Sitzung am 07.06.2017: Verteidigung in der Hauptverhandlung (Stefan Conen)
News vom 07.06.2017
„Ich würde es niemandem wünschen in eine Hauptverhandlung zu kommen.“
Im Fokus stand die (ungünstige) Stellung des Verteidigers in der Hauptverhandlung, denn er steht „am Ende der Nahrungskette“ und hat den Zeugen als einen „schon sehr abgegessenen Knochen“ vor sich. Aufgrund dieser Ausgangslage muss der Verteidiger den Beschuldigten gegen die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft und die dadurch bereits vorgefasste Meinung der Richter verteidigen. Der hierbei auftretende in-aertia-Effekt beschreibt die Tendenz eine einmal getroffene Meinung auch gegen widersprüchliche Informationen beizubehalten. Um gegen diesen anzukommen, ist es nötig in der Lage zu sein, die Zeugen besser oder gezielter zu befragen, um die eigenen Punkte noch durch zu bringen. In der an den Vortrag anschließenden Gruppenarbeit wurden die dabei bestehenden Schwierigkeiten aufgezeigt. Hierbei ist neben der Befragung das Beweisantragsrecht, dass den Richter zur Erhebung von Beweisen zwingt, die er selbst nicht vorgenommen hätte, ein wichtiges Mittel, um den bestehenden in-aertia-Effekt aufzubrechen.
Um sich die Möglichkeit des Revisionsverfahrens nicht abzuschneiden, müssen Verfahrensfehler sofort durch die Verteidiger gerügt werden.
Insgesamt haben sich die Anforderungen an die Verteidigung seit dem letzten Jahrhundert stetig gewandelt und frühere Strategien sind heute durch das System unmöglich geworden. Doch jedes System hat seine Stärken und Schwächen, man muss nur lernen mit ihnen umzugehen und die Schwächen in eigene Stärken umwandeln.