzig unmittelbar demokratisch legitimierte Verfassungsorgan auf Bundesebene ist. Art. 20 II 2 GG gestaltet den Grundsatz der Volkssouveränität aus. Er legt fest, dass das Volk die Staatsgewalt, deren Träger es ist, außer durch Wahlen und Abstimmungen durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausübt. Das setzt voraus, dass das Volk einen effektiven Einfluss auf die Ausübung der Staatsgewalt durch diese Organe hat. Deren Akte müssen sich auf den Willen des Volkes zurückführen lassen und ihm gegenüber verantwortet werden.[4] Der Verantwortungsbereich der Bundesregierung umfasst dabei nicht nur das Regierungshandeln im engeren Sinn, sondern auch den von ihr verantworteten Aufgabenbereich, mithin das Handeln nachgeordneter Behörden. Hinsichtlich der Tätigkeit und Erkenntnisse der Nachrichtendienste ist der Verantwortungsbereich der Bundesregierung daher auch berührt, wenn die Anfragen unmittelbar deren Tätigkeiten betreffen.

 

  1. II.            Eingriff

In die Rechtsposition des A (Informations- und Fragerecht) wurde durch die knappe

(Nicht-)Beantwortung der Bundesregierung eingegriffen.

 

  1. III.           Verfassungsrechtliche Rechtfertigung

Der Informationsanspruch des Deutschen Bundestages und damit auch des einzelnen Abgeordneten ist jedoch nicht grenzenlos. Dazu zählen die Grenzen des Zuständigkeitsbereichs der Regierung (a), der Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung (b), die Grundrechte Dritter (c) und das Staatswohl (d).

 

Die Bundesregierung macht vorliegend geltend, die Preisgabe der Informationen würden das Staatswohl gefährden. Das ist eine anerkannte Grenze des Informationsanspruch eines Abgeordneten.

Aus der verfassungsrechtlichen Pflicht der Bundesregierung, Informationsansprüche des Deutschen Bundestages zu erfüllen, folgt, dass sie die Gründe darlegen muss, warum sie die erfragten Informationen nicht, unvollständig oder nicht öffentlich erteilt. Sie hat – auch im Hinblick auf das Gebot der Organtreue – den Deutschen Bundestag in die Lage zu versetzen, seine Aufgabe der parlamentarischen Kontrolle des Regierungshandelns effektiv wahrzunehmen. Dies ist nur möglich, wenn der Bundestag und seine Abgeordneten anhand einer der jeweiligen Problemlage angemessenen, ausführlichen Begründung beurteilen und entscheiden können, ob sie die Verweigerung der Antwort akzeptieren oder welche weiteren Schritte sie unternehmen, ein Auskunftsverlangen ganz oder zumindest teilweise durchzusetzen. Hierzu muss der einzelne Abgeordnete die Abwägung der betroffenen Belange, die zur Versagung von Auskünften geführt haben, auf ihre Plausibilität und Nachvollziehbarkeit überprüfen können. Eine Begründung der Antwortverweigerung ist nur dann entbehrlich, wenn die Geheimhaltungsbedürftigkeit evident ist.

Das Vorliegen der Voraussetzungen eines Informationsverweigerungsrechts ist substantiiert und nicht lediglich formelhaft darzulegen. Eine substantiierte Begründung der ablehnenden Entscheidung ist unentbehrliche Grundlage auch der verfassungsgerichtlichen Kontrolle, die andernfalls weitgehend zur Disposition der Bundesregierung stünde. Erfolgt eine Berufung der Bundesregierung auf den Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung oder auf Gründe des Staatswohls, bedarf es näherer Angaben, um den Fragesteller in die Lage zu versetzen, die Abwägung zwischen dem parlamentarischen Informationsrecht einerseits und den Geheimhaltungsinteressen andererseits überprüfen zu können.[5]

