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Day of Crisis 2019

Das Team und Vorbereitungen 

Als ehemaliges Jessup-Team inklusive Coach beschlossen wir gemeinsam am Day of Crisis teilzunehmen. Der Day of Crisis ist ein einzigartiger Wettbewerb mit einem Fokus auf Völkerrecht und Diplomatie, bei dem eine oder mehrere internationale Krisen nachgestellt werden und die Teilnehmer mit den sich über 24 Stunden entfaltenden Ereignissen fertig werden müssen. Er wurde von Professor Jean-Marc Thouvenin 2012 gegründet und dieses Jahr von der Universität Nanterre Paris in Kooperation mit der Großkanzlei Simmons & Simmons ausgerichtet. Als Anspielung auf unseren Fall im Jessup Moot Court wählten wir “Y.A.K. Consulting” als unseren Team-Namen.  

Inhaltlich konnten wir uns nur wenig auf den Day of Crisis vorbereiten. Vorab standen zwar die Themen fest, um welche es gehen würde, aber diese waren ziemlich breit gefächert. So reichten sie von CETA und WTO-Recht über Seerecht bis hin zu Nichtweiterverbreitung und friedliche Nutzung von Atomwaffen. Letztendlich geht es beim Day of Crisis auch mehr darum mit bestimmten Situationen im Team unter Zeitdruck umgehen zu können als Bücherwissen abzutippen.

Der Day of Crisis-Sachverhalt und die 24 Stunden 

Ein bisschen mehr als einen Monat nach unserer ersten Moot Court Erfahrung flogen wir nach Paris. Mit etwas Verspätung landeten wir in der französischen Hauptstadt und machten uns auf den Weg zur Universität Nanterre. Nanterre liegt etwas außerhalb von Paris und bietet den Studierenden eine ruhigere Umgebung mit guter Anbindung zum Pariser Stadtzentrum. 

Am Vorabend des Day of Crisis gab es an der Uni einen kleinen Empfang für die Teams. Wir waren erstaunt, was für einen weiten Weg einige Teams auf sich genommen hatten, um an einem Wettbewerb teilzunehmen, der ja insgesamt nur 24 Stunden dauert. Neben Australien, England und Frankreich nahmen dieses Jahr erstmals auch Teams aus Italien, Indien und den USA teil. Es war schön sich mit den anderen Studierenden zu unterhalten und zu erfahren, wie ein Jurastudium in anderen Ländern bzw. Teilen der Welt ausgestaltet ist. An dem Abend wurde dann auch ein wenig der Ablauf des nächsten Tages erläutert, insbesondere, dass jegliche Kommunikation und Aufgabenverteilung außerhalb von mündlichen Verhandlungen per E-Mail stattfinden sollte, und dann konnte es am nächsten Tag auch schon losgehen. 

Am nächsten Morgen bekam jedes Team einen Raum zugeteilt und es wurde ein letztes Mal überprüft, ob die Mail-Adressen der Teams auch funktionierten. Um 10 Uhr ging es dann endlich los und die erste Mail landete im Postfach von “Y.A.K. Consulting”. Wir erhielten die Mitteilung, dass ein Tropensturm auf eine japanische Insel zusteuerte und diese komplett evakuiert werden müsse. Mit dieser Information fingen wir an zu rätseln, was als erster Arbeitsauftrag nun kommen würde. Dieser lies auch nicht lange auf sich warten. Eine schriftliche Beratung für einen Angehörigen der kanadischen Regierung im Bezug auf Betrug, CETA und Atomwaffen. 

Die Arbeitsaufträge bzw. Die Ersuchen unserer Mandanten hatten immer eine zeitliche Frist je nach Umfang der Aufgabe. Während des Tages gab es neben schriftlichen Beratungen für Staaten, Unternehmen, NGOs und private Individuen auch verschiedene mündliche Verhandlungen wie diplomatische Verhandlungen zwischen Staaten und Pressekonferenzen. So gab es eine große Abwechslung bei den Aufgaben und jedes Teammitglied konnte sich in verschiedenen Bereichen ausprobieren. Jeder hatte beispielsweise die Möglichkeit an einer Verhandlung oder Pressekonferenz teilzunehmen.  

