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Demonstrationsverbot (Kurzlösung)

Der Antrag hat Erfolg, soweit er zulässig und begründet ist.

 

A. Zulässigkeit (+)

 

I. Eröffnung des Verwaltungsrechtsweges (+)

Der Verwaltungsrechtsweg ist gem. § 40 Abs. 1 S. 1 VwGO eröffnet.

 

II. Statthafte Antragsart (+)

Auslegung gem. §§ 88, 122 VwGO

(P) Abgrenzung § 123 Abs. 1 VwGO <-> § 80 Abs. 5 VwGO

B-Partei wendet sich gegen versammlungsrechtliche Auflagen = VA i.S.v. § 35 S. 1 VwVfG.

Diesen wurde gem. § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 VwGO für sofort vollziehbar erklärt.

Statthaft ist Wiederherstellungsverfahren nach § 80 Abs. 5 S. 1 Var. 2 VwGO.

 

III. Antragsbefugnis, § 42 Abs. 2 VwGO analog (+)

Möglich ist Verletzung von Art. 8 GG.

B-Partei kann sich gem. § 19 Abs. 3 GG auf diesen berufen.

 

IV. Beteiligten- und Prozessfähigkeit (+)

 

V. Rechtsschutzbedürfnis (+)

Vorherige Erhebung der Anfechtungsklage nicht erforderlich, § 80 Abs. 5 S. 2 VwGO.

(P) Widerspruch schon erhoben

(P) Keine offensichtliche Unzulässigkeit in der Hauptsache

(P) Kein vorheriger Aussetzungsantrag bei der Behörde gem. § 80 Abs. 4 VwGO erforderlich

 

VI. Zuständiges Gericht (+)

Gem. § 80 Abs. 5 S. 1 VwGO das Gericht der Hauptsache

 

VII. Form und Frist (+)

 

VIII. Ergebnis: Zulässigkeit (+)

 

B. Begründetheit

Der Antrag nach § 80 Abs. 5 S. 1 Var. 2 VwGO ist begründet, wenn entweder die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit formell rechtswidrig ist oder das Suspensivinteresse das Vollziehungsinteresse überwiegt.

 

I. Formelle Rechtmäßigkeit der Anordnung der sofortigen Vollziehung (+)

 

II. Abwägung

Suspensivinteresse gegen Aussetzungsinteresse

Richtet sich nach Erfolgsaussichten in der Hauptsache.

1. Zeitliche Verlegung

a) Rechtsgrundlage

§ 15 Abs. 1 VersG

 

(1) Vorliegen einer Versammlung

Def.: Personenvereinigung von mindestens zwei Personen, die sich innerlich durch eine gemeinsame Zweckverfolgung verbunden hat. Hier: (+)

 (P): Friedlich

Zu verneinen bei konkreten Hinweisen, die auf einen unfriedlichen Verlauf hindeuten.

Hier: Allgemeine Erfahrungssätze der Behörde, dass es zu Ausschreitungen kommen könnte. Dies reicht nicht aus.

 

(2) Rechtsgut: Öffentliche Sicherheit (-)

Gefahr für Individualrechtsgüter durch gewaltbereite Versammlungsgegner? Die Erwartung von gewaltbereiten Gegnern beruht nur auf Erfahrungssätzen der Behörde, keine hinreichenden Wahrscheinlichkeit in diesem konkreten Einzelfall.

Maßnahmen gegen die Versammlung der B-Partei als Notstandsstörer sind nicht möglich. Ggf. müssen Polizeikräfte anderer Länder angefordert werden.

 

(3) Rechtsgut: Öffentliche Ordnung (+)

Def.: Gesamtheit der ungeschriebenen Regeln für das Verhalten des Einzelnen in der Öffentlichkeit, deren Beachtung nach herrschender Auffassung eine unerlässliche Voraussetzung eines geordneten Zusammenlebens ist.

Thema der Versammlung: Abschaffung von § 130 StGB. Gefährdung der öffentlichen Ordnung, wenn rechtsextremistische Vereinigung in zeitlicher Nähe zu einem wichtigen Gedenktag wie dem Holocaust-Gedenktag (27. Januar) stattfindet.

Gefahr besteht auch „bei Durchführung der Versammlung“ (§ 15 Abs. 1 VersG).

 

b) Rechtsfolge

§ 15 Abs. 1 VersG: Ermessen bezüglich Verbot oder Auflage

(P1): Ermessensüberschreitung durch zeitliche Verlegung (+)

Die Abgrenzung zwischen Verbot und Auflage orientiert sich am Veranstaltungszweck. Hier: hohe Bedeutung des Datums, zeitliche Verlegung ist daher ein Verbot.