Nach diesen Maßstäben hat die Antragsgegnerin dem Antragsteller die erbetene Auskunft ohne rechtfertigenden Grund verweigert und dadurch das parlamentarische Frage- und Informationsrecht des Abgeordneten aus Art. 38 I 2 GG verletzt. Zwar beruft sich die Bundesregierung vorliegend auf eine Gefährdung des Staatswohls, sie legt jedoch nicht hinreichend dar, warum dies der Fall ist. Zumindest fehlt es auch an einem feststellbaren Überwiegen der behaupteten exekutiven Geheimhaltungsinteressen gegenüber dem Informationsanspruch des Parlaments und somit des Abgeordneten. Denn eine Spezifizierung der erfragten Zahl der Auslandsbediensteten nach Einsatzorten oder -regionen, Einsatzzeiten, Tätigkeitsschwerpunkten oder sonstigen Merkmalen fordert der Antragsteller nicht. Dass aber die bloße Mitteilung der jährlichen Gesamtzahl der Auslandsbediensteten über einen Zeitraum von fünf Jahren und eine Bewertung der Auslandsaktivitäten des BfV in Abgrenzung zum BND auf die Handlungsfähigkeit der Nachrichtendienste zurückwirken und diese einschränken könnten, ist nicht plausibel. Bei einer Beantwortung der parlamentarischen Anfrage wird lediglich die Zahl an Personen offengelegt, die vom BfV im bezeichneten Zeitraum jahresbezogen für Auslandsaktivitäten eingesetzt wurden. Rückschlüsse auf konkrete Aktivitäten oder Einsatzfelder können daraus weder für den erfragten Zeitraum gezogen werden, noch enthalten die erbetenen Zahlen Aussagen für die Gegenwart oder Zukunft.

Eine verfassungsrechtliche Rechtfertigung kommt somit nicht in Betracht.[6]

 

  1. IV.          Zwischenergebnis

Der Eingriff ist nicht gerechtfertigt. Der Antragsteller ist in seinem Recht aus Art. 38 I 2 GG verletzt. Folglich ist der Antrag begründet.

 

 

  1. C.   Ergebnis

Der Antrag ist zulässig und begründet und hat daher Aussicht auf Erfolg.

 

Das Bundesverfassungsgericht würde seine Entscheidung feststellend tenorieren. Gemäß § 67 BVerfGG stellt es in seiner Entscheidung fest, ob die beanstandete Maßnahme oder Unterlassung des Antragsgegners gegen eine Bestimmung des Grundgesetzes verstößt. Die Bestimmung ist zu bezeichnen.

 

Gutachten zu Aufgabe 2:[7]

Das Gesetz ist formell verfassungsgemäß, wenn dem Bund die Gesetzgebungskompetenz zusteht und das Gesetzgebungsverfahren ordnungsgemäß durchlaufen wurde.

 

  1. I.              Gesetzgebungskompetenz

Von der Gesetzgebungskompetenz kann laut Aufgabenstellung ausgegangen werden, Studierende können daher auch sofort das Gesetzgebungsverfahren prüfen oder einen Hinweis auf Art. 73 I Nr. 12 GG geben.

 

  1. II.            Gesetzgebungsverfahren

Fraglich ist, ob das Gesetzgebungsverfahren ordnungsgemäß durchgeführt wurde.

 

  1. 1.    Gesetzesinitiative

Vorliegend ging die Gesetzesinitiative ursprünglich von der Bundesregierung aus. Demnach hätte nach Art. 76 II 1 GG die Gesetzesvorlage dem Bundesrat zugeleitet werden müssen, was hier nicht geschehen ist. Vielmehr hat die Bundesregierung den Bundesrat „umgangen“, indem sie die Gesetzesvorlage durch die S-Fraktion bzw. deren Mitglieder einbringen ließ. Fraglich ist somit, ob diese sog. „verkappte Regierungsvorlage“ zulässig ist.

Dagegen könnte sprechen, dass Art. 76 II GG explizit die Beteiligung des Bundesrates vorsieht, wenn eine Gesetzesinitiative ursprünglich von der Bundesregierung ausgeht.

Dafür spricht jedoch, dass sich vorliegend eine Regierungsfraktion den Gesetzesentwurf der Bundesregierung zu eigen gemacht hat. Nun kommt die Gesetzesvorlage aus der Mitte des Bundestages. Denn das Initiativrecht des Bundestages ist unbegrenzt, eine Umgehung kann darin nicht gesehen werden. Zudem werden die Rechte des Bundesrates später, nämlich im Hauptverfahren, gewahrt. Ein Verfassungsverstoß kann hier nicht gesehen werden. Mithin liegt eine rechtmäßige Gesetzesinitiative vor.

