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Lösungsvorschlag

Die Klage des Mesut (M) hat Erfolg, wenn sie zulässig und begründet ist.

 

A. Zulässigkeit

 

I. Verwaltungsrechtsweg

Der Verwaltungsrechtsweg müsste eröffnet sein, § 40 I 1 VwGO. Gegenstand des Verfahrens sind Rechte und Pflichten aus dem öffentlich-rechtlichen Schulrechtsverhältnis, vgl. § 46 I SchulG. Zudem steht die Befugnis des Beklagten im Raum, Gebete des M gem. § 46 II 3 SchulG zu untersagen, eine Norm, die einseitig einen Träger hoheitlicher Gewalt dazu berechtigt (Sonderrechtstheorie), ein Verhältnis der Über-Unterordnung zu regeln (Subordinationstheorie). Es ist keine auf –oder abdrängende Sonderzuweisung ersichtlich. Der Verwaltungsrechtsweg ist eröffnet.

 

II. Statthafte Klageart

Mbeantragt „festzustellen, dass er berechtigt ist, während des Besuchs des Jochen-Löwe-Gymnasiums außerhalb der Unterrichtszeit einmal täglich sein rituelles islamisches Gebet zu verrichten“. Statthafte Klageart könnte die allgemeine Feststellungsklage gem. § 43 I VwGO sein.

 

1. Feststellungsfähiges Rechtsverhältnis

Es müsste gem. § 43 I VwGO ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis vorliegen und M ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung haben.

 

a. Ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis liegt bei jeder rechtlichen Beziehung vor, die sich aus einem konkreten Sachverhalt aufgrund einer Rechtsnorm des öffentlichen Rechts für das Verhältnis mehrerer Personen untereinander oder für das Verhältnis zwischen einer Person und einer Sache ergibt[1].

Vorliegend ist fraglich, ob M i.R.d. Schulrechtsverhältnisses, § 46 I SchulG, zum rituellen Gebet außerhalb der Unterrichtszeit berechtigt ist.

Ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis liegt damit vor.

 

b. Als berechtigtes Interesse gilt jedes als schutzwürdig anzuerkennende Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder auch ideeller Art[2]. Ein berechtigtes Interesse an baldiger Feststellung liegt insbesondere vor, wenn die Rechtslage unklar ist, die zuständige Behörde insoweit anderer Auffassung als der Kläger ist und der Kläger sein künftiges Verhalten an der Feststellung orientieren will oder er Grund zur Besorgnis der Gefährdung seiner Rechte hat[3].

Hier sind sich die Schulleitung und M über das Gebetsrecht nicht einig. Zudem will M auch in Zukunft beten und es kann ihm nicht zugemutet werden, Sanktionen der Schulleitung abzuwarten.

M hat daher ein berechtigtes Interesse an baldiger Feststellung.

Die Voraussetzungen des § 43 I VwGO liegen vor.

 

2. Subsidiarität

Die Feststellungsklage dürfte nicht subsidiär sein, § 43 II VwGO.

Eine Verpflichtungsklage gem. § 42 I Alt. 2 VwGO kommt nicht in Betracht, da M sein Verhalten nicht für erlaubnispflichtig hält.

Auch eine Anfechtungsklage gem. § 42 I Alt. 1 VwGO scheidet aus, da Hinweise auf die Rechtslage mangels Regelungscharakter kein Verwaltungsakt i.S.v. § 35 S.1 VwVfG sind.

Fraglich ist, ob M nicht vorrangig eine allgemeine Leistungsklage, vgl. § 43 II 1 Alt. 2 VwGO, auf Verpflichtung zur Duldung des Gebets erheben müsste. Dies wäre dann der Fall, wenn M mit einer solchen Klage ein effektiverer Weg zur Verfügung stünde, seine Rechte geltend zu machen. Dabei ist allerdings zu beachten, dass die mit der allgemeinen Leistungsklage begehrte Handlung (Tun oder Unterlassen) nach Zeit, Art und Ort ausreichend konkretisiert sein muss, damit ein stattgebendes Urteil vollstreckungsfähig ist. Zudem müsste in Fällen, in denen um die Erlaubnispflichtigkeit einer Handlung des Bürgers gestritten wird, regelmäßig eine allgemeine Leistungsklage auf Duldung der Handlung erhoben werden, obgleich dies ein typischer Anwendungsfall der allgemeinen Feststellungsklage ist. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass der Tenor der Feststellungsklage insoweit weiter reicht, als die Duldungspflicht nicht auf konkrete Fälle beschränkt ist. Im Fall der allgemeinen Leistungsklage müsste M dagegen ggf. erneut Klage erheben. Somit ist die allgemeine Leistungsklage hier nicht vorrangig.

 

Subsidiarität liegt nicht vor. Die allgemeine Feststellungsklage des M ist statthaft[4].

