Springe direkt zu Inhalt

Simulation Trials an der New York Law School (NYLS)

02.05.2018

Motions in Limine

Motions in Limine

Am 26. und 27. April 2018 nahmen Prof. Momsen und Mitarbeiter*innen der FU Law Clinic - "Praxis der Strafverteidigung" an Simulation-Trials in der New York Law School (NYLS) teil. Diese mehrtägigen Trials bildeten die Abschlussprüfung des mehrere Monate dauernden Intensiv-Kurses „Advocacy of Criminal Cases“ (ACC). 

In einem fiktiven Strafprozess übernahmen Studierende des zweiten Studienjahres der Law School jeweils in Zweier-Teams die Anklage (Prosecution) und die Verteidigung (Defense). Als Richter*innen (Trial Judges) wurden neben Professor*innen der NYLS Staatsanwält*innen des New York District Attorney's Office gewonnen. Die Jury bestand aus einer Reihe High-School-Schüler*innen, für die Rollen der Zeugen und des Anklagten wurden professionelle Schauspieler*innen engagiert.

Die Studierenden hatten den fiktiven Prozess bereits am Anfang des Semesters einmal durchgeführt und wurden dabei gefilmt. Anhand des Filmmaterials und des Feedbacks, das sie von ihren Betreuer*innen (jeweils ein*e Staatsanwält*in für das Anklageteam und ein*e Verteidiger*in für das Verteidigungsteam) erhielten, haben sie sich im Laufe des Semsters gezielt auf den "richtigen" Prozess vorbereitet.

Am 26. April fanden die "pre-trial hearings" statt, wobei unter Abwesenheit der Jury sog. "motions in limine" gestellt wurden, um zu klären, welche Beweise in die Hauptverhandlung eingeführt werden dürfen. Am Tag darauf fand dann unter Berücksichtigung des vom Richter gefassten Beschlusses über die "motions" die Hauptverhandlung statt.

NYLS Außenansicht

NYLS Außenansicht

Inhaltlich ging es in dem Strafverfahren um einen Raub. Der Angeklagte, Floyd Robinson, soll an einem regnerischen Tag mit Sonnenbrille und Strickmütze vermummt einen Blumenladen betreten haben, in dem Daria Sanders arbeitete. Er soll bis vor ihre Theke gelaufen sein und dort mit der Hand in seiner Jackentasche suggeriert haben, er habe eine Waffe und Frau Sanders aufgefordert haben, ihm den Kasseninhalt zu übergeben. Sie übergab dem Täter daraufhin 250 $ aus der Kasse und er verschwand damit. 

Nachdem Daria Sanders eine Beschreibung des Täters bei der Polizei abgeliefert hatte, machte Detective Fitzpatrick zufällig auf der Straße eine Person aus, die dieser entsprach: Es handelte sich um einen Afro-Amerikaner mittleren Alters, der eine blaue Jacke mit einem abgesetzten weißen Kragen sowie eine blaue Strickmütze und eine Sonnenbrille trug. In einer im Folgenden durchgeführten Gegenüberstellung identifizierte Frau Sanders diese Person als den Täter. 

Der Angeklagte erklärte aber, ein Alibi für den Tatzeitpunkt zu haben, nämlich mit seiner Frau zu Mittag gegessen zu haben. Diese bezeugte die Richtigkeit dieser Darstellung.

In der Hauptverhandlung stütze sich die Anklage insbesondere auf die Identifizierung des Angeklagten in der Gegenüberstellung und argumentierte unter anderem mit dem Zweitjob von Frau Sanders als Kellnerin: Als solche müsse sie sich an einem Abend bis zu 30 Gesichter merken, ihre Identifizierung sei daher besonders zuverlässig. Die Verteidigung setzte dagegen daran an, dass das Gesicht des Räubers durch Sonnenbrille und Strickmütze zu großen Teilen verdeckt gewesen sei, sodass sich Frau Sanders bei ihrer Identifizierung des Angeklagten auch geirrt haben könnte. Außerdem wurde die Jacke, die der Täter getragen haben soll und mit der der Angeklagte vorgefunden wurde, über 10.000 Mal in New York verkauft, wie die Verteidigung in ihrer Beweisführung zeigte.

Trial Time Schedule

Trial Time Schedule

Nach Rückzug und Beratung der Jury kam diese in allen Trials zu dem Ergebnis "not guilty", weil sie, wie sie erläuterte, zwar eine Schuld des Angeklagten für wahrscheinlich hielt, aber ein "reasonable doubt" im Hinblick auf seine Schuld verblieb. Dieser Zweifel war dadurch begründet, dass die Prosecutors letztlich nicht abschließend nachweisen konnten, dass der Angeklagte tatsächlich die Person war, welche die Zeugin gesehen haben wollte.

Nach Abschluss der Hauptverhandlung erhielten die Teams wiederum umfangreiches Feedback von den Richter*innen sowie ihren jeweiligen Betreuer*innen. 

Es war beeindruckend zu beobachten, wie professionell und rhetorisch versiert die Teams bereits in einem so frühen Stadium ihrer Ausbildung die Anklage und Verteidigung durchführten.