 

  1. 2.    Hauptverfahren

Die Gesetzesvorlage wurde in drei Lesungen behandelt, vgl. §§ 78 ff. GOBT. Auch die Zustimmung des Bundesrates liegt vor. Sonstige Aspekte, die gegen die formelle Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes sprechen, sind nicht ersichtlich. Insbesondere ist das Gesetz auch ordnungsgemäß verkündet worden.

 

  1. 3.    Ergebnis

Das Gesetz ist formell verfassungsgemäß.

 

Gutachten zu Aufgabe 3:[8]

A begehrt die Feststellung, dass er durch das Betreten und Durchsuchen seiner Abgeordnetenräume in seinen verfassungsmäßigen Rechten als Abgeordneter verletzt worden sei. In Betracht kommt ein Organstreitverfahren gem. Art. 93 I Nr. 1 GG i.V.m. §§ 13 Nr. 5, 23, 63 ff. BVerfGG. Ein solches Vorgehen von A hat Erfolg, wenn sein Antrag zulässig und begründet ist.

 

A. Zulässigkeit

I. Zuständigkeit

Das BVerfG ist gem. Art. 93 I Nr. 1 GG, § 13 Nr. 5 BVerfGG für die Entscheidung im Organstreitverfahren zuständig. Das Gericht entscheidet im Wege des Organstreitverfahrens über die Auslegung des Grundgesetzes aus Anlass von Streitigkeiten über den Umfang der Rechte und Pflichten eines obersten Bundesorgans oder anderer Beteiligter, die durch das Grundgesetz oder in der Geschäftsordnung eines obersten Bundesorgans mit eigenen Rechten ausgestattet sind. Der vorliegende Fall betrifft die Reichweite der Rechte, die dem Bundestagspräsidenten aus Art. 40 II 1 GG zustehen. Diese Streitigkeit ist verfassungsrechtlicher Natur.

 

II. Beteiligtenfähigkeit

A könnte als Abgeordneter gem. § 63 BVerfGG Teil des Organs Bundestag sein. Abgeordnete sind in Art. 38 I 2, Art. 39 I, Art. 46 ff. GG und §§ 16 ff. GO-BT eigene Rechte zugewiesen. Ein einzelner Abgeordneter ist aber keine selbstständige Gliederungseinheit des Bundestags und daher kein Teil des Organs, siehe oben Aufgabe 1. § 63 BVerfGG, der enger als Art. 93 I Nr. 1 GG gefasst ist, muss hierbei allerdings verfassungskonform ausgelegt oder als bloß partielle Regelung, die noch weitere Verfahrensbeteiligte zulässt, betrachtet werden. Auch ein einzelner Abgeordneter kann daher als „anderer Beteiligter“ (Art. 93 I Nr. 1 GG) Antragsteller im Organstreitverfahren sein, wenn er geltend macht, in seinem durch das Grundgesetz verliehenen Statusrecht verletzt zu sein. Unabhängig vom dogmatischen Anknüpfungspunkt ist A damit aktiv beteiligtenfähig.

Der Antrag richtet sich gegen den Bundestagspräsidenten, der nach Art. 40 II 1 Alt. 2 GG die Polizeigewalt im Gebäude des Bundestags ausübt. Der Bundestagspräsident ist Teil des Organs Bundestag und in Art. 39 III 2, Art. 40 II GG, §§ 7, 21 ff GO-BT mit eigenen Rechten ausgestattet. Damit ist der Bundestagspräsident nach § 63 BVerfGG beteiligtenfähig.

 

III. Antragsgegenstand

Es müsste ein tauglicher Antragsgegenstand vorliegen. Nach Art. 93 I Nr. 1 GG, § 64 I BVerfGG ist eine rechtserhebliche Maßnahme oder Unterlassung in einem verfassungsrechtlichen Rechtsverhältnis erforderlich, die der Antragsgegnerin zuzurechnen ist. Das Betreten stellt eine Maßnahme dar. Da die Maßnahme möglicherweise die Rechtsstellung des A beeinträchtigt, ist sie auch rechtserheblich. Die Polizeigewalt hat der Bundestagspräsident auf die Polizei beim Deutschen Bundestag übertragen (vgl. auch die Dienstanweisung), deren Handeln sich aufgrund der Übertragung der verfassungsrechtlichen Befugnis aus Art. 40 II 1 GG als Handeln des Bundestagspräsidenten darstellt, diesem also zuzurechnen ist (vgl. auch § 1 I DA-PVD). Überträgt nämlich ein Verfassungsorgan die Ausübung einer verfassungsrechtlichen Befugnis auf einen Dritten, stellt sich dessen Handeln als das Handeln des Verfassungsorgans selbst dar.

