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Seminar im Schwerpunktbereich Strafrechtspflege/Kriminologie - "Sicherheit in privaten Händen"

Seminar im Schwerpunktbereich Strafrechtspflege/Kriminologie - „Sicherheit in privaten Händen“

 Im Wintersemester 2015/2016 bietet Herr RA Tobias Lubitz für den Schwerpunktbereich „Strafrechtspflege /Kriminologie“ ein Seminar zum Thema: „Sicherheit in privaten Händen“ (propädeutisches Seminar im Sinne des § 20 Abs. 2 StO) an.

Seit Jahren erlebt Deutschland einen Boom der Sicherheitsbranche. Uniformierte Angehörige privater Dienstleister prägen das Bild der Großstädte, Einkaufszentren und Bahnhöfe. Das private Sicherheitsgewerbe wirbt mitunter damit, kostengünstiger und flexibler agieren zu können als Staatsdiener, welche den Zwängen der StPO unterliegen. Der Staat geht Sicherheitspartnerschaften ein. Organisiert wird mancherorts der Strafvollzug im Rahmen von Public Private Partnerships. In anderen Bereichen fehlt dem Staat das Personal oder das Fachwissen, so dass Dritte beauftragt werden.

Aufgrund drohender Sanktionen nach Spezialgesetzen sowie nach §§ 30, 130 OWiG besteht ein Druck auf Unternehmensführungen, Complianceorganisationen einzurichten. Bei bereits bestehendem Verdacht von Straftaten in Unternehmen werden ohnehin bevorzugt Ermittlungen durch Private in Auftrag gegeben. „Hat man die Polizei erst einmal im Haus, wird man sie schwer wieder los“, heißt es.

Schließlich erleben wir Privatpersonen, die selbst in ihre Sicherheit investieren oder sich gar zu Bürgerwehren zusammenschließen.

All diese Entwicklungen entsprechen dem bereits in die Jahre gekommenen Leitbild eines schlanken Staates, der eher organisiert und managt, als selbst agiert. Sie entsprechen auch einer Gesellschaft, welche bei zunehmender Verunsicherung ein erhöhtes Bedürfnis nach Sicherheit empfindet. Damit einhergehen Veränderungen sozialer Kontrolle. Es bestehen zudem zahlreiche Bedenken aus der Kriminologischen Wissenschaft. Sie reichen von einer befürchteten Erosion des Gewaltmonopols und rechtsstaatlicher Prinzipien bis zu Fragen der Ungleichheit der Verteilung von Sicherheit. Kritisiert wird eine exzessive Nutzung privater Rechte wie des Haus- oder des Notwehrrechts durch private Sicherheitsdienstleister und die Verdrängung missliebiger Personen aus dem öffentlichen Raum. Beklagt wird ein unkontrollierbarer Umgang mit Daten. Bedroht sind Bürger- und Beschuldigtenrechte bei Ermittlungsmaßnahmen privater Dienstleister.  

Hierzu werden folgende Referatsthemen angeboten. Die Auflistung der vorgeschlagenen Themen ist nicht abschließend. Eigene Ideen sind willkommen.

 1)      Privatisierung polizeilicher Aufgaben aus kriminologischer und verfassungsrechtlicher Perspektive

2)      Drohnen, Videoüberwachung, Infrarotkameras – Der Kampf der deutschen Bahn gegen
         Graffiti

3)      Wachschutz im öffentlichen und semi-öffentlichen Raum

4)      Die Erfassung und Bearbeitung von „Schwarzfahrten“

5)      Privatisierung der Luftsicherheit

6)      Videoüberwachung öffentlicher und semi-öffentlicher Räume durch private Dienstleister

7)      Criminal-Compliance-Organisationen in Unternehmen

8)      Unternehmensinterne Ermittlungen durch private Ermittler bei Verdacht von straf- oder
         bußgeldbewehrten Verhaltensweisen von Mitarbeitern

9)      Privatisierung des Strafvollzugs

10)   Unterbringung, Überwachung und Abschiebung von Asylbewerbern durch private
        Dienstleister

11)   Bürgerwehren

12)   Aufträge an Privatunternehmen zur Produktion staatlicher Ermittlungs- und
       Überwachungssoftware

13)   Die Auswertung strafprozessual beschlagnahmter Datenträger durch private Dienstleister

14)   Melden, Löschen, Sperren – Der Umgang sozialer Netzwerke mit strafbaren oder
        unerwünschten Inhalten und Verhaltensweisen

 Vorgeschlagen wird zur Bearbeitung der Themen (nach vorangegangener intensiver Recherche bzgl. kriminologischer Erkenntnisse) eine zunächst deskriptive Herangehensweise, welche Hintergründe und Ausmaß der Phänomene beleuchtet, ggf. auch im internationalen Vergleich, sodann die rechtlichen Rahmenbedingungen analysiert und sich eingehend mit den jeweiligen Erkenntnissen und der Kritik von Seiten der kriminologischen Wissenschaft auseinandersetzt.

Der Erwerb eines Seminarscheins setzt neben der Einreichung des schriftlichen Referates (in zweifacher Ausfertigung, 20-22 Seiten bei 1/3 Rand und 1½ Zeilenabstand) und dem mündlichen Vortrag die aktive Teilnahme an der Diskussion im Seminar voraus. Für den Vortrag im Seminar, der ca. 20 Min. dauern soll und an den sich eine Diskussion anschließt, soll ein Handout von einer Seite DIN A 4 erstellt werden, in dem die wichtigsten Aspekte der behandelten Theorie zusammengestellt werden. Der Vortrag kann mit einer Powerpoint-Präsentation medial unterstützt werden. Sofern dies beabsichtigt ist, wird darum gebeten, die Datei mit der Präsentation 1 Woche vor dem Seminartermin an: kriminologie@fu-berlin.de zu senden. Zu den Formalien wird auf:
http://www.jura.fu-berlin.de/fachbereich/einrichtungen/oeffentliches-recht/lehrende/kriegerh/dokumente/Hinweise_Erstellen_einer_Seminararbeit.pdf. hingewiesen.

 Die Veranstaltung wird als (Teil-)Blockseminar am 23. und 30. Januar 2016 in Raum 2213 der Boltzmannstraße 3, 14195 Berlin stattfinden.

 Anmeldungen werden ab sofort von Frau Witt, Sekretariat der Professur für Kriminologie und Strafrecht, Boltzmannstr. 3, 2. Etage, Raum 3329, bwitt@zedat.fu-berlin.de, entgegengenommen.

 Abgabetermin des schriftlichen Referates ist spätestens der 21. 12. 2015

 Für Rückfragen stehe ich auch persönlich gerne unter folgenden Kontaktdaten zur Verfügung:

Dr. Tobias Lubitz (Tel: 030-20615760 - E-Mail: info@kanzlei-lubitz.de - Web: www.kanzlei-lubitz.de)