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MQPL: Soziales Klima im Justizvollzug

Seit 2017 arbeiten wir gemeinsam mit den Teams von Frank Neubacher (Universität zu Köln) und Ineke Pruin (Universität Bern) sowie Alison Liebling und Deborah Kant (Cambridge University) an der Übertragung von "Measuring the Quality of Prison Life" auf den deutschsprachigen Justizvollzug in Deutschland und der Schweiz. Im Sommer 2022 beginnen dazu zwei Drittmittelprojekte. Im DFG- und SNF-geförderten Projekt "Worauf es im Gefängnis ankommt: Anstaltsklima und Resozialisierung im internationalen Vergleich" wollen wir mit der MQPL+-Methode drei Anstalten in Deutschland und der Schweiz untersuchen. Im Modellversuch "Soziales Klima im Justizvollzug" (finanziert vom Schweizer Bundesamt für Justiz) erheben wir in zwei weiteren Schweizer Anstalten Daten. 

Die internationale Vollzugsforschung erachtet das Gefängnisklima zunehmend als einen wichtigen, wenn nicht gar als den zentralen Parameter für das Vollzugsgeschehen. Ein positives soziales Klima erhöht erwiesenermaßen die Wahrscheinlichkeit erfolgreicher Behandlungsmaßnahmen, es reduziert Gewalt und Rückfallrisiken und trägt allgemein zum Wohlbefinden unter Inhaftierten und Bediensteten bei. In den vergangenen zwei Jahrzehnten ist diese Forschung durch Alison Liebling und das Prisons Research Centre der Universität Cambridge maßgeblich geprägt und weiterentwickelt worden. In ihren Arbeiten werden die folgenden Dimensionen des Anstaltsklimas erfasst: Respekt, Menschlichkeit, Beziehungen zwischen Gefangenen und Bediensteten, Vertrauen, Unterstützung, Fairness, Ordnung, Sicherheit, Wohlbefinden, persönliche Entwicklung, Familienkontakte, Anständigkeit, Macht und das Sozialleben der Gefangenen. Hierfür hat sie unter dem Namen “Measuring the Quality of Prison Life“ (MQPL) ein umfassendes methodisches Instrumentarium entwickelt, das neben der fragebogengestützten Befragung von Gefangenen und Bediensteten verschiedener Hierarchieebenen auf Interviews, Gruppendiskussionen sowie teilnehmende Beobachtungen setzt.

Unser Team hat gemeinsam mit den Teams von Frank Neubacher und Ineke Pruin in den vergangenen Jahren die Fragebögen für die Gefangenen und Bediensteten und mit Unterstützung aus Cambridge ins Deutsche übersetzt und das methodische Programm in einem Pretest erfolgreich erprobt. Mit dem auf drei Jahre angelegten DFG/SNF-Forschungsprojekt verfolgen wir das Ziel, die Forschung zum Gefängnisklima in Deutschland und in der Schweiz zu etablieren. Hierbei arbeiten wir eng mit Alison Liebling zusammen. Die Forschung wird in zwei Anstalten in Deutschland und einer Anstalt in der Schweiz stattfinden und wertvolle Aussagen über die Leistungsfähigkeit der Anstalten in Bezug auf die verschiedenen Dimensionen des Anstaltsklimas ermöglichen. Damit wird den Anstaltsverantwortlichen in den beteiligten Anstalten konkret die Möglichkeit gegeben, mehr über ihre Anstalt zu erfahren, ggf. Korrekturen vorzunehmen und Verbesserungen zum Wohle der Gefangenen und Bediensteten einzuleiten. Aus wissenschaftlicher Sicht ist neben einer Fortentwicklung der Instrumente der Vollzugsforschung auch eine Antwort auf die Frage zu erwarten, ob und inwieweit das Konzept der Anstaltsklimaforschung über Sprach- und Ländergrenzen hinweg auf Staaten mit unterschiedlicher Gesetzgebung und Vollzugstradition übertragbar ist. Auf diese Weise wird das Projekt auch einen bedeutenden Beitrag zum wachsenden Forschungsgebiet der vergleichenden Strafvollzugsforschung leisten.

Im Modellversuch in der Schweiz unter der Leitung von Ueli Hostettler und Ineke Pruin werden zu jeweils zwei Zeitpunkten mit der MQPL+-Methode Daten in der Frauenanstalt Hindelbank sowie in der Anstalt für Maßnahmenvollzug St. Johannsen erhoben. Wir wollen damit probieren, die Methode als Instrument der Qualitätssicherung zu etablieren.

Das Team besteht aus:

  • Berlin: Kirstin Drenkhahn, Kristina Lewandowski, Nigar Asadullayeva und Eva Tanz
  • Köln: Frank Neubacher, Nicole Bögelein und Deborah Kant
  • Bern: Ineke Pruin, Ueli Hostettler, Irene Marti, Louise Frey und David Mühlemann