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Erfahrungsbericht über einen Studienaufenthalt in Nijmegen im Wintersemester 2003/04

Wer an einer relativ kleinen, sehr gut ausgestatteten Universität in einer Stadt, die sich voll und ganz auf Studenten eingerichtet hat, studieren will, dem kann ich ein Auslandssemester an der Katholischen Universität Nijmegen empfehlen. [Anmerkung des Internationalen Büros: Die Universität ist inzwischen in Radboud Universiteit Nijmegen umbenannt worden, G.R.] Bei dem Namen der Uni muss man nicht gleich erschrecken. Weder ist ein religiöser Hintergrund Zulassungsvoraussetzung, noch wird man in den Hörsälen oder anderswo mit Kruzifixen konfrontiert. Höchstens an der überdurchschnittlich guten Ausrüstung der einzelnen Fachbereiche kann man auf einen finanzstarken Hintergrund schließen.

 

Auf jeden Fall ist es zu empfehlen, an der vor jedem Semester angebotenen "introduction week" teilzunehmen. Dies vor allem vor dem Hintergrund, neue Kontakte zu knüpfen und des weiteren den Campus kennenzulernen. Die Einführungswochen werden von einheimischen Studenten ("Studenten ohne Grenzen") organisiert, die wirklich ein vielfältiges und interessantes Programm auf die Beine stellen. Diese Studentenvereinigung organisiert auch während des Semesters zahlreiche Tagestouren (Amsterdam, Den Haag, Utrecht etc.), die allesamt zu empfehlen sind, sowie ausreichend Parties!

 

Wenn Ihr den (zugegebenermaßen umfangreichen) Bürokratismus zu Beginn des Semesters mit der wirklich sehr freundlichen Hilfe der beiden ERASMUS-Koordinatorinnen bewältigt habt, dann kann das Studium losgehen. Zu beachten ist, dass die Jura-Fakultät der KUN seit mehreren Jahren in nahezu allen Bewertungsrankings immer Platz 1 oder 2 belegt. Dementsprechend motiviert ist das Lehrpersonal, und diese Stimmung ist ansteckend und motivierend zugleich. Die Bibliothek des Fachbereichs ist sehr gut ausgestattet und verfügt darüber hinaus über einen ziemlich umfangreichen Bestand an deutschsprachigen Büchern. Von Zeit zu Zeit fällt es eben doch leichter, zur Vertiefung des Stoffs einmal wieder in der Muttersprache zu lesen. Da drängt sich auch schon der nächste Unterschied im Vergleich zum Studium in Deutschland auf. Das gesamte System ist verschulter. Die Vorlesungen sind bei weitem nicht so voll wie hier in Berlin. Ein Kurs hat selten mehr als 30 Studenten. Dadurch entsteht natürlich eine familiäre Atmosphäre, die oft Basis für lebhafte Diskussionen war. Am Ende einer jeden Vorlesung gibt der Professor schließlich noch bekannt, welchen Stoff (wird genau bezeichnet: Buch, Kapitel, Seite) man zur nächsten Vorlesung gelesen haben sollte.

 

Die Stadt Nijmegen ist wohl die älteste Stadt in Holland (man streitet sich von jeher mit Maastricht, wer nun älter ist) und hat ein wirklich sehenswertes Stadtzentrum, das auf eine ganz eigene Weise Altes mit Neuem verbindet. Dass sich die Stadt voll und ganz auf Studenten eingestellt hat, zeigt sich vor allem bei der Masse an Clubs, Bars, Diskotheken, Restaurants mit Studentenpreisen etc. In Nijmegen abends wegzugehen ist also kein Problem.

 

Einen Nachteil hat die Vielzahl der Studenten in Nijmegen dann doch. Unterkunftstechnisch scheint die Stadt aus allen Nähten zu platzen und das wissen die Vermieter. Auch wenn die Universität wirklich bemüht ist, für alle Austauschstudenten eine Unterkunft zu finden, so ist es auf jeden Fall ratsam, sich zum einen frühzeitig bei der Uni anzumelden (wer zuerst kommt ...) und zum anderen auch selbst aktiv zu werden. Man muss sich jedoch darauf einstellen, dass das Verhältnis der Höhe der Miete zur Größe und Ausstattung der Zimmer aus deutscher Sicht ein Missverhältnis ist. Wie gesagt, der Wohnraum ist eng bemessen und die Nachfrage ist groß.

 

Alles in allem habe ich ein erlebnisreiches und in jeder Hinsicht erfolgreiches Semester hinter mich gebracht. Dank der vielen Leute, die ich kennenlernen konnte, scheint Europa auch gar nicht mehr so groß.