 

III. Klagebefugnis, § 42 II VwGO analog

Umstritten ist, ob bei der allgemeinen Feststellungsklage die Klagebefugnis zu prüfen ist. § 42 II VwGO gilt direkt zwar nur für die Anfechtungs –und Verpflichtungsklage, in Betracht kommt aber eine analoge Anwendung. Diese wird teilweise verneint, da es aufgrund der Sonderregelung des § 43 II VwGO an einer unbewussten Regelungslücke fehle[5]. Nach der Gegenauffassung ist eine Analogie geboten, da der Gesetzgeber auch für den Bereich der allgemeinen Feststellungsklage Popularklagen habe ausschließen wollen[6]. M wäre hier klagebefugt, da eine subjektiver Anspruch des M zu beten aus § 46 I SchulG i.V.m. Art. 4 I, II GG möglich ist bzw. ein behördliches Einschreiten dagegen möglicherweise dieses subjektive Recht verletzen würde. Eine Streitentscheidung erübrigt sich daher.

 

IV. Zuständigkeit

Die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts (vgl. §§ 45, 52 VwGO) ist laut Sachverhalt gegeben.

 

V. Passive Prozessführungsbefugnis

Passiv prozessführungsbefugt ist gem. § 78 I Nr. 1 VwGO das Land Berlin als Rechtsträger des Jochen-Löwe-Gymnasiums.

 

VI. Beteiligtenfähigkeit

M ist gem. § 61 Nr. 1 Alt. 1 VwGO beteiligtenfähig, das Land Berlin gem. § 61 Nr. 1 Alt. 2 VwGO.

 

VII. Prozessfähigkeit

Hinsichtlich der Prozessfähigkeit ist zu beachten, dass M minderjährig ist und sein Grundrecht aus Art. 4 I, II GG geltend macht. In diesem Fall ergibt sich aus § 62 I Nr. 2 VwGO i.V.m. § 5 S. 1 KErzG i.V.m. Art. 4 I, II GG, dass M für das vorliegende Verfahren, welches das religiöse Bekenntnis des M betrifft, prozessfähig ist.

Das Land Berlin ist gem. § 62 III VwGO prozessfähig.

 

VIII. Ordnungsgemäße Klageerhebung, §§ 81 ff VwGO

Von einer ordnungsgemäßen Klageerhebung gem. §§ 81 ff. VwGO ist auszugehen.

 

IX. Weitere Voraussetzungen

Bei der allgemeinen Feststellungsklage sind grundsätzlich weder ein Widerspruchsverfahren durchzuführen noch eine Klagefrist einzuhalten. Für einen Ausnahmefall liegen keine Anhaltspunkte vor[7].

 

X. Ergebnis zu A.

Die Klage ist zulässig[8].

 

B. Begründetheit

 

Die Klage ist begründet, wenn der Kläger berechtigt ist, während des Besuchs des Jochen-Löwe-Gymnasiums außerhalb der Unterrichtszeit einmal täglich sein rituelles islamisches Gebet zu verrichten. Der Anspruch besteht, wenn das Beten in der Schule in den Schutzbereich eines Grundrechts fällt und der Beklagte nicht berechtigt ist, dem Kläger dieses Gebet zu untersagen.

 

I. Anspruch aus § 46 I SchulG i.V.m. Art. 4 I, II GG

Eine Berechtigung des M könnte sich aus dem in § 46 I SchulG normierten Schulrechtsverhältnis i.V.m. Art. 4 I, II GG ergeben, da die Wertentscheidungen des Grundgesetzes  bei der Auslegung des einfachen Rechts, hier also bei der Bestimmung der Rechte und Pflichten aus dem Schulrechtsverhältnis, zu berücksichtigen sind.

Aufbauhinweis: Da hier eine Anfechtungsklage mangels Verwaltungsaktes nicht in Betracht kommt und § 46 II 3 SchulG als Eingriffsnorm keinen subjektiven Anspruch im Sinne des Klagebegehrens des M vermitteln kann, ist es eher fernliegend, direkt auf § 46 II 3 SchulG abzustellen. Überzeugender ist es, auf § 46 I SchulG i.V.m. Art. 4 I, II GG abzustellen. Ein festes Prüfungsschema gibt es im vorliegenden Fall nicht, insofern kommt es darauf an, die eigenen Ausführungen in eine übersichtliche und nachvollziehbare Struktur zu fassen. Es bietet sich an, gedanklich eine Zwei- bzw. Dreiteilung vorzunehmen. Damit der geltend gemachte Anspruch besteht, muss zunächst das Beten in den Schutzbereich des Art. 4 I, II GG fallen (1. Schritt). Sofern die anschließende Güterabwägung ergibt, dass ein möglicher Eingriff nicht gerechtfertigt ist (2. Schritt), ist die Klage begründet. Selbst wenn die Abwägung im eigentlichen Sinne zulasten des M ausgeht, wäre ein Eingriff aber dennoch unverhältnismäßig und damit verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt, wenn die dafür erforderliche Rechtsgrundlage nicht bestimmt genug ist (3. Schritt). Für die Prüfung der Erfolgsaussichten der Klage ist dabei ohne Bedeutung, dass der Gesetzgeber in Zukunft eine entsprechende, dem Bestimmtheitsgebot genügende Norm erlassen kann und damit ein Eingriff wiederum gerechtfertigt wäre. Denn für die Begründetheit der Feststellungsklage kann es nicht auf möglicherweise in Zukunft erfolgende Gesetzesänderungen ankommen.

