European Law Moot Court 2000/2001
"Moot, Meet and Compete"
Der European Law Moot Court (ELMC) ist ein europaweiter, zweisprachiger Wettbewerb, in dem ein Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof simuliert wird. Organisiert wird der ELMC von der Moot Court Society (www.elmc.org). Der Wettbewerb besteht aus zwei Phasen. In der ersten geht es um die Erstellung der Schriftsätze für zwei an einem fiktiven Fall beteiligten Parteien (Applicant und Defendant). Die 40 besten Teams erreichen die zweite, mündliche Phase. Diese besteht aus den Regionalausscheidungen in vier europäischen Universitätsstädten und dem All European Final vor dem EuGH in Luxemburg.
Nachdem der Sachverhalt am 1. September 2000 auf der Homepage der Moot Court Society veröffentlicht worden war und sich bis Ende des Monats auch ein dreiköpfiges Team gebildet hatte, begannen wir mit der Ausarbeitung der Schriftsätze. Dabei wurden wir von Herrn Meltzian, einem Assistenten des Lehrstuhls Prof. Dr. H. Lecheler, betreut.
Zunächst arbeiteten wir uns in die Materie ein. In unserem Fall ging es um ein Verbot von Internetwerbung und in diesem Zusammenhang um den Gerichtsbegriff des Art. 234 EGV sowie die Warenverkehrs- und Dienstleistungsfreiheit. Die Hauptarbeit bestand anschließend daraus, anhand von Urteilen des EuGH Argumente für die verschiedenen Parteien zu erarbeiten. Da die Schriftsätze auf englisch und französisch erstellt werden müssen, sind diesbezügliche Sprachkenntnisse zumindest einer dieser Sprachen unerläßlich. Alle Mitglieder unseres Teams konnten englisch, zwei außerdem auch noch französisch, so daß die Lektüre der Urteile und Lehrbücher in diesen Sprachen kein Problem darstellte. Bis zum Abgabetermin der Schriftsätze, dem 15. November, hatten wir viele intensive Stunden der Arbeit und der Diskussion hinter uns gebracht.
Mitte Januar 2001 fiel die mit Spannung erwartete Entscheidung, daß wir an einer der Regionalausscheidungen teilnehmen sollten. Sofort begannen wir daher mit den mündlichen Übungsrunden. Bei diesen hatten Applicant, Defendant und zusätzlich auch der Kommissionsvertreter ihre Position in einem eigenen Plädoyer darzustellen. Hierbei zeigte sich ein großer Vorteil der Teilnahme am ELMC: Wir hatten die im Jurastudium einmalige Möglichkeit, in die Rolle eine Anwalts zu schlüpfen und somit das Gelernte praktisch anzuwenden! Während der Plädoyers wurden uns durch die "Richter" (vielen Dank an Herrn Dr. Dörr, Herrn Dr. Gundel, Herrn Meltzian sowie die Teilnehmer des letztjährigen Moot Courts) Zwischenfragen auf englisch und französisch gestellt. Dadurch lernten wir, unsere Vorträge flexibel zu gestalten. Außerdem hatten wir im Rahmen der Vorbereitung auch die Möglichkeit, an einem Rhetorik-Seminar teilzunehmen und eine Videoanalyse unseres Auftretens zu erhalten (vielen Dank an Frau Dr. Berendt).
Am 8. Februar 2001 war es soweit: Bestens ausgestattet ("dressed to kill") ging es per Bus und Bahn zum Regionalfinale nach Maastricht. Hier erwartete uns am Abend ein Empfang in der Universität. Dort bot sich die erste von zahlreichen Gelegenheiten, Wein und Häppchen zu uns und die anderen Teams in Augenschein zu nehmen. Am nächsten Morgen wurden wir vom Maastrichter Organisationsteam vom Hotel abgeholt. In zwei Sälen der Universität begann die Vorrunde des Regionalfinals. Dort zeigte sich, daß wir gut vorbereitet waren, denn abgesehen davon, daß wir gegen ein Team aus einer anderen europäischen Universität antraten und auch die "Richter des EuGH" (Professoren, Richter und Anwälte) uns unbekannt waren, verlief alles so wie zu Hause geübt. Dennoch war unser Kommissionsvertreter etwas nervös, so daß er leider ausschied, während Applicant und Defendant unter die vier besten der zehn teilnehmenden Teams kamen und damit im Halbfinale standen. Die Zweisprachigkeit erwies sich als großer Vorteil, da der Großteil der Teams die Plädoyers wider Erwarten nur auf englisch hielt. Vor dem Halbfinale am nächsten Morgen bot sich zur Entspannung noch eine abendliche Kneipentour durch Maastricht. Dabei lernten wir vor allem das irische Team näher kennen, so daß wir das Motto des ELMC, "Moot, MEET, and Compete" bestens umsetzten.
Die Iren trafen wir dann auch am nächsten Morgen als Gegner im Halbfinale wieder. Gegen Mittag stand es fest: Wir waren im Finale der Regionalausscheidung! Wegen der Vorbereitung darauf mußten wir leider auf das Mittagessen in der Mensa verzichten, bekamen aber als Ersatz zwanzig (!) dick belegte Baguettebrote, die wir aufgrund unserer Nervosität nur zu einem geringen Prozentsatz verzehren konnten.
Im Finale erwarteten uns deutlich erschwerte Bedingungen. Die Zahl der Richter hatte sich von vier auf acht verdoppelt und die Zwischenfragen wurden deutlich schwieriger. Außerdem standen uns als Gegner Teilnehmer eines schwedischen LL.M.-Programmes gegenüber, die uns trotz aller Bemühungen überlegen waren. Somit konnten wir zwar nicht als Gewinner des Regionalfinals nach Luxemburg fahren, belegten aber immerhin den zweiten Platz!
Nach dem Finale fiel die gesamte Anspannung der letzten Tage und Wochen von uns. Wir konnten uns ganz auf den Abschlußabend im Schloß Nercanne konzentrieren. Hier hatten bereits die Unterzeichner des Vertrages von Maastricht gespeist, und nun bekamen alle Teilnehmer des ELMC dort ein Vier-Gänge-Menü serviert. Nach dem alle bereits einige Gläser des köstlichen Weins getrunken hatten, begann der traditionelle "Song Contest". Jedes Team und auch die Richter trugen Lieder in ihrer Muttersprache vor. Überrascht von der Existenz dieses "zusätzlichen" Wettbewerbs entschieden wir uns für "Eisgekühlter Bommerlunder" und trugen so zur allgemeinen Erheiterung bei. Desweiteren ergab sich auch die Möglichkeit, sich mit den Richtern einmal persönlich zu unterhalten.
Am nächsten Mittag ging es nach einer Stadtbesichtigung müde, aber voller neuer Erfahrungen und Erlebnisse wieder zurück nach Berlin.
Die Teilnahme an einem Moot Court wie dem ELMC erfordert zwar einen hohen Arbeitsaufwand, lohnt sich aber in jedem Fall. Nie wieder im Studium hat man die Möglichkeit, einen Sachverhalt so intensiv zu bearbeiten und seinen Weg vom ersten Lesen bis zur Verhandlung vor Gericht mitzuerleben und zu gestalten. Außerdem ist auch die Arbeit im Team nach mehreren Semestern des doch recht einzelgängerischen Jurastudiums eine interessante und nützliche Erfahrung. Schließlich hat es uns einfach Spaß gemacht!
Zum Abschluß wollen wir noch einmal ganz herzlich Daniel Meltzian für seinen emotional und sonstigen support danken!!
Kolja Altermann/Julia Staiger/Martin Zimdars