Das ferner erforderliche verfassungsrechtliche Rechtsverhältnis (vgl. Art. 93 I Nr. 1 GG: „Auslegung dieses Grundgesetzes“) wurzelt in dem Zweck des Organstreitverfahrens, Kompetenzen der Organe voneinander abzugrenzen. Die Ausübung von Polizeigewalt deutet zwar auf einen verwaltungsrechtlichen Kontext hin. Hier geht es indes um die Reichweite der Kompetenz des Bundestagspräsidenten aus Art. 40 II 1 GG und deren Abgrenzung zu den Abgeordnetenrechten aus Art. 38 I 2 GG. Der verfassungsrechtliche Charakter resultiert dabei aus dem Abgeordnetenstatus. Damit kommt der Polizeigewalt wegen des besonderen Umstands, dass es um die Abgrenzung von Kompetenzen des Bundestagspräsidenten einerseits und den Abgeordnetenrechten andererseits geht, verfassungsrechtliche Bedeutung zu.

Damit handelt es sich um eine rechtserhebliche Maßnahme in einem verfassungsrechtlichen Rechtsverhältnis, mithin um einen tauglichen Antragsgegenstand.

 

IV. Antragsbefugnis

Ein Antrag eines einzelnen Abgeordneten im Organstreitverfahren ist gemäß § 64 I BVerfGG zulässig, wenn er die Verletzung oder Gefährdung eines Rechts geltend macht, das mit seinem Status verfassungsrechtlich verbunden ist. Es darf nicht von vornherein ausgeschlossen erscheinen, dass die Antragsgegnerin Rechte des Antragstellers, die aus einem verfassungsrechtlichen Rechtsverhältnis zwischen den Beteiligten erwachsen, durch die beanstandete rechtserhebliche Maßnahme verletzt oder unmittelbar gefährdet hat.

 

1. Verletzung von Art. 40 II 2 GG

A könnte durch eine Durchsuchung in seinem aus Art. 40 II 2 GG (in Verbindung mit Art. 38 I 2 GG) vermittelten Recht, dass die Durchsuchung nicht Teil einer ungerechtfertigten Verfolgung ist, verletzt sein. Eine Durchsuchung ist das ziel- und zweckgerichtete Suchen nach Personen oder Sachen. Es geht darum, Verborgenes aufzuspüren. Im vorliegenden Fall war den Polizeibeamten jedoch bekannt, auf welchen Gegenstand sich ihre Maßnahme bezieht und an welcher Stelle sich dieser Gegenstand befindet. Es fehlt daher am Element des Suchens. Das Betreten der Abgeordnetenräume war lediglich das Mittel, um ein bereits ausgemachtes Ziel, die Entfernung der Plakatierungen von den Fenstern, zu erreichen. Damit scheidet zugleich die vom Antragsteller gerügte Verletzung von Art. 40 II 2 GG von vornherein aus. Gleiches gilt für die Alternative der Beschlagnahme. Der Begriff der Beschlagnahme erfasst die zwangsweise Ingewahrsamnahme von Gegenständen zum Zwecke der Beweiserbringung oder Gefahrenabwehr. Die Beamten haben die Plakatierung aber nicht an sich genommen, sondern auf den Schreibtisch des A gelegt, so dass auch keine Beschlagnahme erfolgt ist.

 

2. Verletzung von Art. 47 GG

Denkbar ist zudem, dass A durch die Abnahme der Plakatierung in seinem Recht aus Art. 47 GG, dem Schutz vor Beschlagnahme von Schriftstücken, soweit sein Zeugnisverweigerungsrecht reicht, verletzt wurde. Die Vorschrift normiert ein Zeugnisverweigerungsrecht für Abgeordnete (Satz 1) und ein damit korrespondierendes Beschlagnahmeverbot (Satz 2). A wendet sich indes nicht gegen die Maßnahme, die unmittelbar gegen die Plakatierung gerichtet war, sondern ausweislich des Sachverhalts allein gegen das Betreten und die (behauptete) Durchsuchung seiner Abgeordnetenräume. Ansonsten gilt auch das zu Art. 40 II 2 GG gesagte. Insofern ist A nicht antragsbefugt.