 

1. Schutzbereich des Art. 4 I, II GG

 

a. Persönlicher Schutzbereich

Der persönliche Schutzbereich müsste eröffnet sein. Grundrechtsträger des Art. 4 I, II GG ist mangels Einschränkung „jedermann“, also alle natürlichen Personen, unabhängig von Alter und Fähigkeiten, mithin auch Minderjährige. Dies gilt auch für Schülerinnen und Schüler, die sog. Lehre vom besonderen Gewaltverhältnis ist mit dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 III GG) unvereinbar. Soweit darauf abgestellt wird, das sog. Grundverhältnis (die persönliche Rechtsstellung) und nicht nur das sog. Betriebsverhältnis (v.a. Organisationsmaßnahmen) müsse in Frage stehen, liegt diese Voraussetzung vor, da gerade Streit darüber besteht, wie weit die persönliche Rechtsstellung des M unter Berücksichtigung seines Grundrechts aus Art. 4 I, II GG im Schulrechtsverhältnis reicht[9].

Der persönliche Schutzbereich ist eröffnet.

 

b. sachlicher Schutzbereich

Der sachliche Schutzbereich müsste eröffnet sein. Art. 4 I GG schützt die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses, sog. forum internum. Art. 4 II GG schützt die Religionsausübung, also das Recht des Einzelnen, sein gesamtes Verhalten an den Lehren seines Glaubens auszurichten und seiner inneren Glaubensüberzeugung gemäß zu handeln[10], sog. forum externum. Die ersten beiden Absätze des Art. 4 GG sind Ausdruck eines einheitlichen Grundrechts der Religionsfreiheit[11]. Über das stille Gebet hinaus fällt das rituelle Gebet, auch in der Schule, in den Schutzbereich des Art. 4 I, II GG, soweit es verbindlich ist. Was verbindlich ist, beurteilt sich grundsätzlich nach subjektiven Maßstäben, also nach dem Selbstverständnis des jeweiligen Grundrechtsträgers[12]. Wer sich darauf beruft, muss diese Verbindlichkeit allerdings substantiiert und nachvollziehbar darlegen[13]. Zudem ist das Selbstverständnis der jeweiligen Religionsgemeinschaft zu berücksichtigen. Das geltend gemachte Verhalten muss sich hinreichend plausibel der jeweiligen Religionsgemeinschaft zuordnen lassen[14].

Laut Bearbeitervermerk kann M plausibel und nachvollziehbar darlegen, dass er die Verrichtung des islamischen rituellen Mittagsgebets tatsächlich als für sich verbindlich und nicht nachholbar betrachtet. Auch entspricht diese Überzeugung einer traditionellen Richtung innerhalb der islamischen Glaubensgemeinschaft. Unbeachtlich ist, dass sich das Gebet möglicherweise nach einer moderneren Auffassung unter bestimmten Voraussetzungen nachholen lässt[15].

Der sachliche Schutzbereich ist eröffnet.

 

2. Rechtmäßigkeit einer möglichen Untersagung durch den Beklagten

 

a. kein Schrankenvorbehalt

In Art. 4 I, II GG findet sich keine Schrankenbestimmung. Eine Schrankenübertragung (vgl. die Schrankenbestimmungen in Art. 2 I GG, Art. 5 II GG oder Art. 136 I WRV i.V.m. Art. 140 GG) ist aufgrund des verfassungssystematischen Prinzips der Schrankenspezialität ausgeschlossen[16].

 

b. Verfassungsimmanente Schranken

Zu berücksichtigen sind allerdings als verfassungsimmanente Schranken die Grundrechte Dritter sowie Gemeinschaftswerte von Verfassungsrang, wobei alle betroffenen Rechtspositionen möglichst schonend zum Ausgleich zu bringen sind, sog. Prinzip der praktischen Konkordanz[17]. In Betracht kommen hier als Grundrechte Dritter die negative Religionsfreiheit der Lehrkräfte sowie der anderen Schüler und das damit verbundene elterliche Erziehungsrecht in religiösen Fragen aus Art. 6 II 1 GG i.V.m. Art. 4 I, II GG. Zu beachten sind darüber hinaus als Gemeinschaftswerte von Verfassungsrang die staatliche Neutralitätspflicht, der staatliche Bildungs –und Erziehungsauftrag aus Art. 7 I GG sowie der Schulfriede als Ausfluss des staatlichen Bildungs –und Erziehungsauftrags.

