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Sitzung am 28.06.2017: Beweisantrag und Verwertungsverbote (Kilian Schaefer)

News from Jun 28, 2017

In der Sitzung, die von Herr Schaefer gehalten wurde, drehte sich alles um Beweisanträge und Verwertungsverbote im Strafprozessrecht.

Um den Kursteilnehmern die Materie praktisch näherzubringen, brachte Herr Schaefer uns einen Aktenauszug mit. In dem Fall ging es um den Vorwurf des Menschenhandels zum Zweck der sexuellen Ausbeutung nach § 232 I StGB a.F. (bzw. Zwangsprostitution nach § 232a StGB n.F.). In einem Zeitungsinserat wurde eine „Kollegin“ für Haus- und Hotelbesuche gesucht. Auf diese Anzeige meldete sich eine Frau, die 18 Jahre alt war, unter der angegebenen Telefonnummer bei dem Beschuldigten. Sie unterschrieb eine Art Vertrag. Daraufhin wurden ihr mehrfach von dem Beschuldigten Termine für Treffen mit Männern angeboten, bei denen es zu sexuellen Handlungen gegen Entgelt kommen sollte. Allerdings setzte die Frau den Plan, erstmalig einen fremden Mann zu Hause zu besuchen, nie in die Tat um. Es stellte sich daher die Frage, ob eine Versuchsstrafbarkeit nach §§ 232 I, II (a.F.), 22, 23 StGB in Betracht kommen könnte.

Aufgrund der Aussage dieser Frau ordnete das Amtsgericht gemäß §§ 100a I, 100b I 1 StPO auf Antrag der Staatsanwaltschaft unter anderem die Überwachung der Telekommunikation des Beschuldigten an. Der Beschluss wurde auch damit begründet, dass die Erforschung des Sachverhaltes auf andere Weise wesentlich erschwert oder aussichtslos wäre (§ 100a I Nr. 3 StPO).

Aus den mitgehörten Telefongesprächen kamen die Ermittler auf eine weitere Zeugin im Alter von 19 Jahren. Laut dem Protokoll ihrer polizeilichen Vernehmung sagte diese aus, dass es in einem Fall zum Geschlechtsverkehr gekommen sei. Die Staatsanwaltschaft erhob daraufhin wegen dieses und des (versuchten) ersten Falles Anklage gegen den Beschuldigten. In der Hauptverhandlung widersprach die Verteidigung der Vernehmung der zweiten Zeugin mit der Begründung, es liege ein Beweiserhebungs- und –verwertungsverbot vor. Wir diskutierten darüber, wie sich ein Beweisverwertungsverbot rechtlich begründen ließe und wie man ein solches in Hauptverhandlung geltend macht.