 

3. Verletzung von Art. 38 I 2 GG

Das Betreten der Abgeordnetenräume verletzt jedoch möglicherweise das freie Mandat des Abgeordneten aus Art. 38 I 2 GG. Insofern ist A antragsbefugt.

 

V. Rechtsschutzbedürfnis

Das für den Organstreit erforderliche Rechtsschutzbedürfnis des Antragstellers liegt vor. Es entfällt nicht deswegen, weil das Betreten der Abgeordnetenräume bereits abgeschlossen ist. Da entsprechende Eingriffe jederzeit erneut vorgenommen werden können, steht dem Antragsteller die Möglichkeit offen, das abgeschlossene Geschehen einer verfassungsgerichtlichen Überprüfung zuzuführen.

 

VI. Form und Frist

Von der Einhaltung der Anforderungen an Form und Frist aus §§ 23 I 1, 64 II, III BVerfG ist auszugehen.

 

VII. Zwischenergebnis

Das Organstreitverfahren von A ist folglich zulässig, soweit er sich gegen das Betreten wendet und eine Verletzung von Art. 38 I 2 GG geltend macht.

 

B. Begründetheit

Das Organstreitverfahren ist begründet, wenn A durch die Maßnahme tatsächlich in seinen verfassungsmäßigen Rechten verletzt ist.

 

I. Verfassungsrechtliches Recht von A

Art. 38 I 2 GG gewährleistet als Ausprägung des freien Mandats die effektive Wahrnehmung des Mandats. Die effektive Wahrnehmung des Mandats setzt in materieller Hinsicht voraus, dass den Abgeordneten eine gewisse Infrastruktur zur Verfügung steht. Sie müssen sich darauf verlassen können, diese Infrastruktur nutzen zu können, ohne eine unberechtigte Wahrnehmung ihrer Arbeit durch Dritte befürchten zu müssen. Die Abgeordnetentätigkeit ist von kommunikativen Elementen und vom Umgang mit schriftlichen Unterlagen geprägt, die eine Meinungsbildung im parlamentarischen Prozess erst ermöglichen. Geistige Haltungen und politische Projekte entstehen regelmäßig in verkörperter Form; sie benötigen einen räumlichen Schutz, damit ihre Entfaltung nicht von vornherein Hemmnissen unterliegt. Den Abgeordneten des Deutschen Bundestages steht daher aus Art. 38 I 2 GG das Recht zu, die ihnen zugewiesenen Räumlichkeiten ohne Beeinträchtigungen durch Dritte nutzen zu können

 

II. Beeinträchtigung

Das freie Mandat kann daher beeinträchtigt werden, wenn die Büroräumlichkeiten des Abgeordneten ohne dessen Zustimmung von Dritten betreten werden. Müsste ein Abgeordneter jederzeit mit Maßnahmen dieser Art rechnen, bestünde von vornherein die latente Gefahr, dass Arbeitsentwürfe und Kommunikationsmaterial im Zuge solcher Maßnahmen wahrgenommen oder sichergestellt werden. Das kann unter anderem zur Folge haben, dass Dokumente oder die darin enthaltenen Gedanken nach außen dringen, obwohl sie nicht zur Verbreitung in der Öffentlichkeit bestimmt sind. Die Freiheit des Mandats erfordert es jedoch, dass der Abgeordnete über Art, Zeitpunkt und Umfang der Veröffentlichung seiner Arbeitsinhalte selbst entscheidet.

 

III. Verfassungsrechtliche Rechtfertigung

Ein Eingriff in den in Art. 38 I 2 GG geschützten Abgeordnetenstatus ist zulässig, wenn und soweit andere Rechtsgüter von Verfassungsrang ihn rechtfertigen. Das freie Mandat wird in seinem Umfang zwar nicht von vornherein durch das Hausrecht oder die Polizeigewalt der Antragsgegnerin begrenzt. Über Art. 40 II gibt das Grundgesetz ihm aber grundsätzlich die Möglichkeit, das freie Mandat im Wege der Abwägung mit widerstreitenden Rechtsgütern in Ausgleich zu bringen. Die Repräsentations- und die Funktionsfähigkeit des Parlaments sind als solche Rechtsgüter von Verfassungsrang anerkannt.

