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Bahnreform (Kurzlösung)

 

Bundestagsantrag Aussicht auf Erfolg, wenn zulässig und begründet

 

A) Zulässigkeit

Antrag des Bundestages = Antrag auf Durchführung eines Organstreitverfahrens

 

I. Beteiligtenfähigkeit des Antragstellers (Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG, § 63 BVerfGG)

(+), Bundestag ausdrücklich in § 63 BVerfGG benannt

 

II. Beteiligtenfähigkeit des Antragsgegners (Art. 93 Abs. 1 Nr. 1, § 63 BVerfGG)

Antrag gegen Buss Bussi "als Bundespräsident"

(P) Antrag gegen „den Bundespräsidenten“ (ausdrücklich in § 63 BVerfGG benannt) oder Bussi als Präsidenten des Bundesrates (vom GG (Art. 52, 57 GG) und der Geschäftsordnung des Bundesrates (§ 6 GeschO BR) mit eigenen Rechten ausgestattetes Teil des Organs "Bundesrat")

Art. 57 GG: Modell der Organwaltervertretung (Bussi selbst Organwalter des Organs „Bundespräsident“ - selbst BPräs - Zurechnung des Handelns zu Organ „Bundespräsident“) oder Modell der Organgvertretung (Bussi nur Organwalter des Organs „Bundesrats-Präsident“, aber Zusatzbefugnisse des Organs „Bundespräsident“ - Zurechnung des Handelns zu Organ „Bundesrats-Präsident“)

Argumente Organvertretung:

Art. 57 GG knüpft Bundespräsidentenvertretung an BPräs-Amt

Erklärung für fehlende Berechtigung zur Bezeichnung als BPräs und Wahrnehmung persönlicher BPräs-Rechte

Im Organstreitverfahren Streitigkeit zwischen BPräs und BRatPräs, kein Konflikt zweier Personen über Frage, wer z. Z. BPräs

- Richtiger Antragsgegner Organ "Bundesrats-Präsident", kann man Antrag durch Auslegung entnehmen

 

III. Tauglicher Organstreitgegenstand (Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG, § 64 Abs. 1 BVerfGG)

(P) Organstreitgegenstand: Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG: "Streitigkeit über den Umfang der Rechte und Pflichten eines obersten Bundesorgans" – § 64 Abs. 1 BVerfGG: "Maßnahme oder Unterlassung" des Antragsgegners

BVerfG: § 64 BVerfGG zutreffende Konkretisierung des Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG

- Richtigkeit dieser Auffassung kann offenbleiben, da hier Rüge konkreten Unterlassens des BPräs: Nichtausfertigung des von ihm beschlossenen "Gesetzes zur Publifizierung der Deutschen Bahn" nach Art. 82 Abs. 1 Satz 1 GG

Tauglicher Streitgegenstand (+)

 

IV. Antragsbefugnis (§ 64 Abs. 1 BVerfGG)

Weigerung der Ausfertigung eines Gesetzes nach Art. 82 Abs. 1 Satz 1 GG kann Recht des Bundestages zur Gesetzgebung nach Art. 76 bis 78 GG verletzen, wenn verfassungsrechtliche Rechtfertigung (-)

Allerdings nur bei Eingreifen des Art. 57 GG, da Rechtsverletzung unmöglich, wenn unzuständiges Organ Handlung ablehnt, hier aber Fall des Art. 57 GG nicht von vornherein ausgeschlossen

- Antragsbefugnis (+)

 

V. Antragsfähigkeit

(+), wirksame Verfahrenshandlungen durch Bundestagspräsidenten (§ 22 Abs. 1 Satz 2 BVerfGG i.V.m. § 7 Abs. 1 Satz 1 GeschO BT)

 

VI. Form und Frist (§ 64 Abs. 2 und 3 BVerfGG)

(+), Antrag begründet und fristgemäß

 

VII. Ergebnis zu A

BTag-Antrag zulässig

 

