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Gilt das Benachteiligungsverbot uneingeschränkt auch für Mietverträge über Wohnraum?




Grundsätzlich ist das AGG auch auf die Vermietung von Wohnraum anwendbar. Gemäß § 19 Abs. 3 ist eine unterschiedliche Behandlung indes zulässig, wenn dies zur Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen und ausgewogener Siedlungsstrukturen sowie ausgeglichener wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Verhältnisse geboten ist. Angesichts seiner Formulierung sowie seines systematischen Standorts ist davon auszugehen, dass es sich hierbei um keinen Rechtfertigungsgrund handelt (str.). Vielmehr liegt bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 19 Abs. 3 bereits tatbestandlich eine Benachteiligung nicht vor.

Aus dem Wortlaut und der systematischen Stellung des Abs. 3 folgt ferner, dass die Regelung auch für das Verbot der Benachteiligung wegen der Rasse oder der ethnischen Herkunft aus Abs. 2 gilt. Problematisch ist allerdings, ob dies mit den Vorgaben der AntirassismusRL vereinbar ist, da der Wortlaut der Richtlinie keine entsprechende Einschränkung vorsieht. Jedoch kann auf den Sinn und Zweck der AntirassismusRL – nämlich die Förderung der sozialen Integration der Angehörigen verschiedener Ethnien – abgestellt werden. Verböte man bei der Bildung von Siedlungsstrukturen jegliche Differenzierung, entstünde die Gefahr der Ghettobildung. Dies liefe dem Ziel der AntirassismusRL zuwider. Deswegen ist das umfassende Diskriminierungsverbot teleologisch zu reduzieren, so dass § 19 Abs. 3 – bei enger Auslegung – richtlinienkonform ist.

Die Regelung betrifft nur Hausverwaltungen mit einer Vielzahl von Wohnungen, da nur sie gezielt Einfluss auf die Siedlungsstruktur nehmen können. Sie sollen nach Vermieter- und Mieterinteressen und allgemein anerkannten gesellschaftspolitischen Belangen unter den Bewerbern frei auswählen können. So ist es zum Beispiel zulässig, wenn die Hausverwaltung neue Mieter mit Rücksicht auf die Altersstruktur der schon vorhandenen Mieter auswählt.