 

aa. Negative Religionsfreiheit und elterliches Erziehungsrecht

Die negative Religionsfreiheit aus Art. 4 I, II GG schützt davor, eine andere Glaubensauffassung aufgedrängt zu bekommen oder an damit verbundenen kultischen Handlungen teilnehmen zu müssen[18]. Nicht verlangt werden kann, mit anderen Glaubensauffassungen überhaupt nicht in Berührung zu kommen. Dies gilt gerade auch im schulischen Bereich, vgl. § 3 III Nr. 3 SchulG.

Ebenfalls betroffen ist das Erziehungsrecht jedenfalls der Eltern derjenigen Schüler, die das vierzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Mit Vollendung des 14. Lebensjahres ist die Personensorge der Erziehungsberechtigten nicht ausgeschlossen, aber auf eine Wahrnehmung im Einklang mit dem Willen des Kindes beschränkt[19].  Art. 6 II 1 GG i.V.m. Art. 4 I, II GG umfasst die religiöse und weltanschauliche Erziehung[20].  Daher ist es zuvörderst Sache der Eltern, ihren Kindern diejenigen Überzeugungen in Glaubens- und Weltanschauungsfragen zu vermitteln, die sie für richtig halten. Dem entspricht das Recht, die Kinder von Glaubensüberzeugungen fernzuhalten, die den Eltern als falsch oder schädlich erscheinen[21].

 

bb. Neutralitätspflicht des Staates

Die Neutralitätspflicht verbietet es dem Staat, für oder gegen eine bestimmte Glaubensrichtung, ggf. auch konkludent, Stellung zu nehmen[22] oder gar zur Teilnahme an religiös geprägten Veranstaltungen zu verpflichten[23]. Daraus folgt aber nicht, dass Schulen als religionsfreie Räume auszugestalten sind. Die dem Staat gebotene religiös-weltanschauliche Neutralität ist nicht als eine distanzierende im Sinne einer strikten Trennung von Staat und Kirche, sondern als eine offene und übergreifende, die Glaubensfreiheit für alle Bekenntnisse gleichermaßen fördernde Haltung zu verstehen[24]. So ist gem. Art. 7 III GG Religionsunterricht an öffentlichen Schulen ordentliches Lehrfach, laut Bearbeitervermerk auch am D-Gymnasium. Auch gegen ein freiwilliges überkonfessionelles Schulgebet bestehen beispielsweise grundsätzlich keine verfassungsrechtlichen Bedenken[25]. Der Staat darf es aber nicht zulassen, dass Dritte das Schulverhältnis für entsprechende Missionierungsversuche nutzen, da sich die Schüler wegen der Schulpflicht diesen Versuchen nicht entziehen können[26].

 

cc. Staatlicher Bildungs- und Erziehungsauftrag, Art. 7 I GG

Aus dem in Art. 7 I GG verbürgten staatlichen Bestimmungsrecht über das Schulwesen folgt ein eigener Bildungs- und Erziehungsauftrag des Staates[27]. Der Staat ist dabei nicht auf die Wissensvermittlung beschränkt, sondern kann bis zu einem bestimmten Grad eigene Erziehungsziele verfolgen, wie etwa die Erziehung der Schülerinnen und Schüler zu einem eigenverantwortlichen Mitglied der Gesellschaft. Der staatliche Bildungs- und Erziehungsauftrag begründet eine eigenständige schulische Bildungs- und Erziehungsverantwortung des Staates[28].

 

c. Abwägung

Bei der Suche nach einem schonenden Ausgleich der betroffenen Grundrechteund Verfassungsgüter ist zu berücksichtigen, dass die Schule ein Ort ist, an dem unterschiedliche religiöse Auffassungen unausweichlich aufeinandertreffen und sich dieses Nebeneinander in besonders empfindlicher Weise auswirkt[29]. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich minderjährige Schüler in einem geistig-moralischen Entwicklungsprozess befinden und ihre Persönlichkeitsentwicklung noch nicht abgeschlossen ist. Dies bedingt einerseits eine erhöhte Empfänglichkeit gegenüber religiösen Einflüssen, insbesondere wenn diese von Gleichaltrigen ausgehen. Andererseits ist bei noch in der Entwicklung befindlichen jungen Menschen die Fähigkeit und Bereitschaft, der Ausübung religiöser Riten mit der nötigen Achtung und Toleranz zu begegnen, aller Erfahrung nach oftmals nicht hinreichend ausgeprägt[30].