B) Begründetheit

(+), wenn Ausfertigungsweigerung des BRats-Präs BTag-Rechte verletzt - (+), wenn keine Ausfertigungsverhinderung aus formellen Gründen und kein Verweigerungsrecht aufgrund angenommener Verfassungswidrigkeit des Gesetzes

 

I. Formelle Hinderungsgründe

 

1. Alterserfordernis

Art. 54 Abs. 1 Satz 2 GG: 40 Jahre

Unmittelbare Anwendung: (-), Wählbarkeitsvoraussetzung, hier jedoch Wahrnehmung BPräs-Befugnisse unmittelbar kraft Verfassungsrecht

Analoge Anwendung: (-), Art. 57 GG keine Einschränkung für Vertretung, Voraussetzungen für BRats-Präs-Wahl allein Ländersache, keine Übertragung des Alterserfordernisses in LVerfRecht aufgrund Homogenitätsprinzips (Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG)

- Art. 54 Abs. 1 Satz 2 GG kein Vertretungshindernis

 

2. Fernseherklärung des Bundespräsidenten

Hindernis?

 

1. (+), wenn im Fall Art. 57 GG Bindung des BRat-Präs an Weisungen/ sonstige Vorgaben des BPräs und Berufung auf Bindung auch im Verhältnis zu Dritten

- (-), aus Art. 57 GG nur Zuwachs der BPräs-Kompetenzen àim Verhältnis zu Dritten Befugniswahrnehmung entsprechend GG àselbst bei Bindung an Vorgaben/ Weisungen im Innenverhältnis zu BPräs, kein Recht zur Unterlassung von Handlungen die verfassungsrechtliche Pflicht BPräs im Außenverhältnis

 

2. (+), wenn Bindung BPräs selbst durch Fernseherklärung - wenn Fernseherklärung = Nichtausfertigungserklärung und diese unwiderruflich

- Sachverhalt: Interviewäußerung kein förmliche Ablehnung; zudem Öffentlichkeit ungeeigneter Adressat, richtiger Adressat BTag

- Fernseherklärung kein Hindernis

 

3. Ergebnis zu I

Formelle Ausfertigungshindernisse (-)

 

II. Hinderung wegen Verfassungswidrigkeit des Gesetzes zur Verstaatlichung der Deutschen Bahn

(+), wenn BPräs Berechtigung zur Ausfertigungsverweigerung, sofern er Gesetz für verfassungswidrig hält, und tatsächliche Verfassungswidrigkeit des Gesetzes

 

1. Prüfungsrecht des Bundespräsidenten

Art. 82 Abs. 1 Satz 1 GG: Bundespräsident hat "nach diesem Grundgesetz zustande gekommenen Gesetze auszufertigen und im Bundesgesetzblatt zu verkünden".

- Wann ist Gesetz „nicht nach diesem Grundgesetz zustande gekommen"? - Was hat BPräs zu prüfen?

Allg. Meinung: Prüfung der formellen Verfassungsmäßigkeit (+)

Argumente: Zustandekommen nach GG nur bei formell korrekten Gesetzen; Stellung des BPräs (Prüfung der Einhaltung der Förmlichkeiten allein ihm möglich)

Prüfung der materiellen Verfassungsmäßigkeit (str.) - Art. 82 Abs. 1 Satz 1 GG unklar

Argumente gegen materielles Prüfungsrecht: keine ausdrückliche Befugnis, keine Verfahrensvorkehrungen; Verwicklung des BPräs in parteipolitische Auseinandersetzungen; Konkurrenz zum BVerfG als „Hüter der Verfassung“, Ansehensschädigung bei Bestätigung der Verfassungsmäßigkeit durch BPräs und anderer BVerfG-Entscheidung