Die öffentliche Ordnung rechtfertigt grundsätzlich kein Verbot.

(P2): Schutz vor gewaltbereiten Versammlungsgegnern

Schutzpflicht des Staates

Milderes Mittel: Anforderungen von Einsatzkräften aus anderen Ländern

Zeitliche Verlegung ist rechtswidrig.

 

2. Örtliche Verlegung

 

a) Rechtsgrundlage: § 15 Abs. 2 Satz 1 und 2 VersG

 

b) Voraussetzungen

Das Mahnmal ist gemäß § 15 Abs. 2 Satz 2 VersG ein Ort im Sinne von § 15 Abs. 1 Nr. 1 VersG. Auch die Voraussetzung von § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VersG ist erfüllt.

 

c) Rechtsfolge

§ 15 Abs. 2 VersG eröffnet Ermessen. Ermessensfehler sind nicht ersichtlich. Die Verlegung ist rechtmäßig.

 

3. Verbot schwarzer Kleidung

 

a) Rechtsgrundlage: § 3 Abs. 1 VersG

 

b) Voraussetzung

Uniform oder gleichartige Kleidungsstücke

Enge Auslegung im Lichte von Art. 8 GG. Das Uniformverbot soll verhindern, dass durch die Kleidung eine Gewaltbereitschaft signalisiert wird.

Hier: Schwarze Kleidung allein trägt keine Gewaltbereitschaft zur Schau.

Voraussetzungen der EGL sind nicht erfüllt.

Das Verbot ist rechtswidrig.

 

C. Ergebnis

Der Antrag ist nur teilweise begründet.

 

Variante

 

VB hat Aussicht auf Erfolg, wenn sie zulässig und begründet ist.

 

A. Zulässigkeit (+)

 

I. Zuständigkeit des BVerfG (Art. 93 Abs. 1 Nr. 4 a GG, §§ 13 Nr. 8a, 90ff. BVerfGG) (+)

 

II. Beteiligtenfähigkeit (Art. 93 Abs. 1 Nr. 4 a GG, § 90 Abs. 1 BVerfGG: „jedermann“) (+)

Partei = „jedermann“ im Sinne von Art. 93 Abs. 1 Nr. 4 a GG, sofern die Grundrechte ihrem Wesen nach anwendbar sind.

(P) Beteiligtenfähigkeit von politischen Parteien

i.d.R. nicht eingetragene Vereine mit Rechten und Pflichten aus §§ 54, 705ff. BGB, daher: juristische Person im Sinne von Art. 19 Abs. 3 GG (+)

Die Versammlungsfreiheit ist ihrem Wesen nach anwendbar.

 

III. Prozessfähigkeit (+)

§ 3 ParteienG

 

IV. Beschwerdegegenstand (Art. 93 Abs. 1 Nr. 4 a GG, § 90 Abs. 1 BVerfGG: „Akt der öffentlichen Gewalt“)(+)

Hier: Akt der rechtsprechenden Gewalt

 

V. Beschwerdebefugnis (Art. 93 Abs. 1 Nr. 4 a GG, § 90 Abs. 1 BVerfGG: „Behauptung, in einem seiner Grundrechte verletzt zu sein“) (+)

Möglichkeit der Verletzung von Art. 8 GG

Die B-Partei ist selbst, gegenwärtig und unmittelbar betroffen.

 

VI. Rechtswegerschöpfung (§ 90 Abs. 2 S. 1 BVerfGG) und „Subsidiarität“ der Verfassungsbeschwerde (+)

(P): Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde

BVerfG hält Verfassungsbeschwerden gegen Entscheidungen im einstweiligen Rechtsschutz regelmäßig für unzulässig Der Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde steht nicht entgegen bei schweren und unzumutbaren Nachteilen für die B-Partei. Hier (+), Partei könnte die Versammlung sonst nicht am 27. Januar durchführen. Besondere Bedeutung und Zeitgebundenheit von Art. 8 GG!

 

VII. Frist (§ 93 Abs. 1 BVerfGG)/Form (§ 23 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG) (+)

 

VIII. Ergebnis: Zulässigkeit (+)

 

B. Begründetheit

Verfassungsbeschwerde ist begründet, wenn die B-Partei tatsächlich in ihrem Grundrecht aus Art. 8 GG verletzt ist.