Eine Beeinträchtigung des staatlichen Bildungs –und Erziehungsauftrags aus Art. 7 I GG ist vorliegend zwar nicht direkt im Hinblick auf den Schulunterricht gegeben. M möchte nur in den Pausen beten, insofern liegt der Fall anders als bei einer Befreiung vom Schulunterricht aus religiösen Gründen. Der staatliche Bildungs- und Erziehungsauftrag ist aber mittelbar betroffen, weil der Schulfriede konkret in Gefahr ist. So gab es am Jochen-Löwe-Gymnasium in der Vergangenheit schwere religionsmotivierte Auseinandersetzungen, wie beispielsweise Mobbing, Beleidigungen, Bedrohungen und sexistische Diskriminierungen. Störungen durch Dritte rechtfertigen grundsätzlich zwar keine Einschränkung der Religionsfreiheit. Aus Art. 4 I, II GG folgt im Gegenteil eine Pflicht des Staates, die Ausübung der Religionsfreiheit gegen Beeinträchtigungen durch Dritte zu schützen. Dabei ist es Sache des Gesetzgebers, ein Schutzkonzept aufzustellen und normativ umzusetzen, wobei ihm ein weiter Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsspielraum zukommt. Die Verletzung einer solchen Schutzpflicht ist nur festzustellen, wenn Schutzvorkehrungen entweder überhaupt nicht getroffen sind, wenn die getroffenen Regelungen und Maßnahmen offensichtlich ungeeignet oder völlig unzulänglich sind, das gebotene Schutzziel zu erreichen, oder wenn sie erheblich hinter dem Schutzziel zurückbleiben[31].

Wie sich aus § 3 I SchulG ergibt, verfolgt der Gesetzgeber das Ziel, Schülerinnen und Schülern Kenntnisse, Fähigkeiten, Fertigkeiten und Werthaltungen zu vermitteln und sie damit zu eigenverantwortlichen Persönlichkeiten zu erziehen. Ziel der schulischen Bildung und Erziehung ist insbesondere gem. § 3 III Nr. 1 SchulG ein respektvoller Umgang mit den Mitmenschen sowie gem. § 3 III Nr. 3 SchulG, andere Religionen und Weltanschauungen kennenzulernen, sie zu verstehen und zu tolerieren.  Der Gesetzgeber hat sich damit primär für pädagogische Mittel entschieden, um Konflikte, insbesondere auch soweit sie religiös motiviert sind, zu lösen. Das gesetzgeberische Konzept ist darauf aber nicht beschränkt. Wie in  § 46 II 3 SchulG zum Ausdruck kommt, sieht der Gesetzgeber vor, dass solchen Beeinträchtigungen, die den Schulfrieden gefährden, auch durch entsprechende notwendige Anordnungen begegnet werden kann. Bei der dabei zu treffenden Prognoseentscheidung steht den Behörden ein Einschätzungsspielraum zu, der gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar ist.

Die Schulleitung des Jochen-Löwe-Gymnasiums hatte hier zunächst erfolglos versucht, die schweren Auseinandersetzungen auf pädagogischem Wege, nämlich in Gesprächen mit den betroffenen Schülern zu lösen. Sie hat zudem ohne Erfolg versucht, mittels eines gemeinsamen Gebetsraumes Verständnis für andere Glaubensauffassungen zu fördern und damit die gesetzgeberische Vorgabe einer pädagogisch-ausgleichenden Herangehensweise umzusetzen. Bei der Frage, welches Maß an Förderung erforderlich ist, sind die räumlich-personellen Kapazitäten der Schule zu berücksichtigen. Diese erlauben  hier nicht die Zurverfügungstellung weiterer Gebetsräume, um aus Gleichbehandlungsgründen ggf. jeder am Jochen-Löwe-Gymnasium vertretenen Religion eine Zusammenkunft zu ermöglichen. Ließe man den Kläger das rituelle Gebet aber offen im Gang verrichten, so wäre damit eine erhebliche Beeinträchtigung der negativen Religionsfreiheit vor allem der Mitschüler verbunden, weil diese keine Ausweichmöglichkeit hätten und sich muslimische Mitschüler ggf. sogar genötigt fühlen würden, am Gebet teilzunehmen. Die Konfrontationswahrscheinlichkeit würde dadurch angesichts der Anzahl der in der Schülerschaft am Jochen-Löwe-Gymnasium vertretenen Glaubensauffassungen und der  in der Vergangenheit aufgetretenen Störungen erhöht. Eine solche Situation ließe sich auch nicht mehr als neutrale Förderung staatlicherseits einordnen, sondern als staatliche Bevorteilung einer bestimmten Glaubensrichtung. Die Ausübung des rituellen Gebets ist damit notwendigerweise mit einer sachlich-personellen Leistung (der Zurverfügungstellung eines Raumes samt Aufsicht) der Schule verbunden. Dem steht aber entgegen, dass Art. 4 I, II GG dem Einzelnen und den religiösen Gemeinschaften grundsätzlich keinen Anspruch darauf gibt, ihrer Glaubensüberzeugung mit staatlicher Unterstützung Ausdruck zu verleihen[32].