 

1. Ermächtigungsgrundlage

Fraglich ist, ob Art. 40 II 1 GG als Ermächtigungsgrundlage für Maßnahmen der Bundestagspolizei ausreicht oder ob es eines formellen Gesetzes bedarf. Bei der Dienstanweisung handelt es sich nicht um ein formelles Gesetz, sodass sie hier nicht abhelfen kann. Gerade im Polizeirecht sind erhöhte Anforderungen an die Bestimmtheit von Ermächtigungsnormen zu stellen, was gegen das Ausreichen von Art. 40 II 1 GG als Ermächtigungsgrundlage spricht. Andererseits enthalten auch die Polizeigesetze der Länder und das Gesetz über die Bundespolizei Generalklauseln, hinter denen Art. 40 II 1 GG hinsichtlich der Bestimmtheit nicht zu weit zurück bleibt. Angedacht werden könnte insofern eine Differenzierung je nach Intensität des Eingriffs und Gewicht des betroffenen Rechtsguts. Denkbar ist auch, dass es jedenfalls im vorliegenden Fall keiner speziellen Ermächtigungsgrundlage bedarf, da nicht in Grundrechte eingegriffen wird, womit der Wesentlichkeitsgrundsatz aktiviert würde, sondern es vielmehr um die Abgrenzung der Kompetenzen von Beteiligten geht, die sich gerade nicht auf Grundrechte berufen können. Letztlich braucht die Frage nach der Tauglichkeit von Art. 40 II 1 GG als Ermächtigungsgrundlage aber nicht beantwortet werden, sofern die polizeiliche Maßnahme in diesem Fall den Anforderungen des Art. 40 II 1 GG nicht gerecht wird bzw. den Anforderungen der DA-PVD nicht genügt.

 

2. Bedeutung der Dienstanweisung

Fraglich ist, welche Bedeutung hier der Dienstanweisung und einem etwaigen Verstoß gegen diese zukommt. Obwohl die DA-PVD kein formelles Gesetz ist, zielen die darin enthaltenen Regelungen darauf ab, die Polizei beim Deutschen Bundestag zu binden. Damit kommt der DA-PVD der Charakter einer ermessenslenkenden Verwaltungsvorschrift zu. Abgeordnete können sich hinsichtlich ihrer Abgeordnetenstellung nicht auf Grundrechte berufen, sodass ein Abweichen von der Dienstanweisung im hiesigen Kontext nicht zu einem Verstoß gegen Art. 3 I GG führen kann. Aus Art. 38 I 2 GG folgt indes die formale Gleichstellung aller Abgeordneten. Stellt der Bundestagspräsident durch die Dienstanweisung generelle Maßstäbe auf, muss er sich gegenüber allen Abgeordneten daran halten. Vergleichbar zum Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung folgt damit auch der grundsätzliche Verfassungsverstoß aus der Nichtbeachtung der selbstgesetzten Grenzen.

 

3. Tatbestandliche Voraussetzungen der Dienstanweisung

Die Zulässigkeit des Betretens von Abgeordnetenräumen bestimmt sich nach § 23 DA-PVD. § 23 I DA-PVD gestattet der Polizei beim Deutschen Bundestag das Betreten eines Raums zur Abwehr einer Gefahr. Eine Gefahr liegt bei einer Sachlage vor, bei der im konkreten Fall die hinreichende Wahrscheinlichkeit besteht, dass in absehbarer Zeit ein Schaden für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung eintritt. Zur öffentlichen Sicherheit zählen die Unversehrtheit der Rechtsordnung, die subjektiven Rechte und Rechtsgüter des Einzelnen sowie der Bestand und die Funktionsfähigkeit des Staates und sonstiger Hoheitsträger, ihrer Einrichtungen und Veranstaltungen. Die Wahrscheinlichkeitsprognose, die für die Feststellung einer Gefahr erforderlich ist, muss sich auf Tatsachen gründen. Vage Anhaltspunkte oder bloße Vermutungen ohne greifbaren, auf den Einzelfall bezogenen Anlass reichen nicht aus. Von § 23 I DA-PVD geschützt ist mithin auch die Unversehrtheit des Parlamentsgebäudes und der Parlamentsmitarbeiter, auf die sich die Polizeibeamten hier berufen haben. Nicht völlig fernliegend erscheinen vor dem Hintergrund des zeitlichen und örtlichen Zusammenhangs mit dem Besuch des türkischen Staatspräsidenten die Erwägungen, die die Antragsgegnerin zum Vorliegen einer Gefahr vorgebracht hat. Ebenso erscheint es nicht ausgeschlossen, dass der A zu Recht als Adressat der Maßnahme ausgewählt wurde.