 

I. Schutzbereich von Art. 8 Abs. 1 GG (+)

 

1. Sachlich (+)

 

a) Vorliegen einer Versammlung (+)

Def.: Personenvereinigung von mindestens zwei Personen, die sich innerlich durch eine gemeinsame Zweckverfolgung verbunden hat. Hier: (+)

 

b) Friedlich und ohne Waffen

(P): Friedlich

Zu verneinen bei konkreten Hinweisen, die auf einen unfriedlichen Verlauf hindeuten.

Hier: Allgemeine Erfahrungssätze der Behörde, dass es zu Ausschreitungen kommen könnte. Dies reicht nicht aus.

 

2. Persönlich (+)

 

II. Eingriff (+)

 

III. Rechtfertigung

 

1. Verfassungsmäßigkeit des Einschränkungsgesetzes

Art. 8 Abs. 2 GG: Einschränkung durch oder auf Grund eines Gesetzes

 

a) § 15 Abs. 1 VersG bezüglich zeitlicher Verlegung und Kleideranordnung

§ 15 Abs. 1 VersG ist formell und materiell rechtmäßig. Die Gesetzgebungskompetenz folgt aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 3 GG a.F. i.V.m. Art. 125a Abs. 1 Satz 1 GG.

 

b) § 15 Abs. 2 Satz 1 und 2 VersG bezüglich der örtlichen Verlegung und Meidung des Holocaust-Mahnmals

(P): Verfassungsmäßigkeit von § 15 Abs. 2 Satz 1 und 2 VersG

 

aa) Formelle Rechtmäßigkeit

Gesetzgebungskompetenz gem. Art. 74 Abs. 1 Nr. 3 GG a.F. i.V.m. Art. 125a Abs. 1 Satz 1 GG

 

bb) Materielle Rechtmäßigkeit

 

(1) Art. 19 Abs. 1 Satz 1 GG

(P): Einzelfallgesetz

(-), das Gesetz erfasst einen Ort, aber eine Vielzahl von Fällen.

 

(2) Verhältnismäßigkeit (+)

 

c) § 3 Abs. 1 VersG bezüglich Uniformverbot.

§ 3 Abs. 1 VersG ist formell und materiell rechtmäßig.

 

2. Verfassungskonforme Anwendung des Gesetzes

Prüfungsmaßstab: BVerfG ist keine Superrevisionsinstanz.

Fachgerichte dürfen überragende Bedeutung des Art. 8 GG nicht verkannt haben.

 

a) Zeitliche Verlegung

Abwägung der drohenden Gefahren mit Art. 8 GG 

Thema der Versammlung: Abschaffung von § 130 StGB. Gefährdung der öffentlichen Ordnung, wenn rechtsextremistische Vereinigung in zeitlicher Nähe zu einem wichtigen Gedenktag wie dem Holocaust-Gedenktag (27. Januar) stattfindet.

Art. 8 GG verlangt grundsätzliches Absehen von vollständigem Verbot.

Die Abgrenzung zwischen Verbot und Auflage orientiert sich am Veranstaltungszweck. Hier: hohe Bedeutung des Datums, zeitliche Verlegung ist daher ein Verbot.

Die öffentliche Ordnung allein rechtfertigt grundsätzlich kein Verbot.

Schutz vor gewaltbereiten Versammlungsgegnern

Schutzpflicht des Staates

Jedoch milderes Mittel: Anforderungen von Einsatzkräften aus anderen Ländern

Zeitliche Verlegung ist nicht verfassungskonform.

 

b) Örtliche Verlegung

Art. 8 GG schützt auch den Versammlungsort.

Vorliegend jedoch nur geringe Einschränkung durch örtliche Verlegung.

Örtliche Verlegung ist verfassungskonform.

 

c) Verbot schwarzer Kleidung

Enge Auslegung der Rechtsgrundlage im Lichte des Art. 8 GG. Das Uniformverbot soll verhindern, dass durch die Kleidung eine Gewaltbereitschaft signalisiert wird.

Hier: Schwarze Kleidung allein trägt keine Gewaltbereitschaft zur Schau.

Bedeutung des Art. 8 GG wurde durch Fachgerichte daher nicht hinreichend beachtet. Erforderlich wären weitere Feststellungen.

Das Verbot ist verfassungswidrig.

 

C. Ergebnis

Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig, aber nur hinsichtlich der zeitlichen Verlegung und des Verbots schwarzer Kleidung begründet.

 

Fragen und Anregungen zur Lösung? info@hauptstadtfaelle.de

 

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