Argumente für materielles Prüfungsrecht: ohne materielle Prüfung formelle Verfassungsmäßigkeitsprüfung unmöglich (z.B. Zustimmungsgesetz); Ausfertigung eines offenkundig verfassungswidrigen Gesetzes mit Staatsoberhauptwürde und Amtseid unvereinbar; materieller Verfassungsverstoß = formeller Verfassungsverstoß à verfassungswidriges Gesetz nur bei Beschluss im Gesetzgebungsverfahren gem. Art. 79 Abs. 2 GG formell verfassungsgemäß; Verfassungsbindung des BPräs als Teil der Staatsgewalt (Art. 1 Abs. 3, Art. 20 Abs. 3 GG)

- beide Ansichten vertretbar, wohl h. M.: materielles Prüfungsrecht (+) àAusfertigungsverweigerung (+), wenn formelle oder materielle Verfassungswidrigkeit des Gesetzes

 

2. Verfassungsmäßigkeit des "Gesetzes zur Publifizierung der Deutschen Bahn"

 

a) Formelle Verfassungsmäßigkeit

Ordnungsgemäßes Gesetzgebungsverfahren (+)

(P) Gesetzgebungskompetenz

Art. 73 Nr. 6a GG: (-), „Verkehr von Eisenbahnen, die ganz oder mehrheitlich im Eigentum des Bundes stehen, den Bau-, die Unterhaltung und das Betreiben von Schienenwegen der Eisenbahnen des Bundes sowie die Erhebung von Entgelten für die Benutzung dieser Schienenwege“ - nur Transportaspekt und infrastrukturelle Bereitstellung, keine Grundlage für eisenbahnspezifische Organisationsform der Bahn

Art. 87 Abs. 3 Satz 1 GG: (-), Vorrang des Art. 87e als Spezialvorschrift

Art. 143a Abs. 1 Satz 1 GG: (-), keine Gestattung der Rückumwandlung der „Wirtschaftsunternehmen“ in Unternehmen öffentlich-rechtlicher Rechtsform

Art. 87e Abs. 3 Satz 4 GG: „Publifizierung“ der Eisenbahnen des Bundes = „Näheres“? - (+), wenn Betrieb der Eisenbahnen als bundesunmittelbare Anstalt des öffentlichen Rechts kein Verstoß gegen Art. 87e Abs. 3 Satz 1 GG

 

b) Materielle Verfassungsmäßigkeit

Verstoß gegen Art. 87a Abs. 3 Satz 1 GG?

"Privatrechtliche Form" = Entwicklung in einer für alle geltenden Rechtsordnung und Verwendung im allgemeinen Verkehr - insb. AG und GmbH (+), Anstalten öffentlichen Rechts (-)

Führung der Eisenbahnen in privatrechtlicher Form Bund durch Art. 87e Abs. 3 Satz 1 GG zwingen vorgeschrieben - „Kann-Bestimmung“?

Argumente gegen Auslegung als „Kann-Bestimmung“: Wortlaut: „werden“ - keine Wahlmöglichkeit; Vergleich mit „älterem“ Art. 87d Abs. 1 GG; Systematik: Art. 143a Abs. 1 GG à Gesetzgebungskompetenz nur für Privatisierung, nicht aber „Rückpublifizierung“; „Scheitern“ der Privatisierung unbeachtlich - Privatisierungserfolg“ keine Merkmal des Art. 87e Abs.3 Satz 1 GG

- Verstoß Art. 87e Abs. 3 Satz 1 GG (+)

 

c) Ergebnis zu 2

"Gesetz zur Publifizierung der Deutschen Bahn" verfassungswidrig

 

3. Ergebnis zu II

Ausfertigungsverweigerung BPräs zulässig

 

III. Ergebnis zu B

Keine Ausfertigungspflicht BRats-Präs - keine Verletzung des Gesetzgebungsrechts des BTags - BTag-Antrag unbegründet

 

C) Gesamtergebnis

BTag-Antrag zulässig, aber unbegründet - keine Aussicht auf Erfolg


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