Zudem ist zu berücksichtigen, dass es dem M unbenommen bleibt, ein stilles Gebet zu verrichten, insoweit also auch die Intensität einer möglichen Untersagung begrenzt ist. 

 

Nach alledem fällt die Abwägung zwischen den betroffenen Verfassungsgütern hier zulasten des M aus.

 A.A. bei guter Argumentation vertretbar.

 

d. Bestimmtheitsgrundsatz

Fraglich ist, ob § 46 II 3 SchulG bestimmt genug ist.

Sachverhaltshinweis: Die Bestimmheitsproblematik war im Sachverhalt in der Äußerung Mesuts angedeutet, aus dem SchulG ergebe sich nicht, dass ihm die Schule das Beten verbieten dürfe.

Aufbauhinweis: Es wäre vertretbar, die Bestimmtheitsproblematik vornweg bei der Rechtsgrundlage und vor der eigentlichen Abwägung zu prüfen. Dabei wären dann aber Teile der Angemessenheitsprüfung vorzuziehen und inzident zu prüfen.  Denn nach der Wesentlichkeitstheorie hängt die Beantwortung der Frage, wie bestimmt eine Norm sein muss, von den Umständen des Einzelfalls ab, also u.a. von der Regelungsmaterie, den betroffenen Rechtsgütern sowie der Art und Intensität möglicher Eingriffe. Aus diesem Grund bietet es sich im vorliegenden Fall an, die Bestimmtheitsprüfung nachzuschieben.

 

Nach dem Grundsatz vom Vorbehalt des Gesetzes, Art. 20 III GG, bedürfen Grundrechtseingriffe einer gesetzlichen Grundlage. Dies gilt auch und gerade bei Grundrechten ohne Schrankenbestimmung. Die gesetzliche Grundlage muss bestimmt genug sein, wobei der parlamentarische Gesetzgeber alle für die Grundrechtsausübung wesentlichen Fragen regeln muss. Was für die Grundrechtsausübung wesentlich ist, lässt sich nicht pauschal beantworten, sondern hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Der Gesetzgeber darf bei verfassungsimmanenten Schranken die Auflösung der Grundrechtskollision nicht gänzlich der Verwaltung überlassen, sondern muss „Leitlinien“ vorgeben. Dabei ist im Schulbereich aber auch zu beachten, dass die Bewertung von Konflikten regelmäßig eine pädagogische Erfahrung und Einschätzung erfordert. Die schulrechtlichen Bestimmungen müssen daher auf der einen Seite eine hinreichende Steuerungskraft entfalten, um einen angemessenen Schutz der Grundrechte sicherzustellen, während sie auf der anderen Seite nicht so detailliert gefasst sein dürfen, dass sie die Umsetzung allgemeiner, sich fortentwickelnder Kenntnisse der Erziehungswissenschaften und pädagogischer Erfahrungen blockieren[33]

Mögliche Anordnungen könnten hier auf die Generalklausel des § 46 II 3 SchulG gestützt werden. Diese erlaubt Anordnungen zur Aufrechterhaltung des Schulfriedens („...dazu bestimmt, ....das Zusammenleben und die Ordnung in der Schule aufrechtzuerhalten“), mithin gibt der Gesetzgeber als Leitlinie vor, die Kollision zugunsten solcher Maßnahmen, die für die Aufrechterhaltung des Schulfriedens notwendig sind, aufzulösen[34]. Die „Leitlinien“ der Konfliktlösung lassen sich direkt aus dem Parlamentsgesetz entnehmen.

 

§ 46 II 3 SchulG ist daher bestimmt genug[35].

Anmerkung: Eine andere Auffassung ist vertretbar, etwa mit dem Argument, dass die Bewertung der Frage, welches Maß religiöser Äußerungen im Schulbereich mit dem Schulfrieden in Einklang zu bringen sind, eine grundlegende gesellschaftspolitische Entscheidung ist, die nicht die Verwaltung, sondern der Gesetzgeber zu treffen und insofern auch detaillierter zu regeln hat, vgl. etwa BVerfG, Urteil v. 24.9.2003, Az.: 2 BvR 1436/02 (Kopftuch für Lehrerin), Rn. 67 ff. sowie die „Kopftuch-Gesetze“ einzelner Bundesländer. Dem könnte wiederum entgegengehalten werden, dass vorliegend die Gefahrenabwehr (Vermeidung von Störungen in Form von verbalen Übergriffen) auf Grund eines außergewöhnlich hohen Konfliktpotentials innerhalb der betroffenen einzelnen Schule im Vordergrund stand und nicht eine Grundsatzentscheidung darüber, inwieweit allgemein religiöse Äußerungen im Schulbereich zu dulden sind. Ein weiterer Ansatz wäre, in einer möglichen Untersagung eine teilweise Abkehr vom in § 3 III Nr. 3 SchulG zum Ausdruck kommenden gesetzgeberischen Erziehungsziel der religiösen Toleranz zu sehen, die durch Parlamentsentscheidung zu erfolgen hat. Umgekehrt kann aber auch argumentiert werden, dass mit einer Untersagung gerade die Toleranz gegenüber Schülerinnen und Schülern gefördert wird, die einer am Jochen-Löwe-Gymnasium weniger präsenten Glaubensgemeinschaft angehören[36].