Die tatbestandlichen Voraussetzungen der Dienstanweisung liegen mithin vor.

 

4. Rechtsfolge

Die Rechtsfolge der polizeilichen Eingriffsbefugnis aus § 23 I DA-PVD besteht darin, dass der Antragsgegnerin, und damit der Polizei beim Deutschen Bundestag, ein Ermessen eingeräumt wird, über die Durchführung einer Maßnahme und über deren konkrete Ausgestaltung zu entscheiden. Bei der Ausübung des Ermessens muss die handelnde Polizeibehörde den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachten. Der Abgeordnete ist gegenüber Maßnahmen des Bundestagspräsidenten durch seine besondere Rechtsstellung aus Art. 38 I 2 GG geschützt. Der Bundestagspräsident muss deswegen verhältnismäßig handeln, wenn er Polizeigewalt gegenüber einem Abgeordneten ausübt. Verhältnismäßig ist eine Maßnahme, die einem legitimen Zweck dient, die geeignet ist, diesen Zweck zu erreichen, die erforderlich ist im Sinne des Grundsatzes des mildesten Mittels und die den Grundsatz der Angemessenheit wahrt.

 

a. Legitimes Ziel

Die Unversehrtheit des Parlamentsgebäudes und der Parlamentsmitarbeitenden ist ein legitimes Ziel, welches durch die Entfernung der angenommenen Gefahrenquelle sichergestellt werden sollte.

 

b. Eignung

Unter Berücksichtigung der Prognoseentscheidung der Beamten war das Betreten des Gebäudes auch förderlich, um etwaige Provokationen zu unterbinden. Die Maßnahme war folglich geeignet.

 

c. Erforderlichkeit

Es darf kein milderes, gleich geeignetes Mittel zur Verfügung stehen. In Betracht kommt als alternative Handlungsmöglichkeit, telefonisch Kontakt zu A oder zum Parlamentarischen Geschäftsführer seiner Fraktion (zu dem er laut Sachverhalt im engen und stetigen Austausch steht) herzustellen, um die Beseitigung der Plakatierung zu erreichen. Ob das ein gleich effektives Mittel darstellt, hängt von dem voraussichtlichen Gefahrenverlauf ab, v. a. davon, ob eine zeitliche Verzögerung zu befürchten wäre und diese zu einer Intensivierung der Gefahr geführt hätte. Die Erforderlichkeit ist damit zweifelhaft, könnte aber mit Verweis auf den Einschätzungsspielraum im Gefahrenabwehrrecht noch angenommen werden.

 

d. Verhältnismäßigkeit       

Auf Seiten des Antragstellers sind dessen Statusrechte aus Art. 38 I 2 GG betroffen. Die Statusrechte der Abgeordneten des Deutschen Bundestages stellen ein hochrangiges Rechtsgut dar. In beiden Sätzen des Art. 38 I GG ist das Prinzip der repräsentativen Demokratie verankert. Es gewährleistet für jeden Abgeordneten insbesondere die Freiheit in der Ausübung seines Mandats. Das freie Mandat sichert gemäß Art. 38 I 2 GG die freie Willensbildung der Abgeordneten und damit eine von staatlicher Beeinflussung freie Kommunikationsbeziehung zwischen den Abgeordneten und den Wählerinnen und Wählern. Das freie Mandat dient auch dazu, die Funktionsfähigkeit des Deutschen Bundestages insgesamt zu gewährleisten. Dabei stellt die räumliche Integrität eines Abgeordnetenbüros ein wichtiges Element der freien Mandatsausübung dar. Frei von Hemmnissen ist die Mandatsausübung nur dann, wenn der Abgeordnete innerhalb seiner Büroräume von vornherein nicht beziehungsweise nur unter Wahrung hoher Voraussetzungen mit Zugriffen Dritter rechnen muss. Der Eingriff wiegt folglich schwer.

