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11.05.2023

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Finn Anstatt, 6. Fachsemester Rechtswissenschaft

Bericht zur Exkursion der FU Law Clinic "Praxis der Strafverteidigung" an die New York Law School in Manhattan

Am Samstag, dem 15. April 2023 brach die FU Law Clinic "Praxis der Strafverteidigung" unter Herrn Univ.-Prof. Dr. Carsten Momsen und seiner wissenschaftlichen Mitarbeiterin Paula Benedict zu einem besonderen Abenteuer auf: nämlich zum Besuch einer Criminal Defense Clinic der New York Law School (NYLS) am West Broadway in Manhattan. Um den Jetlag zu verarbeiten, startete unser Programm erst montags, also am 17. April. An diesem Tag hat sich die FU Law Clinic getroffen, um Organisatorisches und Terminfragen zu besprechen. Es war schön, in dieser unheimlich großen Stadt die bekannten Gesichter wiederzusehen.

Am zweiten Tag haben uns die Studentinnen der New Yorker Law Clinic Alli, Caroline, Jordan, Olivia, Sam und Tuhfa und deren Professorin Anna Cominsky das amerikanische Strafrecht sowie dessen verfassungsrechtliche Entwicklung näher-
gebracht. Wer bereits an der Fremdsprachenkompetenz "Introduction to the U.S. American Law and Legal System" teilgenommen hatte, konnte sich hier zurückerinnern und dem vielen auf einmal vermittelten Stoff wesentlich einfacher folgen. Sehr beeindruckend war es, die "actionreiche" amerikanische Art und Weise eines Kreuzverhörs kennenzulernen. Anders als in Deutschland wird den Zeugen in den USA nämlich eine Menge von Suggestivfragen gestellt, dessen sehr naheliegenden Antworten die Jury von der Glaubwürdigkeit oder Nichtglaubwürdigkeit des Zeugen und letztlich von der Schuld oder Unschuld des Angeklagten überzeugen sollen.

Am dritten Tag konnten wir diese Vorgehensweise im New Yorker State Court live erleben. Es war wie im Fernsehen: mit Jury und “Objection, your honor" – für uns also sehr spannend. Überrascht hat uns außerdem die Vielzahl von Polizeibeamten in den Gerichtssälen. Zurück in der NYLS ha- ben wir an einer Podiumsdiskussion zum Thema Pflichtverteidigung in den USA teilgenommen. Besonders interessant war es, den Alltag der Pflichtverteidiger kennenzulernen: Wer in den USA ein solcher public defender werden möchte, sollte sich im Klaren darüber sein, dass man nicht nur der rechtliche Berater der Beschuldigten ist, sondern unter Umständen auch deren einzige persön- liche Anlaufstelle. Die Arbeit eines public defenders wirkt sich daher oft auch auf das Privatleben aus. Gleichwohl setzt man sich mit der Arbeit für die Allgemeinheit ein, indem man den Sozial- schwachen hilft, zu einer rechten und gerechten Rechtsfolge für das jeweilige Vergehen zu kommen. Die Berufswahl eines public defenders sollte also gut abgewogen werden.

Am letzten Programmtag konnte die NYLS Criminal Defense Clinic leider nicht teilnehmen. An diesem Tag waren wir mit dem emeritierten Professor Frank Bress bei einer Verhandlung im Federal Court. Glück hatten diejenigen, die den Schwer- punkt Wirtschaftsstrafrecht bei Herrn Prof. Momsen besucht hatten, es ging nämlich um einen Betrug im Bereich des Im- mobilienhandels. Beeindruckend war der Unterschied zum Sta- te Court, denn die Verhandlung wirkte ohne die vielen Polizei- beamten etwas formeller und die Gerichtssäle des Federal Courts sind wesentlich prachtvoller gestaltet. Zum krönenden Abschluss waren wir mit Herrn Prof. Bress zum lunch im Res- taurant "Golden Shanghai" in der New Yorker China Town.

Insgesamt war das Programm sehr gut gestaltet, sodass wir viel Neues erfahren haben und dabei viel Spaß hatten. Spannend waren auch die Diskussionen mit den amerikanischen Studentinnen, zum Beispiel, dass sie vor der Law School alle etwas ganz anderes studiert hatten – die meisten Psychologie. Begeistert hat außerdem die Gastfreundschaft der NYLS: In den Pausen wurden immer Sandwiches in verschiedenen Varianten, Salate, Gebäck und Getränke bereitgehalten.

Doch auch der Aufenthalt in New York als solcher war sicherlich ein unvergessliches Erlebnis. New York ist eben eine Stadt, die mit europäischen Großstädten nicht vergleichbar ist. Wir haben festgestellt, dass es tatsächlich eine Stadt ist, die niemals schläft und es dort nichts gibt, was man nicht machen kann. Selbst wenn man den ganzen Tag unterwegs ist, ist es schier unmöglich, in- nerhalb von einer Woche "alles" zu sehen. Besonders empfehlenswert allerdings ist trotz des Preises (etwa 47 $) die Aussichtsplattform auf dem Empire State Building – dort hat man eigentlich keine Aussicht mehr, sondern ein Panorama, sozusagen "der Blick der Blicke" auf New York. Sehr imposant waren außerdem der Times Square bei Nacht, der Central Park bei schönem Wetter und das Übersetzen mit der Fähre nach New Jersey, wo sich die lustige "Colgate"-Uhr und im nahen Liberty State Park das Empty Sky Memorial und ein histori- scher Bahnhof finden lässt, jeweils mit großartigem Blick auf die Westseite Manhattans.

Kulinarisch hat New York vor allem Bagels, Sandwiches und Hamburger zu bieten, die ich hier, zurück in Berlin, manchmal vermisse. Trotzdem war ich froh, nach der Heimkehr am 22. April wieder gewöhnliche Nudeln mit Tomatensauce essen zu können – fettig geht eben nicht immer.