 

3. Zwischenergebnis

M hat aus § 46 I SchulG i.V.m. Art. 4 I, II GG keinen Anspruch, während des Besuchs des Jochen-Löwe-Gymnasiums außerhalb der Unterrichtszeit einmal täglich sein rituelles islamisches Gebet zu verrichten. 

 

II. Anspruch aus § 46 I SchulG i.V.m. Art. 2 I GG

Die allgemeine Handlungsfreiheit, Art. 2 I GG tritt als subsidiäres Auffanggrundrecht hinter Art. 4 I, II GG zurück. Eine Anspruch aus § 46 I SchulG i.V.m. Art. 2 I GG scheidet daher aus.

 

III. Ergebnis zu B.

Die Klage ist begründet.

 

C. Gesamtergebnis

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet und hat daher keine Aussicht auf Erfolg. Andere Auffassung vertretbar.

 

Zur Vertiefung:

VG Berlin, Urteil v. 29.9.2009, Az.: 3 A 984/07

OVG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 27.5. 2010, Az.: 3 B 29/09

 

Scholz, DRiZ, Dezember 2010, S. 400-405.

Zimmermann, LKV, 2010, S. 394 ff.

 

Fragen und Anregungen zur Lösung? info@hauptstadtfaelle.de


[1] BVerwGE 100, S. 262 ff. (264).

[2] BVerwGE 36, S. 218 ff. (226).

[3] Vgl. Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner/Pietzcker, VwGO, § 43, Rn. 34.

[4] Praxishinweis: Hätte M hier eine allgemeine Leistungsklage erhoben, hätte das Verwaltungsgericht die Klage nicht etwa als unzulässig abgewiesen, sondern auf eine Änderung des Antrags hingewirkt, § 86 III VwGO, oder den Antrag als allgemeine Feststellungsklage ausgelegt, § 88 VwGO.

[5] Sodan, in: NK VwGO, Rn. 20, 72, 75; Schoch JuS 1987, S. 783 ff. (789 f.).

[6] BVerwG NVwZ 1991, S. 470 ff..

[7] In Fällen aus dem Beamtenrecht ist an § 126 III BRRG und § 126 II BBG (jeweils i.V.m. § 68 I 1 VwGO bzw. § 74 I 1 VwGO) zu denken.

[8] Klausurtechnik: Im Ersten Examen sind, anders als im Zweiten Examen, regelmäßig mehrere Zuständigkeitspunkte aufzuführen. Die daraus resultierende Zeitintensität und Schemenhaftigkeit der Prüfung lässt sich bei Zeitknappheit dadurch reduzieren, dass die einzelnen Prüfungspunkte ohne Überschrift, aber gegliedert und abgesetzt, direkt mit dem Fließtext im Gutachtenstil eingeleitet werden (Bsp: „Die Klage müsste statthaft sein.“). Zudem sollte die Gewichtung nicht aus den Augen verloren werden. Relevant waren hier vor allem die Statthaftigkeit der allgemeinen Feststellungsklage und die Prozessfähigkeit des M. Dagegen war der Verwaltungsrechtsweg beispielsweise unproblematisch eröffnet und hätte unter Verweis auf die einschlägigen Normen des SchulG auch knapper ausfallen können. Sofern an problematischen Stellen sauber mit dem Gutachtenstil gearbeitet wird, kann an unproblematischen Stellen durchaus ein verkürzter Gutachtenstil („M müsste beteiligtenfähig sein. Dies ist gem. § 61 Nr. 1 Alt. 1 VwGO der Fall, da...) oder sogar der Urteilsstil („M ist beteiligtenfähig gem. §  61 Nr. 1 Alt. 1 VwGO“) angezeigt sein.

[9]Vgl. Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 7. Aufl 2008, § 35, Rn. 198. Ein knapper Hinweis auf diese mit den Besonderheiten des Schulrechtsverhältnisses verbundenen Aspekte erscheint sinnvoll. Das Schulrechtsverhältnis ist aber vor allem i.R.d. Güterkollision (dazu weiter unten) von Bedeutung.

[10] BVerfGE 108, S. 282 ff. (297).

[11] BVerfGE 24, S. 236 ff. (245).

[12] BVerfGE 24, S. 236 ff. (247 f.).