Die Funktionsfähigkeit des Parlaments vor Gefahren von außen zu sichern, wiegt ebenfalls schwer, indes nicht schwerer als die Sicherung der Funktionsfähigkeit des Parlaments durch das Nichtbetreten der Abgeordnetenräume. Es gab keine Anhaltspunkte, dass Personen das Parlamentsgebäude oder Parlamentsmitarbeitende bereits als Angriffsobjekte wegen der Plakatierung wählten. Vielmehr wurde diese von dritter Seite noch nicht wahrgenommen. Da es sich laut Sachverhalt lediglich um ein Din A4-Zettel handelte, war die Plakatierung ferner nur wenig geeignet, Provokationen hervorzurufen, zumal sich das Plakat im Büro im 5. Stockwerk befand.

Vor diesem Hintergrund ist das streitgegenständliche sofortige Einschreiten der Polizei beim Deutschen Bundestag offensichtlich unangemessen. Bei einer Intensivierung der Gefahrenlage wäre eine Neubewertung des gebotenen polizeilichen Handelns jederzeit möglich gewesen, da – wie der Fall zeigt – regelmäßige Kontrollgänge im Bereich des betroffenen Gebäudes stattfanden.

 

IV. Ergebnis zur Begründetheit

Die Repräsentations- und Funktionsfähigkeit des Parlaments vermag den Eingriff in das freie Mandat der Abgeordneten in der Ausprägung des Rechts, die ihm zugewiesenen Räumlichkeiten im Parlamentsgebäude ohne Beeinträchtigung Dritter nutzen zu können (Art. 38 I 2 GG), nicht zu rechtfertigen. Das Recht von A aus Art. 38 I 2 GG ist verletzt.

 

C. Ergebnis

Das Organstreitverfahren ist zulässig und begründet und hat damit Erfolg.

 


[1] Aufgabe 1 beruht auf der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 14.12.2022 – 2 BvE 8/21 -, Rn. 1-112, und dem dieser Entscheidung zugrundeliegenden Fall. Es sind jedoch Änderungen vorgenommen worden.

[2] Die Studierenden können hier, ebenso wie das Bundesverfassungsgericht selbst, die Einordnung der Handlung als Maßnahme oder Unterlassung offenlassen, vgl. BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 14.12.2022 – 2 BvE 8/21 -, Rn. 43.

[3] Dazu Deutelmoser/Pieper: Das parlamentarische Fragerecht – eine hypertrophe Entwicklung?, NVwZ 2020, 839.

[4] BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 14.12.2022 – 2 BvE 8/21 -, Rn. 54-55.

[5] BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 14.12.2022 – 2 BvE 8/21 -, Rn. 73-74.

[6] In dem Originalfall vor dem Bundesverfassungsgericht werden noch eine Vielzahl weiterer Argumente gebracht. Insbesondere wird auch auf die Ansicht der Bundesregierung eingegangen, warum nicht ersichtlich ist, dass ausländische Geheimdienste diese Informationen wie ein „Mosaik“ zusammensetzen und zu einem aussagekräftigen Gesamtbild zusammenfügen könnten. Aufgrund der Sachverhaltsanpassung genügen jedoch die vorstehenden Anmerkungen, wobei von den Bearbeitern derartig ausführliche Ausführungen nicht erwartet werden können. Es genügt, wenn sie die Frage nach den Grenzen eines Auskunftanspruchs aufwerfen, eigene (möglicherweise auch andere als die hier genannten) Kriterien aufstellen und darunter subsumieren. Dabei können sie auch bei entsprechender Argumentation zu einer anderen Auffassung gelangen.

[7] Dazu Degenhart, Staatsrecht I, 37. Auflage, Heidelberg 2021, Rn. 216.

[8] Aufgabe 3 beruht auf der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 09. Juni 2020 - 2 BvE 2/19 -, Rn. 1-57, BVerfGE 154, 354 mit Ergänzungen von Stepanek: Referendarexamensklausur – Öffentliches Recht: Verfassungs- und Verwaltungsrecht – Immer wieder Ärger im Bundestag, JuS 2022, 343. Auch hier sind einige Änderungen vorgenommen worden.


Dokumente

Zur zuletzt besuchten Textpassage | Zum Seitenanfang