Die Schwierigkeit bestand darin, dass es meistens nicht nur eine, sondern mehrere Aufgaben gleichzeitig zu lösen galt. Dass man nie sicher sein konnte, wie viele Aufgaben zu welchem Zeitpunkt eintreffen würden, machte das Ganze noch komplizierter. Dabei war es wichtig, dass die Personen, die mit einer Aufgabe betreut waren, sich voll und ganz darauf konzentrierten und immer die Uhr im Blick hatten. Wir hatten den Vorteil, dass wir für den Jessup bereits unter Stress im Team gearbeitet hatten, sodass wir wussten, wer welche Stärken und Schwächen hatte. Auch wenn wir uns bemühten, ließ es sich nicht ganz verhindern, dass der Ton mit zunehmendem Stressspiegel etwas harscher wurde. Darüber hinaus mussten wir auch lernen, uns nicht über die gerade absolvierte Aufgabe den Kopf zu zerbrechen, um uns sofort auf die nächsten Aufgaben konzentrieren zu können. 

Als es dann Abend wurde, zogen fast alle Teams von der Uni in die Kanzlei von Professor Thouvenin um. Auch wenn wir wussten, dass uns noch eine lange Nacht bevorstand und sich die Essensrationen, die wir uns am Tag zuvor zugelegt hatten, bei dem einen oder anderen zur Neige gingen, verschaffte vor allem der Ausblick auf den Eifelturm und die Sacre Coeur eine besondere Atmosphäre. Dies machte fast die ausgefallene Sightseeing-Tour durch den verspäteten Flug wieder wett.

Über die Nacht fanden keine mündlichen Verhandlungen mehr statt. Trotzdem erhielten wir weiterhin in regelmäßigen Abständen Aufgaben zur Bearbeitung. Durch die einsetzende Müdigkeit wurde es zunehmend schwieriger, sich entsprechend zu konzentrieren, doch Teamarbeit war der Schlüssel zum Erfolg. 

Kurz vor Mitternacht erhielten wir dann auch Informationen für den nächsten Tag: Am Morgen sollte es in das OECD-Hauptquartier in Paris gehen und eine Sitzung des Allgemeinen Rates der WTO nachgestellt werden. Darüber hinaus wurde uns mitgeteilt, über was diskutiert werden und welches Land wir vertreten sollten. Dafür erhielten wir dann die notwendigen Informationen: Ein Reformvorschlag der USA und EU für die WTO sollte diskutiert werden und wir in diesem Rahmen Japan vertreten. Am Anfang der Abschlussverhandlungen sollte jedes Team eine kurze Rede halten und seine Position bezüglich des Reformvorschlags darlegen. Hierfür bestimmten wir einen Redner aus unserem Team.  

Während nach Mitternacht noch weitere Aufgaben ankamen, fing unser Redner für die Abschlussverhandlung an, sich hierauf vorzubereiten. Mit Abnahme des Workloads konnte sich dann jedes Teammitglied 1-2 Stunden nachts ausruhen und soweit möglich, der Müdigkeit nachgeben. 

Final Negotiation

Gegen 10:30 Uhr ging es dann in die letzte Runde. Nach einem Tapetenwechsel befanden wir uns im Hauptquartier der OECD. Als Delegation nahmen wir hinter dem Tischkärtchen beschriftet mit “Japan” an der großen runden Tafel Platz. Der Saal, in dem wir uns befanden, war durch Holzvertäfelung, Wandteppiche und Vergoldungen und nicht zuletzt, weil hier sonst die OECD tagt, sehr beeindruckend.  

Diese letzte Verhandlungsrunde aller Delegationen stellte einen abtrennten Teil des Wettbewerbs dar. Es gab für diese Runde spezielle Preise zu gewinnen und die Delegationen wurden so nochmal nach 24 Stunden ununterbrochener Arbeit zur aktiven Teilnahme motiviert. 

Nach 4 Stunden waren wir dann am Ende des Day of Crisis angelangt. Nun kam es zur Verkündung der Sieger der einzelnen Preise. Alle Teams hatten sich sehr gut geschlagen und daher war es umso spannender die Ergebnisse zu hören. Durch die überragende Leistung von Aurelio Corneo in der Abschlussverhandlung im OECD-Hauptquartier erhielt er den Pokal als “Best Oralist”. Mit dieser Freude trotz aller Müdigkeit flogen wir nachmittags nach Berlin zurück. 

Diese tolle Erfahrung wäre nicht möglich gewesen ohne die Unterstützung der Ernst-Reuter-Gesellschaft, welcher wir an dieser Stelle auch ganz herzlich danken wollen.