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Das Jessup Team 2008: Göttingen und Washington, DC

Die deutsche Vorausscheidung in Göttingen

 

Ende Februar 2008, zum Zeitpunkt der deutschen Vorrunde, hatte unser Team mehrere Monate intensiver Arbeit hinter sich. Von September bis Januar waren je 60seitige englischsprachige Schriftsätze für die Kläger- und Beklagtenpartei zu erstellen. Die Zeit von Mitte Januar bis Ende Februar war von einer Vielzahl an Proben für die mündlichen Verhandlungen geprägt. Eine der mündlichen Proben fand bei der Rechtsanwaltskanzlei Freshfields in Berlin statt, zu der die Kanzlei in ihre Räumlichkeiten am Potsdamer Platz geladen hatte.

Dergestalt vorbereitet fuhren wir vom Ende Februar 2008 zur deutschen Vorrunde nach Göttingen. Ausrichter des Vorentscheids war das Institut für Völkerrecht und Europarecht der Georg-August-Universität Göttingen. Nachdem wir uns über einen Zeitraum von fünf Wochen mindestens drei Mal wöchentlich getroffen hatten, um unsere Auftritte zu proben, hieß es nun das erlernte völkerrechtliche Wissen und die rhetorischen Fähigkeiten gegen andere deutsche Universitäten unter Beweis zu stellen. In der Vorrunde blieb unser Team gegen die Mannschaften aus Bochum, Frankfurt/Main, Frankfurt/Oder und das starke Team aus Göttingen ungeschlagen und qualifizierte sich so für das Halbfinale. Die Hoffnungen der Mannschaft ruhten nun auf dem Klägerteam, das im Halbfinale gegen das traditionell starke Team der Universität Jena plädierte. Den Teams war die Anspannung anzumerken, ging es doch hier schon um die Qualifikation für die internationale Runde in Washington. Nach einer starken Leistung aller vier Redner und langer Beratungszeit entschieden die Richter zugunsten des Klägers – dies bedeutete für uns den Finaleinzug und die Qualifikation für den Wettbewerb in den USA. Am Nachmittag fand schließlich das Finale vor einer neunköpfigen Richterbank unter Vorsitz des deutschen Richter am Internationalen Gerichtshof, Prof. Dr. Bruno Simma, statt. Neben der FU hatte sich das Team der Universität Münster für das Finale qualifiziert, in dem es nunmehr hauptsächlich um die Ehre und den Titel des „best team“ ging. Knapp, aber hoch verdient setzte sich wiederum das klägerische Team der FU gegen die rhetorisch starken Studierenden aus Münster durch.

Aufgrund einer exzellenten Teamleistung, Geschick und der notwendigen Portion Glück hatten wir den Traum eines jeden Jessup-Teilnehmers realisiert: die Reise nach Washington, DC.

 

Die internationale Endrunde in Washington, DC

Vier Wochen nach dem Sieg bei der deutschen Vorrunde und viele Proberunden später reisten wir Anfang April 2008 zu den Shearman and Sterling International Jessup Rounds nach Washington, DC. Schon bei der Ankunft am Wettbewerbsort, dem Fairmont Hotel Washington, war die internationale Atmosphäre deutlich zu spüren, die uns sofort begeisterte. In den nachfolgenden drei Tagen trat das Team in vier Vorrundenbegegnungen gegen Mannschaften aus aller Welt an. Gleich am Montag durften die Beklagten ihr Können gegen das letztendlich überlegene Team aus Kanada unter Beweis stellen. Am Dienstag trat zunächst unser Klägerteam gegen Indonesien an. Aufgrund einer starken rhetorischen Leistung gelang es, die Richter dieser Runde, die besonderen Wert auf Rhetorik und überzeugende Darstellung legten, für uns zu gewinnen. Höchst spannend ging es dann am Nachmittag weiter, als unsere Beklagtenseite gegen die National University of Lesotho vor einer sehr aktiven Richterbank plädierte. "Yes or no, agent?! Answer the question!" – kaum einen Satz konnten die Redner beenden, ohne unterbrochen und von den Richtern in eine neue Richtung gelenkt zu werden. Die letzte Begegnung am Mittwoch meisterte die Klägerseite dann mit Bravour gegen das Team der Prager Universität aus der Tschechischen Republik.

Begleitend zu den Vorrundenbegegnungen fanden weitere Veranstaltungen für die Teams statt. Zu Wochenbeginn lud die Sponsorenkanzlei Shearman and Sterling zu einem Empfang in die Räumlichkeiten der Kanzlei, bei dem alle Teilnehmer die Gelegenheit hatten, einander näher kennen zu lernen.

Trotz guter Leistungen schied unser Team leider nach der Vorrunde aus. Andere Teams waren – oftmals nicht zuletzt aufgrund sprachlicher Vorteile – rhetorisch noch versierter. Die restliche Woche verbrachten wir tagsüber mit der Erkundung der Hauptstadt und dem Besuch von Museen. An den Abenden nahmen wir das Jessup-Rahmenprogramm wahr. Eines der Highlights war der „Go-National-Dress-Ball“, bei dem alle Teams in traditioneller oder kreativer Kleidung erschienen.

Am Freitag wartete ein weiterer Höhepunkt auf uns: Wir waren in das Washingtoner Büro der Anwaltssozietät Hogan & Hartson Raue, einem der Teamsponsoren, zum Lunch eingeladen. Bei mehreren Gesprächsrunden mit Anwälten aus den Bereichen „International Business Transactions“ und „Environmental and Regulatory Practice“ konnten wir Anwaltluft schnuppern und uns einen ersten Eindruck über den Arbeitsalltag eines international tätigen Rechtsanwalts verschaffen. In besonderer Erinnerung blieb eine angeregte und inspirierende Diskussion über Aufgaben, Image und mögliche Transparenzregelungen des Lobbyismus.

Am Samstag fand das Finale zwischen dem letztendlich siegreichen Team der Case Western Reserve University aus den Vereinigten Staaten und der australischen University of New South Wales statt. Auf dem abschließenden Jessup-Ball blieb reichlich Gelegenheit, die Finaleindrücke zu bewerten und sich in gelöster Atmosphäre mit Richtern und Teammitgliedern aus aller Welt zu unterhalten.

Den Wettbewerb beendete das Team der Freien Universität auf einem guten 43. Platz von 114 teilnehmenden Teams. Die bereits Mitte Januar eingereichten Schriftsätze wurden in Washington neu bewertet, hierbei erreichten unsere Schriftsätze einen hervorragenden 20. Platz: dies ist das fünftbeste Ergebnis aller europäischen Mannschaften. Darüber hinaus konnten sich gleich drei der vier Redner in der Wertung der besten 100 Einzelsprecher platzieren. Mit Rang 35 gehörte der bestplatzierte Teilnehmer der Freien Universität zu den besten zehn der nicht muttersprachlichen Teilnehmer.

Zurück in Berlin und wieder mitten im universitären Arbeitsalltag ist festzuhalten: Trotz der anstrengenden Vorbereitung war der Ausflug in die Höhen des Völkerrechts eine bereichernde Erfahrungeine in fachlicher wie persönlicher Hinsicht und insbesondere durch die Reise nach Washington ein Erlebnis, das im normalen Studienalltag seinesgleichen sucht.

 

 

Das Team bedankt sich sehr herzlich bei seinen Förderern für die finanzielle und ideelle Unterstützung bei der Vorbereitung der deutschen Vorausscheidung und der Reise in die USA. Neben der Erich-Müller Stiftung Berlin sind dies: