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European Law Moot Court 2010/2011

Der European Law Moot Court (ELMC) ist seit 1988 der größte und renommierteste internationale Moot Court, der sich mit dem Europarecht befasst. Warum haben wir uns entschieden an einem Moot Court teilzunehmen? Und warum haben wir uns gerade für den ELMC entschieden?

Einer unserer Beweggründe war es, sich intensiver mit dem tatsächlichen Geschehen auf europäischer Ebene zu befassen. Vor allem aber konnte man so schon im Studium einmal in die Rolle des Anwalts schlüpfen und sich im internationalen Umfeld mit Teams aus der ganzen Welt zu messen. Und das in den Sprachen Englisch und Französisch... Außerdem lockte alle Teilnehmer die Chance im Rahmen der Regionalfinals ins Ausland zu reisen. Nebenbei hatte natürlich auch die Aussicht im All-European-Final vor dem EuGH zu pleaden, seinen Reiz!

Anfang September stellte die ELMC-Society den „Case“ ins Internet und die Arbeit konnte beginnen. Unser Fall behandelte Fragen der Meinungsfreiheit und der Dienstleistungsfreiheit im Rahmen der Medienrichtlinie. Ein neuer EU-Staat verbietet „extremist political speech“ in den Medien und insbesondere im Fernsehen und greift somit vorrangig in das Wahlprogramm einer Oppositionspartei ein. Wir mussten uns also intensiv mit den Grundrechten, den Verfahren vor den europäischen Gerichten und vor allem dem europäischen Medienrecht beschäftigen.

Die Besonderheit beim ELMC liegt, im Gegensatz zu universitären Klausuren oder Hausarbeiten, darin, zielgerichtet nur für die vertretene Partei zu argumentieren. Mittels Urteilen des EuGH, Schlussanträgen von Generalanwälten und Kommentierungen der Europäischen Kommissionen wurden die besten Argumente für beide Seiten herausgearbeitet. Das Erstellen der Schriftsätze erforderte dabei sehr viel Teamwork: Alle streitigen Positionen mussten schrittweise erarbeitet, recherchiert, diskutiert, mit Argumenten unterfüttert und immer wieder hinterfragt werden. Keine einfache Arbeit, die auch immer wieder entsprechende Debatten auslöste.

Ende November hatten wir zahllose intensive Stunden des Lesens, Schreibens und vor allem des Diskutierens hinter uns gebracht und waren zu richtigen Experten der Internetrecherche und der einschlägigen Officeanwendungen geworden. Dennoch stieß man auch noch einen Tag vor Abgabe auf neue, kleine, aber vielleicht entscheidende Probleme. Der Moment, in dem dann alle gemeinsam vor der PC saßen und wir nach zwei Monaten endlich auf „senden“ klickten, war daher mindestens genauso aufregend wie die anschließende Zeit des Wartens auf das Ergebnis.

Für Mitte Januar war die mit Spannung erwartete Entscheidung über die Qualifizierungen für die Regional Finals angekündigt. Würden wir uns als eines von 48 Teams qualifiziert und damit für die intensive Arbeit an den Schriftsätzen belohnt haben? Kurz vorher waren die Austragungsorte der diesjährigen Zwischenrunden bekannt gemacht worden. Neben Heidelberg lockten Dublin, Barcelona und Zagreb. Am Montag verbreitete sich dann in Windeseile die gute Nachricht: Wir waren als eines von 12 Teams in Barcelona mit dabei!

Ab da hieß es üben, üben, üben. Zwischen der Bekanntgabe der Ergebnisse und dem Regional Finale Mitte Februar blieben uns nur einige Wochen um uns perfekt auf unseren Job als Anwalt vor dem EuGH vorzubereiten. Und es war viel zu tun.

Nicht nur das eigene Plädoyer musste sitzen, es musste auch mit etlichen Zwischenfragen, sowohl auf Englisch als auch auf Französisch, gerechnet werden. Bei einer Redezeit von nur 15 Minuten mussten die stichhaltigsten Argumente in den Vordergrund gestellt werden und Schwachstellen der eigenen Partei energisch verteidigt werden. Unserem Advocate General kam daneben die besondere Position zu, eine objektive Einschätzung des Falls abzugeben und die jeweils besten Argumente beider Seiten zu präsentieren.

Entsprechend intensiv bereiteten wir uns also mit Hilfe unserer Coaches auf die anstehende Herausforderung vor. Schließlich konnte man ja nicht wissen wer die anderen Universitäten sein würden und wie die anderen Teams Ihren Mandanten vertreten würden. In zahlreichen Treffen simulierten wir immer wieder den Vortrag unserer Pleadings und wurden dabei mit immer neuen, überraschenden Nachfragen unserer Coaches oder wechselnder Probejudges konfrontiert. Dank einer Kooperation mit der Universität Osnabrück hatten wir die Möglichkeit den Ernstfall vor einer unbekannten Jury zu pleaden vor dem Regional Final schon einmal proben. Anfang Februar fuhren wir nach Osnabrück um gegen die dortigen Teams anzutreten.

Mit dieser hilfreichen Erfahrung im Gepäck ging es zurück nach Berlin und in den zweiwöchigen Vorbereitungsentspurt. Auf dem Programm standen neben kleineren Detailarbeiten und der Recherche neuester Rechtsprechung insbesondere noch zwei Generalproben mit den Sponsoren des ELMC an der Freien Universität.

In zwei ausgesprochen intensiven Pleadings in den Räumen der Kanzleien Hengeler Müller und White & Case LLP konnten wir unsere Vorträge noch einmal hochkarätigen „Richterbänken“ präsentieren. Positiver Nebenaspekt: Neben den Tipps und Tricks der Anwälte erhielten wir auch gleich einen Einblick in die Arbeit einer Großkanzlei.

So gerüstet konnte es losgehen: Das Regionalfinale in Barcelona stand an. Am Morgen des 17. ging es mit dem Flugzeug nach Barcelona. Für den Donnerstag stand nur noch die Erkundung des Hotels und der näheren Umgebung sowie erste Kontakte mit den anderen Teams auf dem Programm. Wir bekamen es mit Teams der Universitäten Aix-en-Provence, Brüssel, Nancy, Indiana (USA), Maastricht, Zagreb, Lund, Warschau, Turin, Ljubljana und Bristol zu tun. Am Abend dann fand die offizielle Begrüßung durch den Präsidenten der gastgebenden Universitat Abat Oliba CEU und des Präsidenten der ELMC Society mit anschließendem Empfang statt.

Danach ging es schnell zurück ins Hotel für eine letzte Probe und Besprechung mit unseren Coaches. Nach einer mehr oder weniger langen Nacht stand Morgens bereits der Bus bereit der uns zum Austragungsort bringen sollte.

Die Richterbänke setzten sich aus jeweils vier Richtern, bestehend aus Professoren, EU Beamten und Anwälten aus allen Teilen Europas zusammen. Jeder von uns hatte einmal die Chance die Richter von sich zu überzeugen. Hier zahlte sich die gute Vorbereitung aus. Am Abend hieß es sowohl für unseren Advocate General als auch das Team: „Eine Runde weiter!“

Damit begann für uns noch einmal ein langer Abend. Während die ausgeschiedenen Teams das spanische Nachtleben erkundeten, prüften wir einmal mehr unsere Schriftsätze auf Schwachstellen, nahmen EuGH Entscheide zur Hand und diskutierten neu aufgekommene Fragen. Leider mussten wir uns im Halbfinale dem späteren Sieger aus Zagreb geschlagen geben und „durften“ das Finale von der Zuschauerbank aus verfolgen.

Nach zwei Tagen hartem Wettbewerb stand der Samstagabend schließlich ganz unter dem Motto „Meet and Compete“. Lediglich ein kleiner „Wettbewerb“ erwartete uns noch in Form eines Liedvortrags in der Muttersprache der jeweiligen Teilnehmer. Daneben ergab sich an diesem Abschlussabend auch die Gelegenheit mit den anderen Teams in Kontakt zu kommen und sich einmal mit den Richtern persönlich zu unterhalten. Spätestens beim anschließenden Clubbesuch fiel dann auch endlich die ganze Anspannung der letzten Wochen und Monate von uns ab. Und so ließen alle, Teilnehmer, Coaches, Richter und Organisatoren drei erlebnisreiche und spannende Tage auf der Tanzfläche ausklingen. Die Teilnahme am ELMC erfordert viel Engagement und Einsatzbereitschaft bringt aber eine einmalige Erfahrung. Der hohe Arbeitsaufwand lohnt sich spätestens in dem Moment in dem man vor der Richterbank steht und in den Gesichtern der Judges sieht, dass man sie mit Argumenten und Präsentation überzeugen kann.

Wir danken unseren Coaches, Sarah Katharina Koch und Jakob von Nordheim, für die unermüdliche Unterstützung und Motivation! Darüber hinaus richtet sich unser Dank an Herrn Prof. Dr. Calliess, unsere Proberichter und unsere Sponsoren Hengeler Mueller und White&Case.

 

Anna Blum, Gökhan Cetintas, Sivine Jansen und Safiye Sahin.