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Unerwünschte Hilfe: Der Tote im Schaukelstuhl

Sebastian Sartorius, der Sohn des Carl Sartorius, konnte seinen Vater telefonisch nicht erreichen und machte sich große Sorgen. Denn der Vater war alt und litt an ersten Anzeichen einer Altersdemenz. Deshalb hatte er schon öfter glaubhaft die Absicht geäußert, wie Gunter Sachs seinem Leben selbst ein Ende setzen zu wollen, bevor er sich durch die Demenz immer mehr von seinem eigentlichen Wesen entferne. Dafür, so sagte Carl, habe er sogar schon Vorsorge getroffen. Sebastian begab sich deshalb zu der Wohnung Carls in Schöneberg. Nachdem Carl auf das lange und wiederholte Klingeln Sebastians nicht reagierte, versuchte Sebastian, die Tür mit seinem Schlüssel zu öffnen. Da sich aber in der Innenseite ein Schlüssel im Türschloss befand, konnte die Tür nicht geöffnet werden. Aus großer Besorgnis um Carl alarmierte Sebastian die Polizei. Aufgrund der Informationen Sebastians ging die Polizei davon aus, dass eine Gefahr für Leib und Leben Carls vorlag. Die Polizei öffnete daraufhin die Wohnungstür, die dabei irreparable Schäden erlitt. In der Wohnung fanden die Beamten Carl tot in seinem Schaukelstuhl sitzend. Er war an einem Schlaganfall am Tag zuvor verstorben. 

Der Wohnungsvermieter ließ eine neue Tür einbauen, die Kosten beliefen sich auf 1.000 Euro. Die Versicherung des Klägers erstattete dem Vermieter davon lediglich einen Betrag von 600,00 Euro. Den restlichen Betrag von 400,00 Euro zahlte die Senatsverwaltung für Finanzen an den Vermieter als Ausgleich für dessen Schaden.

Nach Anhörung Sebastians forderte die Senatsverwaltung für Finanzen durch Bescheid vom 21. Oktober 2012, der am selben Tag zur Post gegeben wurde, von diesem die Erstattung ihrer Aufwendungen i.H.v. 400,00 Euro.

Sebastian, der einzige Erbe Carls, hält diesen Bescheid für rechtswidrig und erhebt am 23. November 2012 Klage vor dem VG Berlin. Er bringt vor, dass weder er noch sein Vater für die von der Polizei eingeleiteten Maßnahmen verantwortlich seien. Außerdem habe gar keine Gefahr vorgelegen, da Carl bei Öffnen der Tür bereits einen Tag tot gewesen sei. Tatsächlich habe sich die Polizei also geirrt. Dies dürfe nicht dazu führen, dass er nun zahlen müsse. Ein Übergang etwaiger öffentlich-rechtlicher Pflichten – etwa die Pflicht, sich nicht selbst zu töten – sei darüber hinaus gar nicht möglich. Außerdem sei Carl ja schon tot gewesen, als eine etwaige Zahlungspflicht gegenüber dem Vermieter entstand.

Das Land Berlin bringt vor, dass Carl die Gefahr veranlasst und daher die Kosten zu erstatten habe. Daher treffe nun Sebastian die Zahlungspflicht, weil er als alleiniger Erbe Carls für dessen Verbindlichkeiten hafte. Die Zahlungspflicht sei auch nicht höchstpersönlich, sondern vielmehr vertretbar, so dass diese Pflicht auch übergangsfähig auf den Erben sei. Dass Carl Sartorius im Zeitpunkt des behördlichen Einschreitens bereits verstorben war, ändere nichts daran.

Wie wird das VG Berlin entscheiden?

Bearbeitervermerk: Die Entscheidung des VG Berlin ist gutachterlich vorzubereiten, alle im Sachverhalt aufgeworfenen Fragen sind dabei – ggf. auch hilfsgutachtlich – zu bearbeiten.


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© Heike Krieger (Freie Universität Berlin)

Bearbeitung für Hauptstadtfälle: Dominik Steiger
Stand der Bearbeitung: Mai 2014