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Kann Schweigen als Willenserklärung gewertet werden?




Grds. kann bloßem Schweigen kein Erklärungswert beigemessen werden. Dies folgt aus dem Grundsatz der Privatautonomie. Jedoch können die Vertragsparteien dem Schweigen durch Vereinbarung eine Bedeutung geben (sog. beredtes Schweigen als Willenserklärung), allerdings durch AGB nur in den Grenzen des § 308 Nr. 5 BGB. So schließen z.B. Buchclubs mit ihren Mitgliedern Verträge ab, in denen das Behalten zugesandter Ware als Annahme definiert wird. Außerdem kann das Gesetz dem Schweigen einen Erklärungswert beimessen (sog. fingierte Willenserklärung): So wird das Schweigen auf die Aufforderung zur Genehmigung als deren Ablehnung verstanden (z.B. §§ 108 II 2, 177 II 2, 415 II 2 HS. 2 BGB). In einigen Fällen gilt das Schweigen sogar als Genehmigung oder Annahme (z.B. §§ 455 S. 2, 516 II 2, 545 BGB), insb. im Handelsrecht, z.B. beim Abschluss von Geschäften durch nicht vertretungsberechtigte Handlungsgehilfen und Handelsvertreter (§§ 75h, 91a HGB) oder bei der Fiktion der Genehmigung einer mangelhaften Ware nach § 377 HGB. Auch außerhalb des § 362 HGB, wonach das Schweigen eines Kaufmanns auf ein Angebot unter bestimmten Voraussetzungen als Annahme gilt, kann im Einzelfall nach Treu und Glauben und unter Berücksichtigung der Verkehrssitte (§ 242 BGB) ein Schweigen auf ein Angebot als Annahme zu werten sein, wenn der andere Teil in seinem Vertrauen besonders schutzwürdig ist. So kann der Vertragspartner in einer dauernden Geschäftsbeziehung erwarten, dass ihm der andere mitteilt, wenn er eine Bestellung nicht annehmen möchte. Auch wenn die Annahme nur geringfügig abweicht oder geringfügig verspätet eintrifft, kommt eine Pflicht zur Äußerung über die Ablehnung des Vertrages in Betracht. Schließlich gilt das Schweigen auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben unter gewissen Voraussetzungen als Zustimmung (s. dazu Fragen im Abschnitt Vertrag).