[13] Praxishinweis: Im Verwaltungsprozess gilt der Amtsermittlungsgrundsatz, § 86 I 1 HS 1 VwGO. Die Beteiligten treffen aber Mitwirkungspflichten, vor allem bei der Aufklärung solcher Umstände, die in der Sphäre des jeweiligen Beteiligten liegen. Davon zu unterscheiden ist die materielle Beweislast. Lassen sich Tatsachen nicht aufklären („non liquet“), geht dies (wie im Zivilrecht) grundsätzlich zu Lasten desjenigen, der daraus eine für ihn günstige Rechtsfolge ableiten will, vgl. Posser/Wolff/Breunig, Beck´scher Online-Kommentar, 16. Aufl, Stand 1.1.2011, § 86, Rn. 35 und 46.

[14] BVerfGE 24, 236 ff (247 f.).

[15] Im dieser Klausur zugrundeliegenden Fall hatte das Gericht zu der Frage, inwieweit das rituelle Gebet „im Islam“ verbindlich und eine Nachholung möglich ist, ein Gutachten eingeholt, dessen Ergebnis von einem in einem weiteren, von Beklagten in Auftrag gegebenen Privatgutachten in Frage gestellt wurde. Zu einem möglichen Verstoß gegen die Neutralitätspflicht durch eine eigene theologische Beurteilung durch das Gerichts vgl. Scholz, DRiZ, Dez. 2010, S. 400-405 (403 f.), der bei nichtinstitutionell organisierten Konfessionen allein die substantiiert und nachvollziehbar dargelegte subjektive Überzeugung für entscheidend hält.

[16] Vgl. Beck´scher Online-Kommentar Epping/Hillgruber/Germann, Art. 4, Rn. 47, 47.1-47.3. Ähnlich wie zur Lehre vom besonderen Gewaltverhältnis (s.o.) ist es auch hier empfehlenswert, die Möglichkeit einer Schrankenübertragung kurz anzusprechen und mit knapper Argumentation abzulehnen.

[17] Vgl. BVerfGE 32, S. 98 ff. (107 f.).

[18] Vgl. Niehues/Rux, Schulrecht Band 1, 4. Aufl. 2006, S. 145, Rn. 533.

[19] BVerwGE 15, S. 134 ff. (138 f.).

[20] BVerfGE 41, S. 29 ff. (47).

[21] BVerfG, Urteil v. 24.9.2003, Az.: 2 BvR 1436/02, Rn. 45.

[22] Vgl. etwa die Problematik, ob Lehrerinnen ein Kopftuch tragen dürfen.

[23] Niehues/Rux, S. 146, Rn. 539.

[24] BVerfG, Urteil v. 24.9.2003, Az.: 2 BvR 1436/02, Rn. 43.

[25] BVerfG, Urteil v. 16.10.1979, Az.:1 BvR 647/70, 1 BvR 7/74, Rn. 63.

[26] Niehues/Rux, S. 146, Rn. 538.

[27] BVerfGE 34, S. 165 ff. (182 f.).

[28] Vgl. BVerfGE 34, S. 165 ff. (181 ff.).

[29] OVG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 27.5.2010, Az.: 3 B 29/98, Rn. 32.

[30] OVG Berlin-Brandenburg aaO (Rn. 34).

[31] OVG Berlin-Brandenburg aaO (Rn. 36) mit Hinweis auf BVerfG NVwZ 2010, S. 570 ff..

[32] OVG Berlin-Brandenburg, aaO (Rn. 40) mit Verweis auf BVerfG, Beschluss v. 16.5.1995, Rn. 35.

[33] Niehues/Rux, S. 15, Rn. 15.

[34] Klausurtaktik: Werden Ihnen in der Klausur Normen vorgegeben (wie hier aus dem SchulG), liegt darin eine Chance, über bekannte Argumente hinaus eigene zu entwickeln. Scheuen Sie sich daher vor allem im öffentlichen Recht nicht, mit klassischen Auslegungsmethoden zu arbeiten (v.a. Wortlaut, Systematik und Sinn und Zweck der Norm). Die Verwaltungsgerichte verfahren ebenso und jeder Korrektor wird entsprechende Ansätze honorieren.

[35] So im Ergebnis das OVG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 27.5.2010, Az.: 3 B 29/09, Rn. 44. Im dieser Klausur zugrundeliegenden Fall wurde § 46 II 3 SchulG noch durch eine Norm der Schulordnung konkretisiert, was aber bei der Bewertung der Bestimmtheit des Parlamentsgesetzes außer Betracht bleiben muss, vgl. Zimmermann, LKV 2010, S. 394 ff.

[36] Vgl. Zimmermann, LKV 2010, S. 394 ff. (404) einerseits und Scholz, DRiZ, Dezember 2010, S. 400 ff. (405) andererseits.


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