Springe direkt zu Inhalt

Konkurrentenstreit (Sachverhalt)

Im Januar 2015 tritt ein Kulturabkommen zwischen der BRD und Spanien zur zweijährigen Bildungszusammenarbeit in Kraft. Die Umsetzung dieses Abkommens obliegt den Ländern. Daher wurde in der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft (im Folgenden: Senatsverwaltung) eine Beamtenstelle in der Laufbahngruppe II (2. Einstiegsamt) ausgeschrieben. Das Beamtenverhältnis soll zunächst auf Probe bestehen und nach Ableistung der Probezeit zur späteren Verwendung auf Lebenszeit dienen. Die Ausschreibung ist ordnungsgemäß erfolgt. Außerdem sind die haushaltsrechtlichen Voraussetzungen für die Besetzung erfüllt. Zu den Aufgaben im Rahmen dieser Stelle gehören der enge Kontakt zum spanischen Bildungsministerium, die Koordinierung mit Partnerschulen, aber auch Personalplanung und –betreuung in der Senatsverwaltung. Darüber hinaus soll der Stelleninhaber der Senatorin für den Abschluss eines für 2017 geplanten weiteren Kulturabkommens beratend zur Seite stehen und Empfehlungen aufgrund der bisherigen Erfahrungen bei der Umsetzungen des Kulturabkommens für Beratungen in der Kultusministerkonferenz abgeben. Gefordert werden daher neben ausgezeichneten Spanischkenntnissen ein tiefgründiges Verständnis des deutschen und spanischen Schul- und Bildungssystems und Fähigkeiten bei der Führung von Mitarbeitern.

Lediglich zwei Spanischlehrer (S und N) an Berliner Schulen, die beide nicht verbeamtet sind, bewerben sich auf die ausgeschriebene Stelle. Aus den Personalakten der beiden Bewerber ergibt sich, dass ihre pädagogischen und fachlichen Fähigkeiten weitestgehend gleich sind. Der Unterrichtsstoff, der neben der spanischen Sprache auch Kenntnisse der spanischen und lateinamerikanischen Kultur und Geschichte vermitteln soll, wurde von beiden Bewerbern zufriedenstellend abgearbeitet. Es liegen außerdem keinerlei Auffälligkeiten hinsichtlich des Umgangs mit Vorgesetzten, Kollegen und Schülern vor. Sowohl S als auch N haben ihr Lehramtstudium an der FU Berlin mit einem Masterabschluss absolviert. Die Spanierin S hat noch vor ihrem Lehramtstudium ein dreijähriges Bachelorstudium in den Fächern Personalmanagement und Kulturwissenschaften abgeschlossen. Im Rahmen dieses Studiums war sie sechs Wochen als Praktikantin im spanischen Bildungsministerium beschäftigt. Allerdings wurde bei ihr vor einigen Jahren die Krankheit Multiple Sklerose festgestellt. Derzeit ist S zwar beschwerde- und symptomfrei, aber aufgrund hinreichend fundierter statistischer Erkenntnisse sind betroffene Personen häufig vor Eintritt der gesetzlichen Altersgrenze dienstunfähig. Daher wird der sachkundige und unparteiische Amtsarzt A zur Untersuchung der S hinzugezogen. Er hält Rücksprache mit allen die S behandelnden (Fach-)Ärzten, nutzt deren Erkenntnisse und führt selbst ausführliche und ausschöpfende Untersuchungen durch. Daraufhin kommt er zu dem Ergebnis, der individuelle Krankheitsverlauf der S sei für Multiple Sklerose unüblich. Vorzeitige Dienstunfähigkeit und krankheitsbedingte erhebliche Ausfallzeiten können weder festgestellt noch ausgeschlossen werden. N wird vom Amtsarzt hingegen beste Gesundheit attestiert. Allerdings wurde bekannt, dass er vor mehreren Monaten auf dem Alexanderplatz Flugblätter der NPD mit der Aufschrift „D-Mark statt Euro-Pleite“ verteilt hat. Auf Nachfrage der Ernennungsbehörde teilte N mit, er sei bis vor kurzem mit einem aktiven Mitglied der NPD verlobt gewesen. Nur seiner Verlobten V zuliebe habe er an Flugblattaktionen teilgenommen. Mitglied der NPD sei er selbst nie gewesen. Außerdem habe er stets Kritik an den ausländer- und menschenfeindlichen Ansichten der V geübt, weshalb die Beziehung letztendlich gescheitert sei. Er habe nun keinen Anlass mehr, Flugblätter zu verteilen. Dennoch setze er sich nach wie vor mit den Ansichten der NPD auseinander und besitze hierzu rechtsextreme Schriften. Der Senat geht aufgrund der Aussagen des N davon aus, ihm fehle die Verfassungstreue nicht.

Nachdem die erforderliche Beteiligung aller anderen Stellen erfolgt ist, ernennt der Senat die S durch Aushändigung der formgerechten Ernennungsurkunde zur Beamtin. N wird weder hierüber noch über sein Unterliegen informiert, aber erfährt von einem ehemaligen Kollegen der S, dass diese die Schule verlassen hat, um die Stelle als Beamtin in der Senatsverwaltung anzutreten.

N ist empört und legt noch am selben Tag Widerspruch gegen die Ernennung der S bei der Senatsverwaltung ein. Er wendet ein, die Ernennung der S sei aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit nichtig. Jedenfalls sei sie aufgrund ihrer gesundheitlichen Probleme nicht zur Wahrnehmung des Amtes geeignet.

Der Senat nimmt sich der Sache an und zieht S zum Widerspruchsverfahren zu. S ist besorgt um ihre Ernennung und entscheidet sich daher, sich von einem Rechtsanwalt vertreten zu lassen, der über die Durchführung des Vorverfahrens verwundert ist. Der Senat lässt für S eine Ausnahme vom Erfordernis der deutschen Staatsangehörigkeit zu, da man auf ihre Qualifikationen, die sie im Rahmen des Bachelorstudiums und des Praktikums im spanischen Bildungsministerium erworben hat, angewiesen sei und es keinen deutschen Bewerber gebe, der den Stellenanforderungen entspreche. Daraufhin wird der Widerspruch des N als unbegründet zurückgewiesen. Der Bescheid, der eine ordnungsgemäße Rechtsbehelfsbelehrung enthält, wird N am 02.02.15 zugestellt.

N entscheidet sich, am 02.04.15 im Wege der Anfechtungsklage weiter gegen die Ernennung der S vorzugehen. Hat er damit Erfolg?


Zur zuletzt besuchten Textpassage | Zum Seitenanfang